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Mit e-Engagement gegen Rassismus

Ob Websites, Facebook oder YouTube – immer häufiger nutzen rechtspopulistische Organisationen die Neuen Medien, um Jugendliche für ihre Sache zu interessieren und sie zu "rekrutieren". Ein EU-Projekt mit Beteiligung der Universität Wien nimmt die Anwerbestrategien nun genauer unter die Lupe. Ziel ist es, in den nächsten Monaten ein Webportal und Aufklärungs-Material für Jugendliche und Lehrkräfte zu entwickeln.
Universität Wien

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Posten, chatten, liken und kommentieren – für die viele Jugendliche gehören soziale Netzwerke, das Internet und das Smartphone längst zum Alltag. Sie halten sich auf dem Laufenden, informieren sich, was in ihrer Clique passiert, tauschen aber auch Linktipps oder Kommentare über Websites oder Videos im Netz aus. Das aber nutzen vor allem rechtspolitische Gruppierungen zunehmend aus, wie Birgit Sauer vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien berichtet. Elektronische Medien und soziale Netzwerke sind demnach inzwischen sogar zu bedeutenden Kanälen für die Verbreitung rassistischer oder xenophober Ideologien geworden.

Das Internet als Propaganda-Kanal

Besonders beunruhigend sei, dass sich die über das Web verbreitete Propaganda gezielt an Jugendliche richte: "Diese Gruppen setzen auf den Multiplikationseffekt des Internets und nutzen alle Möglichkeiten, um Hetze gegen die vermeintlich 'Anderen' – Ausländer, Muslime, Homosexuelle, Frauen, etc. – zu betreiben", meint Sauer. Im Rahmen des EU-Projekts "e-Engagement against violence" (e-EAV) erforschen sie und ihre Kollegen aus sieben europäischen Ländern diese neue Form der Propaganda, aber auch, wie Jugendliche darüber besser aufgeklärt werden können.

"Die Art und Weise, wie um neue Mitglieder geworben wird, ist durchaus kreativ", schildert Projektmitarbeiterin Stefanie Mayer die Ergebnisse der ersten Evaluationsphase. Dabei haben sich die Wissenschaftlerinnen der Universität Wien sowohl die Websites als auch die Facebook-Auftritte und YouTube-Kanäle zweier rechtspopulistischer Organisationen in Österreich genauer angeschaut, die speziell auf Jugendliche abzielen: die "Identitäre Bewegung Österreich" (IBÖ) und den "Ring Freiheitlicher Jugend" (RFJ).

Von purer Ideologie bis zum Apell an den Menschenverstand

Welche Probleme werden dort thematisiert und wie werden diese formuliert? Wem wird die Schuld zugewiesen und welche Lösungsvorschläge werden präsentiert? "Hier war es sehr spannend, die Unterschiede in den Kommunikationsstrategien beider Gruppen herauszuarbeiten: Während die 'Identitären' stets sehr ideologisch argumentieren und alles auf eine ethnokulturelle Grundeinstellung herunterbrechen, beruft sich der RFJ eher auf den 'gesunden Menschenverstand', der immer schon weiß, wer die 'Anderen' sind und was sie zu 'Anderen' macht", fasst Mayer zusammen.

Der RFJ setzt zudem vor allem auf Textbeiträge. "Bei der IBÖ ist das hingegen bunt gemischt. Es reicht von längeren Texten, die sehr ideologisch angelegt sind, bis hin zu kleinen, speziell für Facebook erstellen Bild-Postings mit kurzem Slogan, die sehr platt antimuslimische und rassistische Stereotype verbreiten", so die Wissenschaftlerin.

Aus Theorie wird Praxis

Aktuell ist das Projekt gerade dabei, von der Forschungs- in die Anwendungsphase überzutreten. "Es geht um die Frage, wie unsere theoretischen Erkenntnisse praktisch umgesetzt werden können", erläutert Politikwissenschaftlern Birgit Sauer. Denn Ziel der Forscher ist es auch, eine virtuelle Lernumgebung für Jugendliche zu entwickeln, in der diese sich über Propaganda im Netz informieren können. Unterrichtsmaterialien sollen zudem Lehrer dabei unterstützen, Aufklärung an Schulen zu betreiben.

"Wir haben bereits eine Schule in Wien und eine in Oberösterreich als Kooperationspartner gewonnen, um die Unterrichtsmaterialien konkret in einigen Klassen testen zu können", sagt Mayer. Nach dieser ersten Testphase wird gemeinsam mit den Lehrern Feedback gesammelt und eingearbeitet. In wenigen Monaten, im Sommer 2014, soll dann in allen Projektländern eine Internet-Lernplattform starten, die einerseits die im Rahmen des Projekts erstellten Unterrichtsmaterialien beinhaltet und andererseits auch viele Hintergrundinformationen bündelt.

Dass gerade Österreich ein Teil des groß angelegten EU-Projektes ist, kommt nicht von ungefähr. "Die sieben teilnehmenden Länder wurden aus politischen und geografischen Gründen bewusst gewählt. Österreich ist, wenn es um Rechtspopulismus und Gewalt geht, traurigerweise immer interessant", meint Projektleiterin Sauer. Bisher sind die EU-Länder Belgien, Bulgarien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich und Schweden beteiligt.

Projekt-Website E-Engagement against Violence (e-EAV)
 

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