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Hilfe, ich kann nicht mehr! Was tun gegen Stress am Arbeitsplatz?

Zu viel Arbeit und zu wenig Zeit, gereizte Kollegen und dann auch noch ein Chef, dem man es nicht recht machen kann? Vielen dürfte dies von ihrem Arbeitsplatz bekannt vorkommen. Die meisten kommen halbwegs mit dem enormen Druck klar. Doch auf Dauer kann dieser Stress krank machen – psychisch und körperlich. Was aber kann man tun, um dies zu vermeiden?
NPO

Stress am Arbeitsplatz

clipdealer, SeanPrior

Experten schlagen längst Alarm: Quer durch alle Branchen nehmen die seelische Belastungen am Arbeitsplatz zu – und immer häufiger werden Menschen durch zu viel Stress im Job krank. Heute gehen schon zehn Prozent aller Krankmeldungen auf psychische Krisen und Probleme zurück. Und doppelt so viele Menschen wie noch im Jahr 2000 – 41 statt 24 Prozent - müssen heute ihren Beruf ganz aufgeben, weil sie an schwerem Burnout, Depressionen oder an einer anderen psychischen Störung leiden.

Belastung wird oft unterschätzt

„Psychosoziale Belastungen am Arbeitsplatz werden unterschätzt“, bemängelt Wolfgang Gaebel von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Seelisch überlastete Personen erhalten oft zu spät eine Beratung oder professionelle Hilfe.“ Besonders belastend ist es, wenn Termin- und Leistungsdruck, Multitasking, ständig wiederkehrende Arbeitsvorgänge und Unterbrechungen bei der Arbeit durch Kollegen, den Chef oder Kunden häufig auftreten. All diese Faktoren erhöhen das Stress- und Frustniveau, wie Studien zeigen.

Einen Arbeitsplatz ohne Stress gibt es natürlich nicht. „Eine belastungsfreie Situation wäre für den Menschen entsetzlich“, sagt Schütte. „Denn der Mensch braucht Herausforderungen, um sich weiterentwickeln zu können.“ Doch unser Körper und unsere Seele sind darauf angewiesen, dass auf Anspannung eine entspannte Phase folgt. Dauerstress kann krank machen und in eine totale Erschöpfung führen.

Schon kleine Veränderungen können helfen

Manchmal tragen wir auch selbst dazu bei, uns von Stress und Druck vereinnahmen zu lassen. Ein Beispiel sind Arbeitspausen: Mehr als ein Viertel der Angestellten und Arbeiter lassen auch bei langen Arbeitstagen die Pausen ausfallen, wie der Stressreport Deutschland 2012 zeigte. „Dabei ist die Wirksamkeit von Pausen unstrittig. Sie beugen Ermüdung und Erschöpfung vor“, erklärt Martin Schütte von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Sei Rat: Einfach häufiger mal einen Kaffee holen, zum Drucker gehen oder einen Kollegen im Zimmer besuchen, statt ihm eine E-Mail zu schreiben: Das sind einfache Maßnahmen, um kleine Auszeiten in den Arbeitsalltag einzubauen. Denn Pausen sind enorm wichtig – und werden von den meisten unterschätzt.

Was kann ich konkret tun?

Manchmal helfen schon kleine Veränderungen und Maßnahmen, um sich Erleichterung und etwas Freiraum zu verschaffen. Vor allem wenn es darum geht, Körper und Seele die nötige Entspannung zu geben. Hier ein paar Tipps für den richtigen Umgang mit Stress im Job:

  • Sie arbeiten öfters durch? Das geht auf Dauer zu Lasten der Substanz. Machen Sie stattdessen bewusste Pausen. Verlassen Sie ihr Büro, gehen Sie spazieren, reden sie mit Kollegen. Lenke Sie sich in diesen Phasen ab. Planen Sie die Pausen ein und halten Sie diese Zeiten von Terminen frei.
  • Sagen Sie zu oft "Ja", wenn der Chef oder Kollegen ihnen weitere Arbeit aufhalsen wollen? Arbeiten dann länger oder am Wochenende, um alles zu schaffen? Lernen Sie "Nein" zu sagen. Setzen Sie sich und anderen Grenzen. Es ist keine Schande, wenn Sie signalisieren, dass Sie momentan ausgelastet sind und die Bittsteller vertrösten. Und ganz wichtig: Die dienstfreie Zeit sollte dienstfrei bleiben.
  • Sie wollen immer alles möglichst perfekt erledigen? Geben am liebsten 150 Prozent? Versuchen Sie, sich von eigenen übertriebenen Leistungsansprüchen zu befreien. Gerade die letzten paar Prozent der Perfektion erfordern meist unverhältnismäßig viel Aufwand. Prüfen Sie daher sehr genau, ob und wo es tatsächlich nötig ist – und wo nicht.
  • Sorgen Sie für eine aktive Gestaltung Ihrer Freizeit. „Abhängen“ ist nur vermeintlich entspannend, bringt aber oft nicht den gewünschten Effekt. So baut beispielsweise Bewegung besonders effektiv Stresshormone ab. Für Körper und Seele ist daher eine Stunde Joggen oder eine Runde im Fitnessstudio entspannender als nur auf dem Sofa zu sumpfen.
  • Lassen Sie die Gedanken an die Arbeit auch zuhause nicht los und fühlen Sie sich dann oft noch wie aufgezogen, kann eine bewusste Entspannung helfen. Yoga, Entspannungsübungen oder andere Formen des gezielten Stressabbaus helfen, Körper und Seele zur Ruhe zu bringen.
  • Wenn Sie unter psychischen Problemen leiden: Fressen Sie es nicht in sich hinein. Es ist keine Schande, stressbedingt unter psychischen Problemen zu leiden – schließlich sind SIe in guter Gesellschaft. Sprechen Sie mit dem Partner oder der Partnerin oder Freunden darüber. Auch ein Austausch unter guten Kollegen kann hilfreich sein und zeigen, dass Sie nicht allein stehen. Scheuen Sie sich aber auch nicht, sich professionellen Rat bei einer Telefon-Hotline, Beratungsstelle, Ihrem Hausarzt oder einem Therapeuten zu holen.

Hilft das alles nichts und die Belastungen sind einfach zu groß, beispielsweise weil Sie ständig mehr Arbeit zugewiesen bekommen., als in der verfügbaren Zeit zu schaffen ist, dann hilft nur das Gespräch mit dem Chef. „Kommt eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter zu dem Schluss, dass die Arbeit nicht zu schaffen ist, ist es ratsam, frühzeitig die Führungskraft anzusprechen“, empfiehlt Schütte. Weitere Ansprechpartner sind der Betriebsarzt oder der Betriebsrat. „Sinnvoll kann es dabei auch sein, vorher eine Kollegin oder einen Kollegen um Unterstützung zu bitten.“

Broschüre „Kein Stress mit dem Stress – eine Handlungshilfe für Beschäftigte“

 

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