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Ist der Orca wirklich ein „Mörderwal“?

Spätestens seit dem Kinofilm “Free Willy“ wissen viele Kinder ganz genau, welches ihr Lieblingstier ist. Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: Sie finden den Orca oder Schwertwal am besten. “Keiko“, der etwa neun Meter lange, schwarz-weiße, schwimmende Start des Filmes hat bleibenden Eindruck hinterlassen. Der in einem Aquarium groß gewordene Wal, der nach den Dreharbeiten tatsächlich ausgewildert wurde, hat viel für den guten Ruf der auch als Killer- oder Mörderwale bezeichneten Orcas getan. Was ist dran an dem furchteinflößenden Namen? Wie ist er entstanden?

Der Schwertwal ist ein Zahnwal aus der Familie der Schwert- und Grindwale. Er gehört zur Gruppe der Delfine. Darum wird er immer wieder auch als größter Delfin bezeichnet - schließlich sind ausgewachsene Orca-Männchen mit einer Länge von über neun Metern gleich mehrmals so groß wie Flipper und Co.

Charakteristisch für den Orca ist die schwarzweiße Körperzeichnung und seine hohe Rückenfinne. Diese auch als “Schwert“ bezeichnete Flosse, die dem Wal einen seiner Namen gab, ist beim Männchen etwa doppelt so hoch wie beim Weibchen.

Schwertwale kommen in allen Meeren vor. Sie leben in Familienverbänden von bis zu 25 Tieren, manchmal kommen aber auch größere Gruppen zusammen. Die Familiengruppen sind matriarchalisch organisiert, das heißt, ein Weibchen gibt den Ton an. Begegnen sich zwei Schwertwalgruppen, kommt es zu einem stets gleichen Begrüßungsritual: Sobald sich die Tiere bis auf wenige Meter einander angenähert haben, verharren sie einander zugewandt etwa 10 bis 30 Sekunden lang, dann tauchen sie unter und mischen sich. Dabei schwimmen sie in einem dichten Kreis umher und steigen gemeinsam wieder an die Oberfläche. Hier bilden sie kleinere Gruppen, die ausgelassen und lautstark miteinander spielen. Danach trennen sie sich wieder.

Wie die anderen Zahnwale auch nutzen Schwertwale verschiedene Laute zur Verständigung. Man kann drei Lauttypen unterscheiden: Klicks, Pfiffe und so genannte Explosivpuls-Töne, die besonders geheimnisvoll klingen, da sie an Jaulen oder Schreien oder fast an menschliche Töne erinnern. Interessant ist, dass sich die Lautäußerungen von Gruppe zu Gruppe unterscheiden. Die verschiedenen Gruppen sprechen also praktisch verschiedene “Dialekte“.

Dass Schwertwale sehr sprachbegabt sind, zeigt das Beispiel eines Orcas aus dem Vancouver Aquarium. Zunächst benutzte er die Sprache seiner Familiengruppe. Als er aber mit einem Weibchen aus einer anderen Gruppe zusammen war, übernahm er dessen Dialekt. Nach dem Tod des Weibchens kehrte er wieder zu seiner ursprünglichen Sprache zurück, die er nicht vergessen hatte. Als zwei neue Schwertwale zu ihm ins Becken kamen, stellte er sich mühelos auch auf deren Sprache ein.

Den Namen “Möderwal“ verdanken die Tiere wohl ihrer Ernährungsweise. Orcas fressen Fische, Robben, Pinguine und kleinere Wale. Sogar an große Bartenwale wagen sie sich heran. So hat man schon beobachtet, wie eine Gruppe Orcas einen Grauwal zerfleischte, indem sie große Fleischstücke aus dem noch lebenden Tier rissen. Vielfach spezialisieren sich die Gruppen aber auf eine bevorzugte Beuteart. So fangen sie vor der Küste Norwegens vor allem Heringe, die es hier überreichlich gibt. Vor der kanadischen Küste sind Lachse ihre Hauptbeute, während die Wale der südlichen Hemisphäre, vor allem in der Antarktis sich oft auf Pinguine oder Robben spezialisiert hat.

Die Kiefer des Großen Schwertwals tragen etwa 50 starke, spitze Zähne. Damit zerkleinert er seine Beutetiere, die er manchmal sogar bis auf den Strand verfolgt. Sein beeindruckendes Gebiss und seine raubtierhafte Ernährungsweise haben ihm den zweifelhaften Images eines “Killerwals“ eingetragen, eine ziemlich vermenschlichende Bezeichnung für ein Tier, das andere Tiere erbeutet, weil es an diese Art des Nahrungserwerbs angepasst ist.

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