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Parfüm: Düfte für die Sinne

Alles andere als schnuppe: Duftstoffe stimulieren die Sinne, beeinflussen das Wohlbefinden und das menschliche Verhalten. Patrick Süßkind treibt die Wirkung des Geruchs in seinem Roman "Das Parfum" auf die Spitze. Seine Hauptfigur Jean-Baptiste Grenouille, selbst gefangen in einem geruchslosen Körper, will das höchste aller Parfüme kreieren - und zwar aus den betörenden Gerüchen junger Mädchen.

Claudia Haese

Naseweise Erfahrungen

Einem Geruch kann man sich nicht entziehen: Mit jedem Atemzug strömen Duftsubstanzen zu den Sinneszellen in der Nasenschleimhaut. Der Geruchsinn dient - rein biologisch betrachtet - als Warnsinn. Ein süßer, würziger Duft signalisiert beispielsweise bekömmliches Essen, ein fauliges Odeur hingegen rät zur Zurückhaltung. Der Geruchsinn kann Tausende Duftverbindungen unterscheiden. Die Beurteilung, ob ein Duft als negativ oder positiv erinnert wird, hängt von individuellen Erfahrungen ab.

Düfte sind Emotionen: Die durch Geruchsreize ausgelösten Erregungen werden direkt an das Limbische System weiter geleitet. Neben der Verarbeitung von Geruchseindrücken wird von dieser Hirnregion auch das Gefühlsleben gesteuert. Somit kommt es beim Riechen direkt zu einer emotionalen Reaktion, die vom Großhirn kaum beeinflusst wird. Das Duftgedächtnis kann den Geruch und die dazugehörigen Emotionen speichern und wieder erinnern.

In den USA wird dieses Wissen schon lange eingesetzt. So mischen große Firmen verschiedene Düfte in ihre Klimaanlage, um die Mitarbeiter zu motivieren. Der Erfolg gibt ihnen Recht, denn sie konnten ihre Umsätze deutlich steigern. Auch Kaufhäuser bedienen sich dieser unbewussten Beeinflussung und locken mit einladenden Düften zum Geld ausgeben.


Rauch der Geschichte

Die heutige Bezeichnung "Parfüm" stammt vom lateinischen "per fumum", was so viel bedeutet wie "durch den Rauch". Denn lange Zeit wurden die Duftstoffe nur durch die Hitze des Feuers gelöst. Doch schon lange vor den Römern nutzen Sumerer und Ägypter wohlriechende Aromen. Räucherharze, Salben und Öle ehrten die Götter, galten aber auch als reines Luxusgut oder therapierten Patienten. Die Araber und Perser erfanden um 1200 den Destillierkolben und den Alkohol - eine wichtige Voraussetzung für die Herstellung von Duftstoffen.

Aromastoffe und Weihrauch wurden auch nach Europa importiert, hauptsächlich für medizinische und sakrale Zwecke. Parfüm im heutigen Sinne - eine Mischung aus Alkohol und ätherischen Ölen - wurde erstmals im 14. Jahrhundert hergestellt. Ein Jahrhundert später feierte das Duftwasser im reichen Italien rauschende Erfolge, auch die Franzosen liebten die Wohlgerüche. Venedig und Grasse wurden zu Parfüm-Kapitalen. Zur Zeit des Sonnenkönigs Ludwig XIV zog man die wohlriechenden Essenzen der täglichen Morgentoilette vor. Anstatt sich zu waschen, wurde in Versailles und anderswo munter übersprüht.


Nach der Aufklärung wurden Düfte zunehmend zu Stimmungsmachern, sie verwöhnten die Sinne, galten als Erfrischung. 1792 entstand das Grundrezept des berühmten Kölnisch Wassers "4711", benannt nach der Nummer des Hauses der Mühlhens in der Glockengasse in Köln. Das "Eau de Cologne", der Parfüm-Klassiker schlechthin, war geboren. Orangenblüten, Lavendel, Rosenessenz und Sandelessenz bilden bis heute die Basis dieses Odeurs. Napoleon soll es so gemocht haben, dass er sich förmlich damit duschte.


Ab 1910 interessierten sich zunehmend Couturiers für Parfüme, deren Herstellung bis dato den Parfümeuren vorbehalten war. Coco Chanel war 1921 die erste Modedesignerin, die ihrem Label eine eigene Parfümlinie hinzufügte. Chanel No. 5 ist bis heute ein Klassiker. Ihr Beispiel machte Schule. Heutzutage hat fast jeder namhafte Couturier auch seine eigenen Düfte und selbst Turnschuhhersteller tun es ihnen gleich.

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