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Heilige Scheine

© Financial Times Deutschland

Geschäft mit Papst läuft auf Hochtouren

Therese Hofbauer kümmert sich nun schon seit über 20 Jahren um das kleine Anwesen in der Nachbarschaft in ihrer oberpfälzischen Heimatstadt Pentling. Morgens öffnet sie die Balkontür im ersten Stock, um ein wenig frische Luft hereinzulassen. Sie pflegt den Garten, bestellt Heizöl, lässt den Kaminkehrer herein. Das ist nicht besonders aufregend, aber sie macht es gerne. In letzter Zeit erlebt sie dabei allerdings recht wundersame Dinge. Fremde Menschen stehen im Garten, knipsen Fotos und knicken Zweige ab. Ihr Kater Chico wurde unlängst Held einer dreiseitigen Titelgeschichte in der italienischen Zeitung "Libero". Und wenn Therese Hofbauer die Toilette benutzen möchte, muss sie vorher die Polizei anrufen, damit die Ordnungshüter die Alarmanlage ausschalten.

Das Haus in der Bergstraße 6 ist nicht mehr irgendein Haus. Es ist jetzt eine Pilgerstätte, ein heiliger Ort. Der graue Bau ist das letzte deutsche Domizil Joseph Ratzingers, und Kater Chico gehörte zu den engsten Vertrauten des Heiligen Vaters. Seit am 19. April 2005 aus Kardinal Joseph Ratzinger plötzlich Papst Benedikt XVI. wurde, kennt die Begeisterung um den 78-Jährigen keine Grenzen. Aus dem Geistlichen ist eine Art Popstar geworden.

Der Höhepunkt der Hysterie wird erwartet, wenn er beim Weltjugendtag in Köln zum ersten Mal als Oberhaupt der katholischen Kirche in Deutschland auftreten wird. Hunderttausende wollen das hautnah miterleben. Und schon bevor der Pontifex zum ersten Mal heimatlichen Boden betritt, steht fest: Er bringt nicht nur geistlichen Segen, sondern auch finanziellen. Die Kölner Industrie- und Handelskammer rechnet mit einem wirtschaftlichen Effekt von 180 Mio. Euro.

Wie mit dem Papst Geschäfte gemacht werden, ist am besten da zu sehen, wo er herkommt: in Bayern. Ob in München, Freising, Marktl, Altötting, Tittmoning, Traunstein, Pentling oder Regensburg. Überall, wo Benedikt XVI. in seinem langen Leben Spuren hinterlassen hat, ist die Versuchung groß, mit der göttlichen Fügung auch etwas Geld zu verdienen. Bisher gab es das Vatikan-Brot für 1,50 Euro, den Benedikt-Guckkasten für 5,50 Euro oder den Papst-Teddy für 160 Euro. Jetzt soll durch Papst-Touren richtig Geld in den Freistaat fließen.

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