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Pendlerpauschale

Vernebelt die Haushaltslage den Blick der Volksvertreter oder hat sich die Mehrheit des Bundestages /-rates einfach nur von der Realität der "arbeitenden Klasse" verabschiedet?

von Günter Schäfer, Moers

Es ist schon erstaunlich, dass die Politik, angeführt von dem in NRW abgewählten Bundesfinanzminister, im Zusammenhang mit der Pendlerpauschale von einer Subvention spricht, die der Überprüfung und wen wunderts, der Streichung bedarf.
Doch zum Glück stellt der Bundesfinanzhof (BFH) mit einer bemerkenswerten Begründung fest, dass es sich bei den Wegekosten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz nicht um eine der Willkür des Gesetzgebers unterliegende Subvention sondern um notwendige - steuerlich abzugsfähige - Werbungskosten handelt. Auf einen knappen Nenner gebracht, kann gesagt werden, wer nicht arbeitet, dem entstehen keine Wegekosten. Folglich werden solche Aufwendung ausschließlich durch die Arbeit veranlasst. Einen Zusammenhang zwischen steuerlich nicht abzugsfähigen Lebenshaltungskosten und den Wegekosten kann der BFH nicht erkennen.

Kann die Qualifizierung der Pendlerpauschale als Subvention trotzdem gerechtfertigt sein?

Unter Umständen ja! Zur Erläuterung ist ein Blick in die Entstehungsgeschichte der Entfernungspauschale erforderlich.
Ursprünglich konnten die Wegekosten zwichen Wohnung und Arbeitsplatz in Abhängigkeit von dem benutzen Verkehrsmittel geltend gemacht werden. Für die Benutzung eines Kraftfahrzeugs wurde ein Kilometer Pauschsatz gewährt. Dies führte in der Praxis dazu, dass offenbar eine Vielzahl von Arbeitnehmern Kosten gelten machten, die ihnen tatsächlich nicht entstanden waren. Als Beispiele sollen hier nur zwei Fallgestaltungen angeführt werden:
1. Der Ansatz des PKW Kilometersatz führt zu einem höheren Abzugsbetrag als die tatsächlich angefallenen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel. Die Versuchung war groß, das Kfz Kennzeichen und die Entfernung in die Steuererklärung einzutragen.
2. Mehrere Arbeitnehmer bilden eine Fahrgemeinschaft. Die Vielzahl an Autobahnauffahrten geparkter Fahrzeuge sprechen für sich. Jetzt stellt sich doch die Frage, ob nicht der eine oder andere Teilnehmer einer solchen Fahrgemeinschaft in der Steuererklärung bei der Ermittlung der Anzahl der jählichen Fahrten die vollen Arbeitstage angab.
In beiden Beispielfällen, in denen betroffene Arbeitnehmer falsche Angaben in ihrer Steuererklärung machten, handelte es sich um strafbare Steuerhinterziehung. Diese Sachverhaltn waren der Finanzverwaltung durchaus bekannt. Es musste gehandelt werden. Eine Möglichkeit im Beispielfall 2 wäre gewesen, durch die Steuerfahndung die Kennzeichen der an Auffahrten geparkten Fahrzeuge mit den Angaben in den Steuererklärungen abzugleichen und Strafverfahren einzuleiten. Ähnliche Fahndungsmethoden bei "Zinssündern" wären vielleich erträglicher. Außerdem hatte eine solche Vorgehensweise eine zu große Anzahl "kleiner Leute" kriminalisert. Das wäre wohl nicht mit der politischen Ideologie zu vereinbaren gewesen. Was wurde getan?
Im ersten Schritt führte man eine Verkehrsmittel unabhängige Entfernungspauschale ein, die jedem Arbeitnehmer zustand, auch wenn ihm keine Fahrtkosten entstanden waren. Eine mögliche Kriminalisierung breiter Bevölkerungsschichten war damit vom Tisch.
Im zweiten Schritt wurde die neu geschaffene Entferungspauschale als Subvention verteufelt.
Im dritten Schritt wurde die Subvention gestrichen.

Zum Glück hat der Bundesfinanzhof diesem Treiben vorerst Einhalt geboten. Bleibt zu hoffen, dass sich das Bundesverfassungsgericht dieser Meinung anschließen wird.
Offen bleibt die Frage, ob die betroffenen Pendler sich bei der nächsten Wahl an diesen unberechtigten Griff in ihre Tasche erinnern werden.

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