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Medienerziehung: Bereit für die digitale Welt

Spielen, chatten, surfen – das Internet und digitale Medien gehören heute zum Leben einfach dazu. Das gilt auch und gerade für Kinder und Jugendliche. Für Eltern wirft das jedoch die Frage auf: Wie führe ich meinen Nachwuchs an den richtigen Umgang mit diesen Medien heran? Denn die digitale Welt birgt auch Gefahren – vom Online-Mobbing bis zur Internetsucht. Eine Expertin erklärt, worauf Eltern achten sollten.
NPO / Siemens-Betriebskrankenkasse SBK, 16.11.2018

Schon Babys und Kleinkinder sehen sich regelmäßig mit Tablets und Smartphones konfrontiert.

thinkstock.com, Halfpoint

Mit Smartphone und Tablet spielen heute schon die Kleinsten: Selbst Einjährige nutzen heute schon diese Geräte, um zu spielen, eine Kindersendung anzuschauen oder Musik zu hören, wie eine Studie unlängst enthüllte: Darin hatten 52 Prozent der Unter-Einjährigen bereits Fernseh-Shows gesehen, 36 einen Touchscreen benutzt und 15 Prozent der Kinder nutzten schon Apps oder spielten Videospiele. Dank der einfachen Bedienung der Touchscreens durch Wischen und Tippen ist dies für sie kein Problem mehr. Mit zwei Jahren beschäftigen sich die meisten Kinder dann schon mehr als eine Stunde am Tag mit diesen Medien.

Kein Wunder, sind diese Geräte doch allgegenwärtig: Kinder sehen heute von klein auf, dass Smartphone und Co im Alltag ihrer Eltern und Geschwister eine wichtige Rolle spielen. Es gibt heute kaum einen Haushalt, in dem solche mobilen Geräte nicht da sind und genutzt werden.

Vorsicht ist gerade bei Kleinkindern geboten

Doch für Eltern stellt sich dabei mehr und mehr die Frage: Was und wie viel Smartphone und Co sind gut für mein Kind und ab wann wird es zu viel? Immerhin gehört der Umgang mit dem Internet und mobilen Geräten heute selbstverständlich dazu und muss daher möglichst früh gelernt werden. Eine früher Förderung der digitalen Fähigkeiten kann da nur von Vorteil sein.

Andererseits aber hat die Mediennutzung gerade bei jüngeren Kindern auch Nachteile. Studie zeigen, dass Kinder, die schon in frühem Alter viel fernsehschauen oder Tablet und Co nutzen, später häufiger verhaltensauffällig werden. Denn gerade im Alter bis zwei Jahren entwickelt sich das Sozialverhalten fast nur durch Interaktion mit den Eltern oder Geschwistern. Was auf einem Bildschirm passiert, hinterlässt dagegen kaum tiefere Spuren.

Das aber bedeutet: Jede Zeit die ein Kind in diesem Alter vor einem Bildschirm verbringt, statt mit den Eltern zu spielen oder zu sprechen, ist für seine Entwicklung eher verlorene Zeit. Experten empfehlen daher, Kinder unter zwei Jahren so wenig wie möglich vor den Fernseher oder digitale Geräte zu setzen.

Neben der rein technischen Bedienung der Geräte sollten Grundschüler lernen, die für sie relevanten und sinnvollen Inhalte aus der Fülle der Internetquellen herauszufiltern.

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Grundschulkinder: Kompetenz fördern

Anders sieht dies bei älteren Kindern aus:  Für sie ist es wichtig, dass sie Medienkompetenz entwickeln. Über die rein technische Bedienung der Geräte hinaus müssen sie lernen, auch die Inhalte einzuordnen und vor allem aus der Fülle der Angebote das für sie relevante und sinnvolle herauszufiltern. Experten empfehlen Eltern daher, gerade am Anfang gemeinsam mit ihren Kindern zu surfen oder Spiele zu nutzen – und dann über das Gesehene oder Gespielte zu sprechen. Medien sollten daher nicht einfach als "Babysitter" fungieren, sondern besser gemeinsam als Familie genutzt werden.

"Jede Familie muss individuell entscheiden, wie sie mit digitalen Medien umgeht. Eltern sollten sich aber definitiv Zeit dafür nehmen, die Medienkompetenz ihres Kindes zu fördern", rät Medienexpertin Katharina Ommer von der Siemens-Betriebskrankenkasse SBK. "Gerade weil Kinder sehr begeisterungsfähig sind und ihnen in der digitalen Welt eine Vielfalt an Angeboten zur Verfügung steht, ist es wichtig, sie von klein auf sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt zu begleiten. Je jünger das Kind ist, desto mehr sollten Eltern ihm dabei helfen, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden."

Grenzen setzen ist wichtig

Dennoch gilt auch für Kinder im Grundschulalter:  Unbegrenztes Surfen oder Spielen schadet. "Langfristige Folgen einer falschen Mediennutzung sind Kopfschmerzen, Schlafstörungen, trockene und juckende Augen sowie Kurzsichtigkeit", weiß Ommer. Auch kann es zu Konzentrations- sowie Aufmerksamkeitsdefiziten und somit Nachteilen in der Schule kommen.

Eltern sollten daher die Dauer der Mediennutzung ihrer Kinder im Vorfeld gemeinsam festlegen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt, die Nutzung von Fernseher und Computer für 3- bis 6-jährige auf maximal 30 Minuten zu beschränken. 7-9-Jährige sollten höchstens 45 Minuten und 10- bis 12-jährige maximal 60 Minuten am Tag vor dem Bildschirm verbringen. Darüber hinaus sind Sicherheitseinstellungen an den Geräten und deren regelmäßige Aktualisierung ein Muss.

Wichtig ist aber auch: Eltern sollten ihren Kindern mit gutem Beispiel vorangehen – und auch selbst das Handy oder Tablet mal aus lassen. "Kinder brauchen die Aufmerksamkeit ihrer Eltern - sie sollten das Smartphone beiseitelegen, wenn sie Zeit mit ihren Kindern verbringen", empfiehlt Ommer. "Hilfreich ist es auch, zu vereinbaren, dass das Smartphone bei gemeinsamen Mahlzeiten stummgeschaltet und nicht auf den Tisch gelegt wird."

Wer mehr als viereinhalb Stunden vor dem Computer oder am Handy mit Zocken verbringt, gilt als suchtgefährdet. Alles darüber sollte Eltern alarmieren.

thinkstock.com, monkeybusinessimages

Einer Mediensucht vorbeugen

Gerade bei Jugendlichen stehen soziale Medien, aber auch Online-Spiele hoch im Kurs. Doch die exzessive Nutzung solcher Medien kann gerade in diesem Alter auch zur Sucht werden. Experten gehen inzwischen von 600.000 internetabhängigen und 2,5 Millionen problematischen Nutzern in Deutschland aus. Für sie ist Tag ohne Handy oder Computerspiel eine echte Qual, denn in ihrem Leben spielen die Geräte und Medien dann eine dominante, alles verdrängende Rolle.

Ob das eigene Kind bereits von einer Mediensucht betroffen ist, erkennen Eltern daran, wenn es nervös wird, sobald sich die Konsole, das Tablet oder das Smartphone nicht mehr in seiner Reichweite befindet. Werden sie gezwungen, auf Computer oder Smartphone zu verzichten, treten Entzugserscheinungen auf: Gereiztheit, innere Unruhe oder Aggressivität. Häufig lassen bei einer übermäßigen Abhängigkeit von Handy und Co auch die schulischen Leistungen nach.  Außerdem sollten Eltern alarmiert sein, wenn sich ihr Kind auf einmal gleichgültig gegenüber Freunden verhält - es beispielsweise keinen Antrieb mehr zeigt, sich mit ihnen zu treffen und abseits der virtuellen Welt mit ihnen zu spielen.

Gibt es Anzeichen für eine Medien- oder Internetsucht, sollten Eltern sich an eine entsprechende Beratungsstelle oder Medienambulanz wenden, die es inzwischen in vielen Städten gibt. Dort kann dann im Gespräch geklärt werden, wie man dem Kind helfen kann.

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