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Methusalems der Natur: Die ältesten Lebewesen der Welt

Gegen sie sind wir Jungspunde: Einige Tiere und Pflanzen werden hunderte und sogar tausende von Jahren alt – die Spanne reicht vom bizarren Meeresschwamm über Haie und Galapagos-Schildkröten bis zu einen Bakterium. Dabei haben diese Wesen verschiedensten Überlebenstechniken, um sich ein so langes Dasein zu ermöglichen. Wir stellen die interessantesten Vertreter der langlebigsten Wesen vor.
TKR, 22.08.2016

Methusalem wurde laut dem Alten Testament der Bibel 967 Jahre alt. Nach heutigen Wissen ist das allerdings eher unrealistisch und wahrscheinlich nur eine bewusste Übertreibung. Denn für einen Menschen ist ein solches Alter unmöglich zu erreichen – die ältesten Menschen der Welt werden gerade einmal gut 120 Jahre alt. In der Tier- und Pflanzenwelt finden sich dagegen immer wieder Arten, die eine extrem hohe Lebenserwartung haben. Diese geht weit über die menschlichen Möglichkeiten hinaus.

Bei der auch in Nord- und Ostsee anzutreffenden Islandmuschel sind zweihundert Jahre keine Seltenheit.
Uralte Muschel

Ein Beispiel ist die von Nordamerikas Küsten bis hin zur Ostsee verbreitete Islandmuschel Arctica islandica. Sie hat eine Lebensdauer von mehreren hundert Jahren. Der älteste Vertreter dieser Meeresbewohner wurde sogar 507 Jahre alt. Um das Alter der Muscheln festzustellen, haben Wissenschaftler die Zuwachsstreifen auf der Schale der Muschel beobachtet. Ähnlich wie mit den Jahresringen eines Baumes bekommen die Muscheln Jahr für Jahr am Rand ihrer Kalkschale Wachstumsstreifen. Das erleichtert die Altersbestimmung.

Aber warum lebt diese Muschel so lang? Einer der Gründe könnte ein sehr langsamer Stoffwechsel sein, denn die Muschel atmet sozusagen in Zeitlupe, erklärt die Meeresbiologin Doris Abele vom Alfred-Wegener-Institut. "Wenn ein Tier einen so langsamen Stoffwechsel hat, bedeutet das normalerweise, dass es auch lange lebt." Forscher vermuten zudem, dass auch die Lebensweise der Muschel eine Rolle spielt: Sie verbringt ihr gesamtes Dasein vergraben im Schlick am Meeresboden. Dadurch kommt sie wenig Kontakt zu freien Sauerstoffradikalen, die ihr Erbgut schädigen und so ihre Lebensdauer verkürzen könnten.

Das wahrscheinlich älteste Tier der Welt

Das wahrscheinlich älteste Tier der Welt lebt ebenfalls am Meeresgrund: Es handelt sich den im Südpolarmeer heimischen Schwamm Anoxycalyx joubini. Er wird wahrscheinlich mehr als 10.000 Jahre alt. Dieses skurrile Wesen ähnelt einem hohlen, blassgelben Kegel und kann immerhin bis zu einen Meter breit und zwei Meter hoch werden. Um allerdings diese Größe zu erreichen, benötigen diese Schwämme Jahrtausende, denn sie leben noch stärker in Zeitlupe als die Islandmuschel.

Wahrscheinlich besitzen diese Methusalem-Schwämme den langsamsten Stoffwechsel aller bekannten Tiere und wachsen auch entsprechend langsam:  Als Biologen Schwämme dieser Art in Aquarien hielten, konnten sie bei einigen 22 Jahre lang keinerlei Wachstum feststellen. Gibt es allerdings am Meeresgrund gerade besonders reichlich Algenfutter, können die Schwämme das Tempo auch vorübergehend anziehen: Sie legen dann einen Wachstumsschub ein.

Ein Grönlandhai vor der Küste von Nordwest-Grönland. Diese geheimnisvollen Tiere werden mindestens 400 Jahre alt, wie Forscher herausgefunden haben.

Julius Nielsen

Methusalems der Wirbeltiere

Ein Rekordhalter unter den Wirbeltieren ist der überwiegend im Nordatlantik vorkommende Grönlandhai. Dieser bis zu fünf Meter lange Raubfisch ist geheimnisvollste aller Haie, denn bisher ist weder über seine Lebensweise in den Tiefen des Meeres viel bekannt, noch darüber, wie viele von ihnen es überhaupt gibt.

Vor kurzem aber haben Forscher zumindest ein Geheimnis der Grönlandhaie gelüftet: Sie haben herausgefunden, dass diese Meeresbewohner bis zu 400 Jahre alt werden. Sie sind damit die langlebigsten Wirbeltiere der Welt. Ihr Erfolgsrezept dafür: Sie wachsen sehr langsam und werden erst mit 200 Jahren geschlechtsreif. Sie leben sozusagen in Zeitlupe.

Der Grönlandwal - Rekordhalter unter den Säugetieren - kann immerhin über 200 Jahre alt werden.
Eines der langlebigsten Säugetiere lebt gar nicht so weit vom Grönlandhai entfernt – und heißt auch ganz ähnlich: der bis zu 18 Meter große Grönlandwal lebt ebenfalls vorwiegend in arktischen Gewässern. Mit über 200 Jahren erreicht auch er ein immerhin stattliches Alter. Möglich wird ihm dies laut Forschern der Universität von Liverpool durch seine Gene. So hat das Erbgut der Grönlandwale einige Besonderheiten, die mit Zellteilung, Erbgutreparatur, Krebs und Alterungsprozessen verbunden sind.

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