wissen.de Artikel

Nächtliche Blutsauger: Den Bettwanzen auf der Spur

Böse Überraschung: Eine Übernachtung im Hotelzimmer kann zur Tortur werden, wenn man mit heftigem Juckreiz und roten Quaddeln auf der Haut aufwacht. Die Übeltäter sind Bettwanzen, die tagsüber in Matratzen von Hotelzimmern oder Wohnungen lauern und sich nachts über ihre schlafende Beute hermachen – in dem sie das Blut saugen. Was hat es mit diesen Parasiten auf sich? Und woher kommen sie?
ABO, 01.10.2020

Bettwanze bei einer Blutmahlzeit

CDC / Harvard University, Piotr Naskrecki; Public Domain

In der Welt der Wanzen hat sich eine Vielzahl an ganz verschiedenen Arten entwickelt. Darunter sind Pflanzensauger, die sich von Pflanzensäften ernähren, sowie fleischfressende Vertreter mit einer Vorliebe für tierisches Protein in Form von Insekten. Die Bettwanzen (Cimex lectularius) hingegen haben eine ganz andere Nahrungsquelle für sich erschlossen: Sie ernähren sich von menschlichem Blut.

Nächtlicher Besuch

Und das macht die Bettwanzen zu lästigen Plagegeistern: Am Tag sind die lichtscheuen, nur sechs Millimeter großen Insekten nicht zu sehen und lauern in Hotelzimmern und Wohnungen. Sobald aber die Dunkelheit einbricht, trauen sie sich aus ihrem Versteck und werden umso aktiver. Haben sie eine Beute gefunden, locken sich die Wanzen mittels Geruchsstoffen gegenseitig an und bilden größere Ansammlungen.

Dann beginnt das nächtliche Saugen: Um an das Blut ihrer Opfer zu gelangen, stechen die rotbraunen Bettwanzen mit feinen Stechborsten in die Haut ihrer Opfer. Beim Saugen gelangt der Speichel der Parasiten in die Wunde und betäubt die Einstichstelle kurze Zeit. Eine Bettwanze benötigt bis zu zehn Minuten, um ihre blutige Nahrung aufzunehmen, deren Menge das Siebenfache ihres Ausgangsgewichts erreichen kann. Die erwachsenen Insekten sind anfänglich papierdünn und erreichen im vollgesogenen Zustand eine Körpergröße von bis zu neun Millimetern.

Stich- und Saugrüssel der Bettwanze

Janice Harney Carr, CDC / Gemeinfrei

Überall eingenistet

Ihr Überleben haben sie auch ihrer Anatomie zu verdanken: Durch ihre zurückgebildeten Vorderflügel, die fehlenden Hinterflügel und den flachen Körperbau gelangen Bettwanzen besonders gut in enge Zwischenräume, wohin sie sich nach ihrem Blutmahl ins Dunkle zurückziehen. Am nächsten Morgen machen sich beim Menschen dann nur noch die Spuren der hartnäckigen Blutsauger bemerkbar: Heftig juckende, rote Quaddeln auf der Haut zeugen von der nächtlichen Tätigkeit der Bettwanzen. Immerhin, eine Übertragung von Krankheiten durch diese Parasiten wurde bisher nicht nachgewiesen.

Um die lästigen Insekten loszuwerden, streuen Betroffene traditionell - vor allem in Bulgarien und Serbien – abends rund um das Bett Blätter der Bohnenpflanze aus. Die in der Nacht in Richtung Bett wandernden Bettwanzen bleiben an den beharrten Blättern hängen und sammeln sich dort an. Am Morgen werden die Blätter dann eingesammelt und zusammen mit den daran haftenden Insekten verbrannt.

Heutzutage kommen häufig stärkere Insektizide und spezielle Chemikalien zum Einsatz. Außerdem sind die Parasiten bei einer Temperatur von unter 18 Grad nicht mehr fortpflanzungsfähig, bei Temperaturen über 55 Grad sterben sie. Um sicherzugehen, dass sich keine Wanzen oder Wanzeneier in der Bettwäsche oder der Kleidung befinden – beispielsweise nach der Urlaubsreise – sollte sie daher entweder in eine große Kühltruhe gelegt oder heiß gewaschen werden.

Der Parasitenbefall war lange Zeit nur aus Asien, dem mittleren Osten und südlichen Urlaubsregionen bekannt. Die schlechte Nachricht: Die sechsbeinigen Blutsauger breiten sich vermehrt auch bei uns aus, weil sie zum Beispiel durch Reisen in südliche Länder immer häufiger nach Deutschland eingeschleppt werden. In Großstädten entwickeln sich bei einigen Bettwanzen bereits Resistenzen gegen die eingesetzten Insektizide.

Typische „Wanzenstraße“: Ist ein Wirt gefunden, saugen Bettwanzen zwischen fünf bis zehn Minuten, wobei sie oft mehrmals zustechen, da sie nicht immer ein Gefäß treffen.

iStock.com, Joel Carillet

Plagegeister der Vergangenheit

Und das Blutsaugen gibt es nicht erst seit der Neuzeit: Die bisher ältesten fossilen Funde der Cimicidae – die Familie der Bettwanzen – stammten aus Ägypten. Dort wurden 1999 die 3.500 Jahre alten Überreste solcher Blutsauger entdeckt. In den Paisley-Höhlen in Oregon stießen Archäologen der University of Oregon auf noch ältere Überreste von gleich drei verschiedenen Bettwanzen-Arten.

Das Alter ihrer Funde schätzten die Forscher auf 5.500 bis 11.000 Jahre. Damit sind sie die bei weitem ältesten bekannten Verwandten der gemeinen Bettwanze Cimex lectularius. Doch im Gegensatz zu der Bettwanze, die heute uns Menschen auflauert, hatten die drei fossilen Bettwanzen-Arten Cimex pilosellus, Cimex latipennis und Cimex antennatus eine andere Beute im Visier: Sie saugten offenbar ausschließlich das Blut von Fledermäusen.

Warum aber saugen heute einige Arten der Bettwanzen menschliches Blut? Zu jener Zeit lebten die Menschen in Europa, Asien und Afrika noch vorwiegend in Höhlen und teilten sich diesen Lebensraum häufig mit Fledermäusen – der ursprünglichen Beute der winzigen Räuber. Forscher vermuten, dass während dieser engen Koexistenz die Bettwanzen irgendwann auf den Menschen als Wirt übergingen – eine Entwicklung, die uns leider bis heute verfolgt.

Bettwanze im Fell einer Fledermaus.

Mehr Artikel zu diesem Thema

Weitere Lexikon Artikel

Weitere Artikel aus dem Wahrig Synonymwörterbuch

Weitere Artikel aus dem Wahrig Fremdwörterlexikon

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon