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Problem Plastiktüte

Tina Denecken

Problem Plastiktüte

Farbige Mülltonnen
shutterstock.com/Shi Yali
Das Problem Plastiktüte ist keineswegs neu. Im Gegenteil! Vielmehr handelt es sich beim Problem Plastiktüte um einen alten Hut. So schwirrt der Slogan „Jute statt Plastik“ seit über 30 Jahren durch unsere „grüne“ Gesinnung. Und die EU-Kommission sucht auch nicht erst seit gestern nach einem verantwortungsvollen Regelwerk zur endgültigen Eindämmung des Problems Plastiktüte. Seit wir uns dieses Problems bewusst sind, transportiert jede Jutetasche und jede Papiertragetasche mehr als nur den Einkauf. Sie übermittelt die Message einer emotionalen Verantwortung gegenüber unserer Umwelt. Besagte Parole „Jute statt Plastik“ entwickelte sich zu Zeiten der Ölkrise in den Siebziger Jahren zum Synonym für Umdenken und scheint heute aktueller denn je. Denn die Phase des Umbruchs ist immer noch nicht vollendet. Unsere Generation bekennt sich noch zugehörig zur so genannten Wegwerfgesellschaft. Doch das ökologische Gewissen – also die Besinnung auf Nachhaltigkeit und das Bekenntnis zu einem bewussten Leben – ist stärker ausgeprägt als je zuvor.

 

Im Plastikstrudel

Kunststoff bedeutet eine extreme Belastung für die Umwelt. Denn das überwiegend aus dem nicht nachwachsenden Rohstoff Erdöl hergestellte Material hat eine Zersetzungsdauer von bis zu mehreren Hunderten von Jahren. Beispielsweise in Deutschland aber werden immer noch rund fünf Milliarden Plastiktüten hergestellt – und das jedes Jahr. Eine Tüte wird durchschnittlich nämlich nur 25 Minuten genutzt. Keine lange Lebensdauer, bedenkt man die Zeit bis zur vollständigen Zersetzung! Zudem gelangen viele Tüten über Bäche, Flüsse oder Kanäle ins Meer. Im Pazifik ist mittlerweile ein Müllstrudel von gigantischem Ausmaß entstanden. Die Folge: Durch den Zerfall dieser Kunststoffe bildet sich in den Meeren planktongroßes Mikroplastik, dessen gesundheitsgefährdende Konsequenzen noch nicht annähernd erforscht sind. Außer Zweifel steht jedoch, dass immer mehr schädliche chemische Verbindungen in die Nahrungskette gelangen und somit auch uns Menschen erreichen.

 

Streitfall Plastekompost

 

Frau mit stabiler Einkaufstasche
Fotolia.com/rocketclips
Die EU-Kommission sieht seit langem weltweit akuten Handlungsbedarf und richtet ihren Appell an jeden einzelnen. Denn nicht nur Entscheider aus Politik und Wirtschaft sind im Zugzwang, jeder Verbraucher kann Stellung beziehen und einen Beitrag leisten. Am Ende zählt jede Stimme – und jede umweltfreundliche Einkaufstasche. Was aber ist mit den biologisch abbaubaren „Bioplastiktüten“? Das Thema Plastekompost hat sich längst zum Gerichtsstreit entwickelt – und zwar zwischen Herstellern und Deutscher Umwelthilfe (DUH), die die Kompostierbarkeit einiger Bioplastiktüten öffentlich angezweifelt hat. Zwar hat die DIN-Zertifizierung die Tüten als „vollständig kompostierbar“ eingestuft, dennoch bleibt der Kunde irritiert. Kann ich guten Gewissens zur Bio-Tüte greifen oder nicht?

 

Tütensteuer?

Während diese Ungewissheit bleibt, arbeitet die EU-Kommission weiter an einem Konzept im Kampf gegen die nicht kompostierbare Plastiktüte. Viele Staaten haben die Tüte schon verbannt. Was also hemmt die anderen? Da wären zum Beispiel 275 Tüten-Hersteller mit rund 17.500 Beschäftigten. Außerdem verstieße ein Verbot gegen das europäische Binnenmarkts- und das internationale Handelsrecht. Und wie sieht es mit einer Zwangsabgabe aus? Im März 2012 jährte sich das Dosenpfand zum zehnten Mal. Damals sorgte der Beschluss der rot-grünen Koalition für Wirbel, der sich heute zumindest soweit gelegt hat, dass die Ausdehnung auf andere schädliche Verpackungen wie die Plastiktüte nicht undenkbar scheint. Praktikabel, so die Umweltexperten, ist bei der Tüte allerdings kein Pfand, sondern eine regelmäßig steigende Sonderabgabe, die die Arbeits- und Umweltkosten abdeckt. Auf diese Weise würde der Verbraucher eines Tages freiwillig auf Jute umsteigen – oder zumindest seine Plastiktüten länger nutzen. Ein vorläufiges Ziel lautet: 2020 sollen EU-Bürger im Schnitt jeweils 39 Plastiktüten jährlich verbrauchen und somit rund 80 Prozent weniger als 2010. Nun geht es der Tüte also an den Kragen. Und ob sich das Problem Plastiktüte auf diese Weise endgültig abbaut, bleibt zu hoffen und abzuwarten.

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