Tschüssikowski, Tschautschau, Hallihallohallöle, Tschö, Tach auch, Säääarvus, adiiios - beim Grüßen sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt – auch keine des guten Geschmacks. So manche Verballhornung muss sich die Sprache gefallen lassen, wenn dem Grüßer ein einfaches „Guten Tag“ oder „Hallo“ zu fad erscheint. Dabei wird sich so ein Sprachenpanscher nur wenig Gedanken darüber machen, welche Bedeutung und welchen Ursprung die benutzte Grußformel jeweils hat. Doch sind diese in der Regel ganz erstaunlich. So ist unser ach so deutsches „Tschüss“ in Wahrheit den romanischen Sprachen entlehnt und beinhaltet den frommen Wunsch „Geh mit Gott!“
Welche Überraschungen hinter den gern verwendeten Grußformeln stecken, hat Susanne Böllert von wissen.de untersucht – und grüßt jetzt vorsichtiger. Aber hallo!
Tschüss!
Bleiben wir beim beliebten Wörtchen „Tschüss“, das die Deutschen je nach Region in „tschüssing“, „tschö“ oder „tüüs“ abwandeln können. Nur in Bayern, da können sie es weder benutzen noch abwandeln. Denn hier befinden wir uns in der tschüss-freien Zone. Geburtsort des kleinen Abschiedsgrußes ist nämlich Norddeutschland, wo er sich in den 1940er Jahren aus dem damals üblichen „atschüs“ entwickelt hat, um sich im hochdeutschen Raum - so weit wie möglich - zu verbreiten. Sein Weg zurück zum Ursprung lässt sich über die Literatur verfolgen: So hieß es bei den Brüdern Grimm „adjüüs“ , während der norddeutsche Schriftsteller Gorch Fock „adjüst“ grüßte. Sie hören es: Bis zum spanischen „adiós“, dem französischen „adieu“ oder dem italienischen „addiio“ ist es nicht mehr weit. Nach Deutschland fand der romanische Gruß übrigens dank der Seeleute, die im 17. Jahrhundert hier einwanderten und mit „adjes“, „tjüs“ oder „adjüs“ verschiedene Varianten im Gepäck hatten. All diese Tschüss-Vorgänger gehen indes auf den lateinischen Begriff „ad deum“ zurück, der so viel wie „zu Gott“ bedeutet. Wer sich heute ein lässiges „Tschüss“ hinterher ruft, wünscht dem anderen also, er möge mit Gott gehen. Dasselbe gilt übrigens auch für das Wörtchen „adé“.
Ciao!
Sehr beliebt - auch nördlich der Alpen - ist der aus dem Italienischen stammende Gruß „Ciao“, den die Ursprungsnutzer sowohl zur Begrüßung als auch zur Verabschiedung verwenden und als Alternative zum ebenfalls weit verbreiteten „Salve“ gebrauchen können.
„Tschautschau“ heißt es bei uns dagegen nur beim Abschied. Wer es genau nimmt, sollte diesen eingedeutschten Gruß außerdem nur bestimmten Personen gegenüber verwenden, und zwar denen, die einem wohl gesonnen sind. Schließlich bedeutet das Wörtchen nichts weniger als „stets zu Diensten“ oder noch expliziter „Ich bin dein Diener“. Denn „Ciao“ leitet sich vom italienischen „schiavo“ ab - zu Deutsch „Sklave“ oder eben „Diener“.
Der in Süddeutschland und Österreich häufig benutzte Gruß „Servus“ ist die deutsche Entsprechung des entliehenen italienischen „Ciao“. Denn er heißt übersetzt ebenfalls „zu Diensten“ oder „Ich bin Dein Diener“. Von seiner Wurzel, dem lateinischen „servus“ für Sklave oder Diener hat sich das unter Freunden und Bekannten gebräuchliche „Servus“ im Laufe der Jahrhunderte jedoch nicht nur semantisch entfernt. Auch morphologisch ist dem kleinen Grußwort einiges widerfahren. – unter anderem die Verstümmelung zu „sers“ oder „seas“ .
Schalom
Der gängigste Gruß unter Juden heißt „Schalom“. In seiner Wortbedeutung ähnelt dieser Segensgruß stark dem bereits erwähnten „Salve“, das in Italien noch immer im Gebrauch ist. Denn während das aus dem Lateinischen stammende „Salve“ für Heil, Gesundheit und Ganzheit steht, bedeutet auch das hebräische „Schalom“ zunächst Unversehrtheit und Heil. Eine tiefere Analyse dieser Grußformel zeigt, dass nicht nur Gesundheit und Wohlfahrt, die Befreiung von jedwedem Übel und Unglück gemeint sind, sondern auch Sicherheit, Ruhe, Zufriedenheit, ja Frieden. Wer „Schalom alejchem“ sagt, meint also „Friede sei mit Euch“. Wobei der jüdische Gelehrte Claude diese im Schalom-Gruß vertretene Friedensvorstellung wie folgt interpretiert:
„der Friede, der allein versöhnt und stärkt, der uns beruhigt und unser Gesichtsbild aufhellt, uns von Unrast und von der Knechtung durch unbefriedigte Gelüste frei macht, uns das Bewusstsein des Erreichten gibt, das Bewusstsein der Dauer, inmitten unserer eigenen Vergänglichkeit und der aller Äußerlichkeiten.“
Etymologisch gesehen geht der hebräische Gruß Schalom auf die dem semitischen Sprachraum entstammende Wurzel s-l-m zurück. Und die lässt sich nicht nur im Namen des israelitischen Königs Salomon, sondern auch im arabischen Gruß Salam wiederentdecken.
„as-salamu ʿalaikum“ ist der gebräuchlichste Gruß der Muslime. Auf aller Welt begegnen sie sich mit dem Wunsch „der Frieden auf Euch“ - die Verwandtschaft zum hebräischen „Schalom alejchem“ ist dabei unüberhörbar. Wer sich in der arabischen Welt nicht unbeliebt machen will, antwortet auf „as-salamu ʿalaikum“ mit dem standardisierten „wa ʿalaikumu s-salam“, „und auf euch der Frieden!“
Doch streng genommen dürfen sich nur Muslime untereinander auf diese Art und Weise begrüßen. So jedenfalls legt es die Sunna des Propheten Mohammed fest. Gegenüber Andersgläubigen werden Moslems, die es ganz genau nehmen, deshalb nur mit „wa ʿalaikumu“ antworten und auf das Wörtchen „salam“ verzichten. Die Erklärung dafür findet sich in der alten islamrechtlichen Überzeugung, dass „salam“ – also Friede – nur unter Muslimen möglich sei, zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen es jedoch höchstens zu einem vorübergehenden Waffenstillstand kommen könne.#
Als Barack Obama in seiner für gegenseitiges Verständnis und Respekt werbenden Rede in Kairo im Juni 2009 mit den Worten „salam ʿalaikum“ schloss, wird die arabische Welt das freundschaftliche Entgegenkommen des amerikanischen Präsidenten jedoch mit Sicherheit richtig verstanden haben.
Aloha
Aloha! Da werden Sehnsüchte wach. Der wohl klingende Willkommensgruß der Hawaiiner lässt vor dem geistigen Auge Sonnen beschienene Palmenstrände und mit Blumenketten geschmückte Insulaner erscheinen. Dieses wohlige Gefühl kommt nicht von ungefähr, denn „Aloha“ steht keinesfalls nur für „Hallo“ oder „Tschüss“, sondern bedeutet so viel wie Liebe und Zuwendung. Man könnte auch behaupten, „Aloha“ sei der Inbegriff der polynesischen Lebensphilosophie. Denn wörtlich genommen bedeutet der Gruß so etwas wie „die Präsenz des Atems“ oder „Atemzug des Lebens“ für die, die es gern noch etwas blumiger mögen. Dabei wäre „alo“ mit Präsenz und „ha“ mit Atem zu übersetzen. „oha“ hingegen bedeutet Freude.
Der Aloha-Spirit bezeichnet wiederum eine Lebensweise, bei der die Menschen sich mit Liebe und Respekt behandeln. Erste Voraussetzung dafür: sich selbst zu lieben. Wer nun aber die positive Aloha-Energie verspürt, hat Seele und Körper in Einklang gebracht und vermehrt die positiven Schwingungen im Universum. Selbst weniger esoterische Zeitgenossen dürften am Aloha-Spirit-Gesetz einigen Gefallen finden. Denn dieses soll die hawaiianischen Beamten daran erinnern, die Menschen mit derselben Fürsorge und Respekt zu behandeln, wie es bereits ihre Vorfahren taten. Die Befolgung dieses ungeschriebenen Gesetzes werde, so ist man der festen Überzeugung, zur Schaffung einer besseren Welt beitragen.
Inwieweit sich deutsche Beamte wohl von einem freundlichen Aloha davon überzeugen lassen, an dieser besseren Welt mitzuwirken? Probieren Sie’s aus. Aber seien Sie nicht enttäuscht, wenn Sie nur ein brummiges „Mahlzeit“ zur Antwort erhalten.
Ein letzter Tipp: Ihre Umgangsformen im Grüßen können Sie leicht durch einen Kurzaufenthalt in der Küss-die-Hand-Weltstadt Wien verbessern, wo das Begrüßungsritual bis zur Perfektion betrieben wird.
Susanne Böllert, wissen.de-Redaktion