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Margarine - 150 Jahre Butterersatz

Wir schmieren sie aufs Brot, nutzen sie beim Kuchenbacken oder auch zum Braten: Margarine. Das industriell hergestellte Streichfett ist ein allseits beliebter Ersatz für Butter und für viele Verbraucher Teil ihres modernen, ernährungsbewussten "Lifestyles". Tatsächlich aber hat die Margarine schon einige Jahre auf dem Buckel. Ihre Geburtsstunde liegt inzwischen 150 Jahre zurück – angefangen hat damals alles mit Napoleon.
DAL, 15.07.2019

Ob man nun Margarine oder Butter aufs Brot streicht - für die schlanke Linie, macht es keinen Unterschied, da sie etwa die gleiche Menge an Fett und Kalorien enthalten.

iStock.com, DZM

Margarineliebhaber sollten sich bei Napoleon III. bedanken. Denn ohne ihn gäbe es heute womöglich noch immer keine Alternative zur Butter. Dem letzten Kaiser der Franzosen hing seinerzeit die ordentliche Versorgung seiner Truppen sehr am Herzen. Doch mit Butter in die Schlacht zu ziehen, erwies sich schnell als suboptimal. Zum einen wurde das nahrhafte Streichfett nach einiger Zeit ranzig und ungenießbar, zum anderen war es ziemlich teuer. Eine billigere und haltbarere Alternative musste her.

Billige Butter

So kam es, dass Napoleon in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts ein Preisausschreiben für einen Butterersatzstoff auslobte. Diese Herausforderung nahm der Chemiker Hippolyte Mège-Mouriès begeistert an – und kreierte die erste Margarine der Welt. Die Zutatenliste seiner "Beurre économiqe" liest sich aus heutiger Sicht recht gewöhnungsbedürftig: Neben Rindertalg, Milch und Wasser wurde die Billigbutter aus zerstoßenem Kuheuter hergestellt.

Bald etablierte sich für das neue Streichfett der Name "Margarine Mouriès", wobei die Bezeichnung von dem griechischen Wort "margaros" für Perlmuschel abgeleitet war – eine Anlehnung an die Farbe der Fettpaste. Am 15. Juli 1869 ließ Mège-Mouriès seine Erfindung patentieren. Doch von dem darauffolgenden Siegeszug des Streichfetts hatte er kaum etwas.

Immer neue Rezepturen

Weil er wirtschaftlich wenig geschickt war, musste der Margarine-Erfinder sein Patent schon zwei Jahre später veräußern. Es waren andere, die das Streichfett in den folgenden Jahren und Jahrzehnten weiter verfeinerten und eines Tages auch pflanzliche Fette zur Herstellung von Margarine verwendeten. Überall auf der Welt wurden Patente auf immer neue Rezepturen für die Butteralternative vergeben.

Auch in Deutschland kam mehr und mehr Margarine auf den Tisch – und die Frage nach dem richtigen Brotaufstrich wurde immer wieder zur nationalen Angelegenheit. So ließ etwa Otto von Bismarck Schutzzölle erheben, um die Einfuhr des Butterersatzes zu verhindern. Adolf Hitler dagegen schmierte sich angeblich mit Vorliebe Margarine aufs Brot, und dass obwohl die Produktion vom Import ausländischer Zutaten wie Kokosfett oder Ölen aus Baumwollsaat abhängig war.

Ob Butter (l.) oder Margarine (r.), das ist auch heute nach 150 Jahren noch eine Glaubensfrage.

iStock, funkybg (r.), gemredding (l.)

Pflanzlich und tierisch

Heute ist Margarine bei uns in allen möglichen Variationen erhältlich. Die Art und Zusammensetzung des Streichfetts ist vom Gesetzgeber nicht festgelegt. Es dürfen sowohl pflanzliche als auch tierische Fette für die Herstellung verwendet werden. Eine typische Margarine besteht allerdings zum Großteil aus pflanzlichen Fetten wie Sonnenblumenöl, Rapsöl, Soja- oder Palmöl.

Für den feinen Geschmack wird Margarine gerne Molke, Joghurt oder auch Zitronensäure beigemischt. Farbstoffe wie Beta-Carotine sorgen für eine satte gelbe Farbe, die an die des Originals Butter erinnern soll. Gängig ist zudem die nachträgliche Zugabe der fettlöslichen Vitamine A, D, K und E.

Was ist gesünder?

Apropos Vitamine: In der Werbung wird Margarine gerne als modernes Lebensmittel für gesundheitsbewusste Genießer präsentiert. Doch ob die Kunstbutter wirklich der gesündere Brotaufstrich ist, das ist unter Butter- und Margarinefans hoch umstritten. Fakt ist: Zumindest in Bezug auf den Kaloriengehalt unterscheiden sich Butter und Margarine in der Vollfettvariante kaum.

Als tierisches Produkt hat Butter allerdings den Nachteil, dass es in der Regel mehr gesättigte Fettsäuren enthält. Manche dieser Fettsäuren können sich negativ auf die Blutfett- und Cholesterinwerte auswirken und auf diese Weise das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Aus diesem Grund empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung nicht mehr als sieben bis zehn Prozent der täglichen Energiezufuhr durch gesättigte Fettsäuren abzudecken.

Eine Frage des Geschmacks

Margarine enthält oftmals mehr der als gesünder geltenden ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3. Diese kommen zum Beispiel in Raps- und Olivenöl vor. Der Nachteil: Um Öle wie diese streichfest zu machen, werden mitunter industrielle Verfahren eingesetzt, bei denen sogenannte Transfette entstehen können – und die gelten wiederum als ungesund. Allerdings gibt es inzwischen auch Härtungsverfahren, bei denen diese Fette kaum noch entstehen.

Bei Palm- oder Kokosfett ist eine chemische Verfestigung gar nicht nötig, weil sie bei Zimmertemperatur von Natur aus fest sind. Doch anders als Olivenöl und Co enthalten diese Fette deutlich mehr gesättigte Fettsäuren. Pauschal lässt sich die Frage nach dem Gesundheitsvorteil somit kaum beantworten. Ob Butter oder Margarine aufs Brot kommt, bleibt daher wohl vor allem eines: Geschmackssache.

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