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Olympische Spiele: Premiere in der Neuzeit

Am 6. April 1896 wurden die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit eröffnet. Austragungsort war Athen – und Griechenland damit auch nach der antiken Ära wieder das Heimatland der Spiele. Rund 250 ausschließlich männliche Sportler nahmen an der Premiere der modernen Wettkämpfe teil. Seitdem hat sich vieles verändert. Doch der Grundgedanke von Olympia ist geblieben.
DAL, 06.04.2016

Vor mehr als 60.000 Zuschauern eröffnet der griechische König Georg I. am 6. April 1896 im Panathinaiko-Stadion von Athen die ersten Olympischen Spiele seit der Antike. Gut 1.500 Jahre nach dem Verbot der Wettkämpfe durch den römischen Kaiser Theodosius I. feiern die Spiele die Wiederauferstehung. Theodosius hatte die traditionsreichen Wettkämpfe des Alten Griechenlands seiner Zeit verboten, weil sie zu Ehren der Götter stattfanden – ein heidnischer Kult, der im christlichen Römischen Reich keinen Platz mehr haben sollte.

Pierre de Coubertin, Gründer des Internationale Olympische Komitees und dessen Präsident von 1896 bis 1925.
Der Vater der modernen Spiele

Die Idee zur Wiederbelebung der Olympischen Spiele hat der französische Pädagoge Pierre de Coubertin. Nachdem im Jahr 1766 die Sport- und Tempelanlagen in Olympia wiederentdeckt worden waren, beginnen 1875 unter deutscher Leitung groß angelegte archäologische Ausgrabungen – und in Europa kommt in den nächsten Jahren die romantisch-idealistische Beschäftigung mit der Antike immer mehr in Mode.

Auch Coubertin lässt sich davon offenbar anstecken. Seinen Vorschlag, Olympische Spiele nach dem alten griechischen Vorbild zu organisieren, trägt er erstmals 1894 bei einer Sportkonferenz in Paris vor. Er betont, dass die körperliche Entwicklung der Jugend von großer Bedeutung sei und gefördert werden müsse. Gleichzeitig will er zum Frieden und zur internationalen Verständigung beitragen. Moderne Olympische Spiele scheinen ihm ein geeignetes Mittel zu sein, diese Ziele zu erreichen.

Mit dieser Idee löst Coubertin unter den Konferenzteilnehmern große Begeisterung aus. Noch im selben Jahr wird das Olympische Komitee gegründet. Ursprünglich hatte Coubertin geplant, die ersten Spiele 1900 in Verbindung mit der Weltausstellung in Paris stattfinden zu lassen. Das Komitee entscheidet sich jedoch bewusst für Athen, eine Stadt im Ursprungsland der Wettkämpfe. Und es will die Spiele nun schon 1896 ausrichten.

Das Panathinaiko-Stadion - eine Rekonstruktion des Athener Stadions aus dem 4. Jahrhundert vor Christus
Wettkämpfe vor antiker Kulisse

Als Hauptaustragungsort wählen die Veranstalter eine Sportstätte mit antiker Vergangenheit: Für die Neuauflage der Olympischen Spiele soll das Athener Stadion aus dem 4. Jahrhundert vor Christus wiederaufgebaut werden. Hier hatten die alten Griechen traditionell die Panathenäischen Spiele gefeiert – eine Veranstaltung zu Ehren der Göttin Athene mit Opfergaben, Aufzügen, szenischen Darstellungen sowie musischen und sportlichen Wettkämpfen. Bei der Rekonstruktion des hufeisenförmigen Stadions verwendet der beauftragte Architekt alle erhaltenen Elemente. Die Tribüne kann aus Zeitgründen jedoch nicht wie geplant mit Marmor verkleidet werden. Stattdessen entsteht eine provisorische Konstruktion aus Holz.

Um den Bau überhaupt finanzieren zu können, lassen sich die Griechen einiges einfallen: Sie bringen die erste Serie von Sportbriefmarken auf den Markt und akquirieren darüber hinaus zahlreiche Spenden – nicht nur aus Griechenland selbst, sondern auch von den bedeutenden griechischen Gemeinden in London, Marseille und Istanbul.

Reine Männersache

Vor der antiken Kulisse treten zwei Jahre später etwa 250 Männer in neun Sportarten gegeneinander an. Ein Großteil von ihnen sind Griechen. Es kommen aber auch Sportler aus dem Deutschen Reich, Großbritannien, Frankreich, Ungarn und neun weiteren Ländern nach Athen. Sie messen sich in Fechten, Gewichtheben, Leichtathletik, Radsport, Ringen, Schießen, Schwimmen, Tennis und Turnen. Entscheidungen im Rudern und Segeln fallen wegen schlechter Wetterverhältnisse aus. Das geplante Kricket- sowie das Fußballturnier sagen die Veranstalter wegen mangelnder Beteiligung ab.

Nach dem Vorbild der antiken Spiele messen sich die Athleten auch im Diskuswurf. Zur Erinnerung an den sagenhaften Lauf eines Boten nach der Schlacht von Marathon 490 v. Chr. setzen die Griechen auf Vorschlag eines französischen Altertumsforschers außerdem einen Lauf von Marathon nach Athen auf das Programm. Diesen gewinnt – wie sollte es auch anders sein – ein Grieche.

Weibliche Sportler sind, wie zu antiken Zeiten, bei keinem der Wettkämpfe zugelassen. Sie dürfen zum ersten Mal bei den zweiten Olympischen Spielen im Jahr 1900 in Paris an den Start gehen, zunächst in den Disziplinen Golf und Tennis.

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