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Heuschnupfen: Wenn die Pollen aufs Auge gehen

Mit dem Frühling kommen die Pollen – für Heuschnupfen-Geplagte beginnt damit wieder einmal die Leidenszeit. Neben einer laufenden Nase und ständigem Niesen sind es oft die Augen, die besonders betroffen sind: Sie sind rot und brennen, jucken und tränen. Warum die Pollenallergie auf die Augen geht und was man tun kann, erklärt uns ein Augenarzt im Interview.
CARE Vision Germany

Mädchen mit Pollenallergie
Fotolia.com/foto.fred

Mit Hasel und Erle geht es im Spätwinter schon los, im März kommen weitere Baumpollen hinzu: Wenn im Frühjahr die Natur erwacht und die ersten Bäume zu blühen beginnen, dann fliegen auch die Pollen wieder. Für Pollenallergiker bedeutet dies oft: Statt Frühlings-Spaziergang lieber Fenster zu, drinnen bleiben und Mittel gegen den Heuschnupfen schlucken.

"Den Allergikern steht eine schwere Zeit bevor", erklärt Toam Katz, Facharzt für Augenheilkunde und medizinischer Direkt bei CARE Vision Germany. "Insgesamt leiden rund 16 Prozent der Deutschen unter einer Pollenallergie." Warum der Heuschnupfen nicht nur die Nase, sondern auch die Augen so beeinträchtigt und was man dagegen tun kann, haben wir den Experten  im Interview gefragt.

Was genau passiert bei einer Allergie?

Katz: "Unser Körper hat eine eigene Polizei, das Immunsystem. Wenn wir mit Krankheitserregern in Berührung kommen, erkennt das Immunsystem diese als 'Feinde' und macht sie unschädlich. Bei einer Allergie ist es so, dass die sogenannten Allergene, wie zum Beispiel Pollen, für unseren Körper im Grunde völlig harmlos sind. Aber unser Immunsystem reagiert auf die Pollen mit einer starken Überempfindlichkeit, der allergischen Reaktion.

Der Körper bildet Antikörper, die sich merken, wie die Allergene aussehen. Kommen wir dann ein weiteres Mal mit ihnen in Kontakt, kommt es zu einer starken Sofortreaktion. Unser Immunsystem setzt einen körpereigenen Stoff frei, das Histamin. Durch diesen Stoff entsteht letztendlich die allergische Reaktion.“

Warum sind die Augen bei manchen Allergikern so stark betroffen?

Katz: „Die Augen werden von der Bindehaut geschützt. In ihr sitzen enorm viele Zellen, die an der Immunabwehr unseres Körpers arbeiten und die Allergene bekämpfen. In der Tränenflüssigkeit sind diese Abwehrzellen ebenfalls zu finden. Das ist der Grund, weshalb die Augen so stark reagieren können. Bei einer Allergie sind übrigens immer beide Augen betroffen.“

Welche Symptome sind typisch für eine allergische Reaktion der Augen?

Katz: „Der Augenarzt spricht von einer Bindehautallergie oder auch allergischen Konjunktivitis. Durch das freigesetzte Histamin erweitern sich die Blutgefäße und es tritt als typisches Symptom eine Rötung der Augen ein. Es kommt zu einem starken Austritt von Flüssigkeit. Durch durchlässige Blutgefäße tritt Blutplasma in das Gewebe aus und die Augenlider schwellen an. Zudem beginnen die Augen stark zu jucken und zu brennen. Häufig kommt es auch zu sehr trockenen Augen. Viele Allergiker reagieren zudem empfindlicher auf Licht.

Die Bindehautallergie tritt sehr häufig mit anderen Symptomen wie Niesen und geschwollener Nasenschleimhaut auf. Teilweise leiden die Betroffenen auch unter Hautreaktionen und Atemwegsbeschwerden wie zum Beispiel Asthma. In jedem Fall sollte man einen Augenarzt aufsuchen, wenn diese Symptome auftreten. Es könnte sonst zu einem bleibenden Augenschaden kommen. Bei manchen Betroffenen reagieren die Augen sehr viel stärker als die Nase.“

Vielen Betroffenen helfen antiallergische Augentropfen.

AndreyPopov, thinkstock.com

Wie wird eine Allergie behandelt?

Katz: „Vielen Betroffenen helfen antiallergische Augentropfen. Sie enthalten Antihistaminika und verhindern den Einsatz der Histamine, die ja letztendlich die allergische Reaktion auslösen. Wenn man diese Augentropfen präventiv einsetzt, also vor einem möglichen Kontakt mit Pollen, kann man die allergische Reaktion schon im Vorfeld unterbinden. Falls die antiallergischen Augentropfen die Beschwerden nicht lindern, helfen kortisonhaltige Augentropfen.  Ein weiteres Mittel sind die sogenannten Mastzellenstabilisatoren. Sie dienen der Vorbeugung der allergischen Reaktion und müssen zwei bis drei Wochen vor der Pollensaison in Form von Augentropfen eingenommen werden. Sie verhindern die Ausschüttung des Histamins.

Jeder Allergiker sollte außerdem über eine Hypo- oder Desensibilisierung nachdenken. Diese spezielle Immuntherapie kann bis zu drei Jahre dauern und der Patient erhält über diesen Zeitraum regelmäßige Impfungen. Diese Therapie kann aber nur in der pollenfreien Zeit begonnen werden. Rund 80 Prozent der Allergiker können durch eine Desensibilisierung von ihren Beschwerden befreit werden. Diese Empfehlungen ersetzen jedoch eine individuelle ärztliche Beratung nach fachkundiger Untersuchung nicht.“

Welche Mittel würden Sie weniger empfehlen?

Sogenannte „Weißmacher“ können die allergische Reaktion reduzieren, indem sie die Blutgefäße der Bindehaut verengen. Die Rötung nimmt ab und das Auge wird wieder weiß. Allerdings stören sie mit der Verringerung der Durchblutung auch die Ernährung der Binde- und der Hornhaut. Die allergische Reaktion an sich wird wenig beeinflusst und die Beschwerden können schon nach kurzer Zeit wieder auftreten. Ich wurde den Einsatz von „Weißmachern“ daher nur über einen sehr kurzen Zeitraum empfehlen.

Können Betroffene den Pollen irgendwie ausweichen?

Katz: „Ja, Allergiker können eine ganze Menge von Maßnahmen ergreifen, um die Pollenbelastung im Alltag so gering wie möglich zu halten. Ein Pollenkalender gibt zunächst jeden Tag Auskunft über die Stärke des Pollenfluges. In den frühen Morgenstunden ist die Belastung am höchsten und Fenster und Türen sollten geschlossen bleiben.

Allergiker sollten sich häufiger als sonst das Gesicht und die Hände waschen. Unbedingt sollte häufiges Augenreiben  vermieden werden, denn das kann die allergischen Symptome verstärken. Das abendliche Waschen der Haare spült Pollen fort und verhindert, dass sie auf das Kopfkissen gelangen. Auch das Tragen einer Sonnenbrille bietet den Pollen im Freien weniger Angriffsfläche auf die Augen.“

 

CARE Vision Germany, 15.05.2015

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