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Panamakanal – eine Wasserstraße wird 100 Jahre alt

Der Panamakanal gilt als das achte Weltwunder, als ein Meisterwerk der Ingenieurskunst und Technik. Die Wasserstraße, die bis heute in Mittelamerika den Atlantik mit den Pazifik südwestlich von Panama-Stadt verbindet, wurde am 15. August 1914 – vor genau hundert Jahren – eröffnet. Durch diese Verbindung sparen Schiffe immerhin rund 15.000 Kilometer Seeweg. Doch bis der Panamakanal endlich offen war, dauerte es mehr als zehn Jahre Bauzeit. Über 20.000 Arbeiter verloren beim Bau des Panamakanals ihr Leben.
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Blick auf die Pedro-Miguel-Schleuse
US Navy / Jeff Hilton

Die Idee, den Atlantik mit dem Pazifik über eine Wasserstraße - heute mit dem Panamakanal realisiert - zu verbinden, ist wohl so alt wie die Entdeckung des Pazifiks durch den Spanier Vasco Núñez de Balboa im Jahre 1513. Zu seiner Zeit mussten die Schätze Mittelamerikas noch mühsam über Mauleselpfade von Küste zu Küste transportiert werden. Erst ab 1858 gab es eine Eisenbahnlinie über die Landenge hinweg und erleichterte so den Warentransport.

Fehlschlag beim ersten Anlauf

Ernsthafte Überlegungen zur Durchschneidung der zentralamerikanischen Landenge diskutieren erstmals die Mitglieder des Internationalen Geografischen Kongresses im Jahr 1871. Zehn Jahre später beginnen die Bauarbeiten an einem Kanal, der auf Meereshöhe entlang der bestehenden Eisenbahn führen soll. Doch nach acht Jahren Arbeit und 20.000 Todesfällen unter ihren Arbeitern müssen die Bauleiter das ehrgeizige Projekt aufgeben. Das sumpfige, waldige Gebiet ist die reinste Mückenbrutstätte – und die Stiche der Blutsauger übertragen Malaria, Gelbfieber und andere Tropenkrankheiten. Als Folge sterben unzählige Arbeiter an diesen Infektionen.

Erst 1906 wird ein neuer Anlauf gestartet. Der neu ernannte Chefingenieur John Stevens wählte dabei einen neuen Ansatz: Er legt den Schwerpunkt zunächst auf die Eindämmung der Mückenplage, um die Übertragung der Krankheiten zu verhindern. Auch die Lebensbedingungen der Arbeiter sollen so verbessert werden. Nachdem dies erledigt ist, macht sich Stevens an die eigentliche Planung des Baus und der Logistik.

Seen und Schleusen statt gerader Wasserstraße

Im Gegensatz zum ersten, gescheiterten Anlauf entscheidet sich der Ingenieur beim Panamakanal für einen anderen Kanaltyp: Statt eines durchgehenden Kanals auf Meereshöhe soll die neue Passage aus einer Kombination von Stauseen und Schleusen bestehen. Dadurch lassen sich Höhenunterschiede einfacher ausgleichen. Als Folge hat der Panamakanal kaum Ähnlichkeit mit den geraden Wasserstraßen, wie wir sie aus Europa kennen. Stattdessen wechseln sich kurvige Engstellen mit weiten Seen ab.

Die Kanalbauer erschaffen durch die Aufstauung des Rio Chagres den damals zweitgrößten Stausee der Welt, den Gatun-See. Er liegt 26 Meter über dem Meeresspiegel und wird durch eine Staumauer mit 30 Meter Kronenbreite gehalten. Für die Flutung des Gatun-Sees auf das heutige Niveau brauchte es mehrere Jahre. An der Pazifikseite entsteht der Miraflores See durch die Stauung des Rio Grande.

Arbeiten am Panamakanal
US Library of Congress

Harter Kampf am Culebra Cut

Eine große Hürde beim Bau des Panamakanals stellt die kontinentale Wasserscheide dar. Der fast 100 Meter hohe Culebra-Bergrücken markiert die Grenze zwischen den zum Pazifik oder zum Atlantik hin abfließenden Flüssen. Um ihn zu überwinden, muss der Berg auf einer Strecke von 13 Kilometern 80 Meter tief durchschnitten werden. 6.000 Mann schuften sieben Jahre lang an diesem Bauabschnitt, dem sogenannten Culebra Cut. Mit Dynamit sprengen sie zwei Mal am Tag den Fels weg, die Trümmerbrocken werden dann mit Dampfschaufeln aufgenommen und auf Eisenbahnwaggons verfrachtet.

Insgesamt werden 27.000 Tonnen Dynamit verbraucht. 1907 ereignet sich ein gewaltiger Erdrutsch am Culebra Cut, 382.000 Kubikmeter Lehm und Ton rutschen aus den oberen Lagen in die frisch freigelegte Baugrube. Doch die Arbeiten gehen weiter, die Ingenieure lassen nun zuerst die oberen, instabilen Lagen abtragen, um weitere Erdrutsche zu verhindern. Mit Erfolg: Am 20, Mai 1913 ist der Durchstich geschafft, das größte Hindernis für den Kanal ist überwunden.

Betonkolosse mit enormer Hubkraft

Im Mai 1913 sind auch die gewaltigen Schleusen des Kanals fertig. Mit rund 300 Metern Länge und knapp 35 Metern Breite gehören sie zu den größten Betonkonstruktionen der damaligen Zeit. Die Gatun-Schleusen heben den Wasserspiegel in drei aufeinanderfolgenden Kammern um insgesamt knapp 26 Meter. Die Pedro-Miguel-Schleuse am Culebra Cut gleicht in nur einer Schleusenkammer neun Meter Höhenunterschied aus.

Angepasst an die Schleusenmaße können bis heute nur Schiffe der sogenannten Panamax-Klasse den Panamakanal durchfahren. Sie dürfen maximal 294,3 Meter lang und 32,3 Meter breit sein. Aber selbst dann wird es schon ziemlich eng: Bei diesen Schiffen liegen an beiden Seiten nur noch gut 60 Zentimeter zwischen Schiffs- und Schleusenwand. Vorne und hinten bleiben in den kleinsten Schleusen nur rund fünf Meter Platz zu den Schleusentoren. Um hier keine Unfälle zu produzieren, dürfen nur spezielle Lotsen die Schiffe in die Schleusen fahren.

Der Weg ist frei

Am 15. August 1914 wurde der Panamakanal schließlich offiziell eröffnet. Das 200 Passagiere transportierende Paketboot „Ancona“ war das erste Wasserfahrzeug, das an diesem Tag den 82 Kilometer langen Panamakanal in voller Länge durchfuhr. Überschattet wurde die Eröffnung der Wasserstraße allerdings durch den Ausbruch des ersten Weltkriegs in Europa. Große Feierlichkeiten gab es daher zu diesem Zeitpunkt nicht, sie wurden erst 1923 nachgeholt.

Bis das erste Schiff im August 1914 den Panamakanal durchfuhr, hatten rund 75.000 Menschen mehr als zehn Jahre lang  an dem Jahrhundertbauwerk gearbeitet. Ein Drittel der Arbeiter kam dabei ums Leben. Ein hoher Preis für das technische Meisterwerk, das damals gerne als das achte Weltwunder bezeichnet wurde. Die Kosten für den Kanal lagen bei rund 386 Millionen US-Dollar.

Die Erweiterung

Doch für die heutigen Containerriesen sind der Kanal und seine Schleusen längst zu eng geworden. Viele Frachtschiffe gehören heute zur sogenannten Post-Panamax-Klasse und sind zu groß, um den Panamakanal passieren zu können. Seit 2007 wird daher an einem Ausbau und einer Erweiterung gearbeitet. Dazu werden auf der atlantischen und der pazifischen Seite parallel zu den bestehenden Schleusen größere, dreistufige Schleusenanlagen gebaut. Der Culebra-Cut, bisher eine Engstelle im Kanal, soll zudem erweitert und vertieft werden.

Die mehr als fünf Milliarden US-Dollar teure Erweiterung des Panamakanals soll 2015 fertig gestellt sein. Denn sollen nur noch sieben Prozent der Frachtschiffe weltweit zu groß für die neue Wasserstraße sein.

Hätten Sie's gewussts? Fünf Fakten zum Panamakanal

 

  • Der Panamakanal ist "nur" knapp 82 Kilometer lang – doch er erspart Schiffen einen Umweg von rund 15.000 Kilometern. Denn ohne ihn müssten sie um die Südspitze von Südamerika fahren.
  • Schon der Gelehrte und Forschungsreisende Alexander von Humboldt erörterte im Jahr 1804 mit dem US-Präsidenten Thomas Jefferson das Thema eines interozeanischen Kanals in Mittelamerika.
  • Die ersten Pläne und Bauarbeiten am Kanal werden nicht von US-Amerikanern, sondern von Franzosen durchgeführt. Erst 1904 verkauft die französische Kanalgesellschaft ihre Anteile an die USA.
  • 291 Lotsen, 36 Schlepper und 100 Lokomotiven sorgen heute dafür, dass die Schiffe sicher durch die Panamakanal kommen. Die Lokomotiven ziehen die Ozeanriesen in die Schleusen und wieder hinaus.
  • Die Gebühren für eine Passage durch den Panamakanal werden nach Anzahl der Container oder Passagiere berechnet. Etwa 75 US-Dollar pro Standardcontainer und 134 US-Dollar pro Passagier-Bett werden dabei berechnet.

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