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Kinderarbeit - Luxus aus kleinen Händen

Ob als Feldarbeiter, Kinderprostituierte oder Drogenschmuggler – nach Angaben von Unicef wird jedes sechste Kind weltweit als billige oder kostenlose Arbeitskraft ausgebeutet. Viele Organisationen setzen sich dagegen ein. Noch wichtiger wäre es, beim Einkaufen daran zu denken.
Karin Schädler

Um elf Uhr morgens ist für Anna gerade die große Pause vorbei. Während sie ihrer Lehrerin zuhört, die an der Tafel Rechenübungen erklärt, schlägt sich Ayesha versehentlich mit einem Hammer auf die Hand. Ungewöhnlich ist das für sie nicht. Die 12-Jährige zerklopft Tag für Tag im Akkord Steine zu Baumaterial. Wie fast sieben Millionen andere Kinder in Bangladesh muss sie arbeiten und kann nicht zur Schule gehen. Mit dem Vergleich solch unterschiedlicher Lebensrealitäten prangert das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Unicef, in einer Broschüre "Kinderarbeit" an.

 

Kinderarbeit in Indien
Bigstockphoto.com/Jeremy Richards

In Tschad und Äthiopien sind mehr als die Hälfte der Kinder betroffen

Nicht immer, wenn Kinder und Jugendliche arbeiten, gilt das als "Kinderarbeit". Ein bisschen im Familienrestaurant mitzuhelfen oder am Wochenende Zeitungen auszutragen, kann Jugendlichen sogar wichtige Fähigkeiten vermitteln. Laut der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen gelten Tätigkeiten von unter 18-Jährigen dann als "Kinderarbeit", wenn sie ihnen schaden oder sie am Schulbesuch hindern.

Am 12. Juni ist der Internationale Tag gegen Kinderarbeit. Er soll daran erinnern, dass weltweit jedes sechste Kind arbeitet - nach Angaben von Unicef etwa 150 Millionen Kinder zwischen fünf und 14 Jahren. Dazu zählen neben Kindern, die in Fabriken und in der Landwirtschaft arbeiten, auch Kindersoldaten und Kinder, die als Zwangsprostituierte oder für den Drogenschmuggel ausgebeutet werden. Die meisten arbeitenden Kinder leben nach Angaben von Unicef in afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Dort ist über ein Drittel aller 5- bis 14-jährigen Mädchen und Jungen betroffen, in Tschad und Äthiopien sogar mehr als die Hälfte der Kinder. Auch in Asien und Südamerika arbeitet mehr als jedes zehnte Kind in dieser Altersgruppe. Besonders hoch ist der Anteil in Kambodscha, wo 45 Prozent der Kinder arbeiten, in Indonesien dagegen "nur" vier Prozent. Selbst in Industrieländern wie den USA oder Japan gibt es arbeitende Kinder.

 

Junger Arbeiter in einer indischen Textilfabrik
Bigstockphoto.com/Paul Prescott

Wenn Kinder arbeiten, wird die Entwicklung einer Gesellschaft behindert

Kinderarbeit entsteht nicht nur durch Armut, sie verursacht auch Armut. Denn sie drückt das Lohnniveau und verdrängt Erwachsene von ihren Arbeitsplätzen. Und aus Kinderarbeitern werden erwachsene Analphabeten, denen es nicht gelingt, ihre Gesellschaft voranzubringen.

Kinderarbeit hat regional unterschiedliche Gründe. In Südindien arbeiten laut Unicef etwa 175.000 Kinder in der Baumwollindustrie. Mädchen sind dort als Arbeitskräfte besonders beliebt, weil sie als "geschickt und fügsam" gelten. Die Arbeit dauert elf oder zwölf Stunden am Tag und ist wegen starker Pflanzenschutzmittel gesundheitsgefährdend. Unicef versucht in einem Programm vor Ort, arbeitende Kinder in die Schule zu bringen. Dafür ist es wesentlich, die wirtschaftliche Situation der Eltern zu verbessern. Hier kann die Gründung landwirtschaftlicher Genossenschaften helfen. Unicef setzt sich in weiteren Programmen gegen Kinderprostitution, Kinderarbeit auf Müllkippen und Kinderarbeit in Goldminen ein. Viele weitere Organisationen wie die Welthungerhilfe oder CBG führen Kampagnen oder Programme gegen Kinderarbeit durch.

 

Fairtrade - Siegel stehen für bessere Arbeitsbedingungen

Wer sich persönlich gegen Kinderarbeit einsetzen möchte, sollte sie vor allem beim Einkaufen im Hinterkopf haben. Etwa die Hälfte des Kakaos, der in Deutschland verarbeitet wird, stammt nach einer Recherche für den ARD-Film "Schmutzige Schokolade" von der Elfenbeinküste und wird zu einem großen Teil von Kindern abgebaut. Die Selbstverpflichtungen großer Konzerne sind oft nichts wert, da sie Zulieferbetriebe nicht ausreichend kontrollieren. Waren mit einem Fairtrade-Siegel stehen für bessere Arbeitsbedingungen und für einen Verzicht auf ausbeuterische Kinderarbeit. Informationen liefert der Verein TransFair e.V. (www.transfair.org).

Der Verein Aktion Tagwerk veranstaltet am 19. Juni 2012 wieder einen Aktionstag gegen Kinderarbeit (www.aktion-tagwerk.de). Jugendliche aus ganz Deutschland sind aufgerufen, an diesem Tag einmal nicht zur Schule zu gehen, sondern zu arbeiten und ihren Lohn zu spenden. Die Bildungsprojekte, denen die Spenden zugute kommen, setzen sich in Südafrika, Burundi und Ruanda gegen Kinderarbeit ein.

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