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Hasen-Hochzeit: Emanzipation auf dem Acker

NPO, April 2014

Wenn Hasen im Frühling "Hochzeit" feiern, geht es auf dem Acker hoch her. Dabei ist Emanzipation kein Diskussionsthema, denn die Häsin lässt sich nicht so leicht beeindrucken. Wenn es um die Paarung geht, hat sie das Sagen.

Feldhase
gemeinfrei

Feldhasen sind nicht nur für ihre langen Ohren bekannt, sondern auch für ihre sprichwörtliche Fruchtbarkeit. Jedes Frühjahr beginnt ihre Paarungszeit, begleitet von wilden „Boxkämpfen“ auf dem Acker. „Mehrere Männchen buhlen um das Weibchen", erklärt Andreas Kinser, Feldhasenexperte der Deutschen Wildtier Stiftung. "Und wenn Sie nicht zufrieden ist, gibt es was auf die Löffel: Die Häsin stellt sich auf die Hinterbeine und boxt das Männchen so lange, bis die Fellfetzen fliegen. Hasen- Frauen sind den Rammlern nicht nur körperlich gewachsen: Resolut wählt sie die Partner aus und wird ihnen schnell untreu".

„Superfötation“ als Fortpflanzungshilfe

Die Hasensterblichkeit ist in der Kinderstube groß. Deshalb hat die Häsin bei der Fortpflanzung noch einen natürlichen Befruchtungs-Trick drauf: die Superfötation. "Der Samen bleibt nach der Begattung im Körper der Häsin eine Weile aktiv", erklärt Kinser. "Während sie noch trächtig ist, können so schon wieder Eier befruchtet werden. Daher können Hasen-Frauen ihre Jungen in verschiedenen Entwicklungsstadien austragen."

Gleich nach der Geburt verschwindet die Hasenmutter und lässt die Jungen allein in der Sasse zurück. "Dabei ist sie keine Rabenmutter", sagt der Hasenexperte. "Ganz im Gegenteil: Mit ihrem Geruch würde das Muttertier Fressfeinde anlocken. Die Kleinen sind hingegen nahezu geruchlos - und damit für Feinde am Boden unauffindbar. Morgens und abends kehrt die Hasenmutter zum Säugen zurück zur Sasse. Kinser: "Ihre Muttermilch ist viermal so fett wie Kuhmilch und damit sehr nahrhaft."

Nur 20 Prozent überleben

Trotzdem überleben nur wenige Jungtiere. "Bis zu 80 Prozent fallen Hasenkrankheiten und Fressfeinden wie Füchsen, Krähen, Elstern und Greifvögeln zum Opfer", erklärt Kinser. Auch starke Regenfälle und niedrige Temperaturen sind tödlich für kleine Hasen. "Das Fell wird nicht richtig trocken, die Tiere kühlen leicht aus und sterben", so der Forscher. Der Nachwuchs braucht ein trockenes Frühjahr, um heranwachsen zu können.

Aber nicht nur das: Auch der Mensch gefährdet die Junghasen. Alle Jahre wieder kurz vor Ostern bereitet der Landwirt den Acker für die Aussaat vor. Ackerland, auf dem Mais, Zuckerrüben und Sommergetreide angebaut werden, wird jetzt gepflügt, geeggt und bepflanzt. Auf Grünland wird der Boden gewalzt und geschleppt. Unter den tonnenschweren Maschinen, die kein Stück Land unbearbeitet lassen, sterben viele Junghasen: Sie werden zerquetscht und zerstückelt, untergepflügt und von spitzen Zinken zerrissen.

Immer weniger Osterhasen

Feldhasen sind in Deutschland zwar nicht akut gefährdet, allerdings gibt es heute sehr viel weniger als noch vor dreißig Jahren. "Den Tieren fehlt es in unserer Agrarlandschaft an Hecken und Altgrasstreifen, die Jungtieren eine bessere Chance zum Überleben bieten“, erklärt Kinser. Bei einer wildtierfreundlichen Landwirtschaft können beispielsweise Mischungen aus Wildpflanzenarten als Ergänzung zum Mais das Leben vieler Jungtiere retten.

Solange dies aber nicht geschieht, bedeutet die vorösterliche Zeit ausgerechnet für das Symboltier Osterns, den Hasen, eine tödliche Gefahr.

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