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Olympic - Titanic - Britannic

Schöne Schwestern
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Die "Titanic" wurde als zweites von drei Schiffen der Olympic-Klasse für den Nordatlantikdienst der White Star Line gebaut. Die Route vom Englischen Kanal nach  New York City war die bei weitem wichtigste Verbindung zwischen Europa und der neuen Welt. Dementsprechend handelte es sich bei den jeweils neuesten Linern häufig um die größten und technisch innovativsten Schiffe ihrer Zeit. Mit ihnen war ein heute kaum mehr nachvollziehbares Prestige und große öffentliche Aufmerksamkeit verbunden.

 

Wahre Größe

Mit 269 m Länge, 28,2 m Breite und einem Rauminhalt von über 46.000 BRT waren sowohl die "Olympic" als auch die "Titanic" zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung die größten je von Menschenhand geschaffenen beweglichen Objekte. Obwohl es sich um Schwesterschiffe handelte, war jedes Schiff bei seiner Fertigstellung etwas größer als sein Vorgänger: Die "Titanic" übertraf die "Olympic" um etwa 1000 BRT Rauminhalt, und die Britannic wiederum die „Titanic“ um etwa 2000 BRT. Die Abweichungen ergaben sich durch Zusätze an den Aufbauten. Die "Britannic" war zudem 46 cm breiter als ihre Schwesterschiffe. Trotzdem war die "Britannic" im Gegensatz zu ihren Schwestern nie das größte Schiff der Welt: Diesen Titel hatte bereits fünf Wochen nach dem Untergang der "Titanic" der deutsche Ozeanriese "Imperator" der HAPAG übernommen.

Nach heutigen Maßstäben waren die einstigen Rekordhalter aber keine Riesen: Die 2012 im Mittelmeer gesunkene "Costa Concordia" war mit 114.500 BRZ mehr als doppelt so groß. Das größte heutige Kreuzfahrtschiff, die "Allure of the Seas", kommt sogar auf 225.282 BRZ.

In der Ruhe liegt die Kraft

Die "Titanic" fuhr auf ihrer verhängnisvollen Reise nicht um das "Blaue Band", die Auszeichnung für die schnellste Atlantiküberquerung. Die Behauptung ist haltlos, da die Maschinen der Olympic-Klasse zwar die größten jemals gefertigten Kolbendampfmaschinen waren, mit 51.000 PS aber zu wenig leisteten: Gegen die 78.000 PS der damaligen Rekordhalterin "Mauretania" waren sie chancenlos. Für die Route Southampton – New York wurden etwa eine Woche veranschlagt. Dafür liefen die Maschinen beispiellos ruhig und erhöhten so den Reisekomfort. Die Reisedauer war übrigens auch der Grund dafür, dass die großen Passagierlinien mehrere Schiffe einer Klasse bestellten. Auf diese Weise konnten Hin- und Rückfahrten im festen Rhythmus angeboten werden.

Schornsteine als Statussymbol – wer hat die meisten

Ursprünglich sahen die Entwürfe nur drei Schornsteine vor, was dann aber aus ästhetischen Gründen auf vier Schornsteine abgeändert wurde. Auch war die Anzahl der Schornsteine zu dieser Zeit ein Statussymbol, das mit Geschwindigkeit gleichgesetzt wurde. Zwischen 1897 und 1922 wurden insgesamt 14 Passagierschiffe mit vier Schornsteinen gebaut. Der zusätzliche Schornstein der Olympic-Klasse wurde raffinierterweise dazu genutzt, die störend hohe Anzahl von Lüftern auf Deck anderer Liner vermeiden. Dieser Trick wurde später auf der französischen Normandie wieder aufgenommen. Allerdings brachte man dort zusätzlich noch einen Hundezwinger im Schornstein unter!

Schotten dicht

Die 15 Wasserdichten Schotten, die Schiff bis zur Wasserlinie in 16 Zellen aufteilten, werden in allen Berichten über den Untergang der "Titanic" erwähnt. Schiffschotten waren zu dieser Zeit keine Neuerung mehr. Die Chinesen verwendeten die Schottbauweise bereits beim Bau der Armada des Admirals Zheng He im 15. Jahrhundert und auch in Europa waren seit der Mitte des 19. Jh. Schiffe in Schottbauweise erstellt worden. Zur Zeit der "Titanic" gab es bereits Richtlinien für die Schottauslegung und lediglich die zwölf vollautomatischen Wasserschutztüren der Olympic-Klasse waren wirklich eine Neuerung.

Luxus statt Geschwindigkeit

Treppenhaus
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Die Eigner der "Titanic" setzten gegenüber der rasenden Konkurrenz auf Luxus statt Geschwindigkeit. Die  Privatunterkünfte der 1.-Klasse-Passagiere boten einen Komfort, der Reisende überzeugen sollte, doch mit den White-Star-Schiffen zu fahren. Die Verwendung kostbarer Materialien war bei der Ausstattung solcher Schiffe Standard. Neu war dagegen das Design, das nicht mehr ganz so schwer und überladenen daher kam und sich stattdessen an zeitgenössischen Luxus-Hotels, wie dem Ritz in London, orientierte.

Für die erste Klasse gab es neben den luxuriös eingerichteten Gesellschaftsräumen auch ein À- la-carte-Restaurant, eine Bibliothek, einen Turnraum, eine Squashanlage, ein beheiztes Schwimmbad, ein Türkisches Bad und eine 167 m lange Deckpromenade.

Über ein Bordtelefonsystem mit 50 Leitungen und 1500 Klingeln konnte man die Stewards holen lassen. 10.000 Glühlampen sorgten für Licht. Einige davon hatten einen Extra-Glühdraht für schwaches Licht bei Nacht, was nervösen Passagieren zugutekommen sollte.

Neben den Einrichtungen der 1. Klasse hatte man auch die Unterkünfte in der Zweiten und Dritten Klasse vergleichsweise großzügig gestaltet. Sie übertrafen vergleichbare Einrichtungen auf älteren und kleineren Schiffen deutlich.

Luxus hatte seinen Preis

Reisen in der 1. Klasse war nur etwas für Reiche. Je nach Unterbringung musste man für die einwöchige Fahrt zwischen 60 und 260 GBP bzw. 300 bis 1300 US$ aufbringen. Ein GBP hatte im Jahre 1912 etwa die Kaufkraft von 65 GBP heute. Dafür durften die Bewohner einer Suite aber auch ihre Bediensteten mitbringen und konnten das Essen im privaten Speisezimmer einnehmen. Ein durchschnittlicher Amerikaner verdiente 1912 etwa 300 US$ pro Jahr, hätte also ein Jahresgehalt  für eine Reise in der 1. Klasse aufbringen müssen. Ohne Rückfahrkarte, wohlgemerkt.

Und natürlich hatte man für besondere Dienste gesondert zu zahlen: 1 Shilling (20 Shilling entsprachen einem GBP) für die Nutzung des 9 x 4 m großen Schwimmbades, dem ersten an Bord eines Passagierschiffes. Männer und Frauen mussten das Bad übrigens zu verschiedenen Zeiten nutzen...

Deutlich teurer war ein Funktelegramm: 20 Shillinge und sechs Pence für die ersten 10 Wörter, neun Pence für jedes weiter Wort. Von der letzten Reise der „Titanic“ sind mehr als 250 Sendungen überliefert.

Im Nebenberuf Frachter

Die Laderäume der Olympic-Klasse im Vorschiff waren für etwa 6000 t Fracht ausgelegt, soviel wie ein mittelgroßer Frachter aufnehmen konnte. Transportiert wurden natürlich in erster Linie hochwertige Güter, wie die Luxusautomobile der reichen Passagiere. Alle drei Schiffe waren auch für den Transport von Post zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten vorgesehen und trugen daher das Präfix „RMS“ für Royal Mail Ship. Wegen der hohen Geschwindigkeit der Nordatlantikliner war dies eine gängige Praxis, die auch indirekte Subventionierung durch den Staat ermöglichte.

Keine glückliche Schiffsklasse

Britannic
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Das Schicksal der "Titanic" ist bekannt. Aber auch ihre Schwesterschiffe hatten kein einfaches Leben.

Das Typschiff der Klasse, die "Olympic", hatte bereits im September 1911, nur zwei Monate nach der Indienststellung, eine schwere Kollision mit dem britischen Kreuzer "Hawke". Während des I. Weltkriegs als Truppentransporter eingesetzt, versenkte es 1916 ein deutsches U-Boot durch einen Rammstoß. 1926 wurde das Schiff im Nordatlantik von einer Monsterwelle getroffen, wobei u.a. die 24 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen Brückenfenster zerstört wurden. Am 15. Mai 1934  versenkte die "Olympic" bei einer Kollision das Feuerschiff "LV-117" vor Nantucket. 1935 wurde sie außer Dienst gestellt.

Der "Britannic" war, wie der "Titanic", nur ein kurze Karriere vergönnt: 1914 vom Stapel gelaufen, wurde sie 1915 zum Lazarettschiff umgebaut und sank bereits am 21. November 1916, nachdem sie in der Ägäis auf eine Mine aufgelaufen war.

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