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Schöne Bescherung: Die Kunst des Schenkens

Die Bescherung unterm Weihnachtsbaum ist für die meisten Menschen feste Tradition. Denn schenken und beschenkt werden bereitet Freude und gehört einfach zum Weihnachtsfest dazu. Der Soziologe Friedrich Rost hat diesen "Gabentransfer" wissenschaftlich beleuchtet: Er erklärt im Interview, was eigentlich dahinter steckt und gibt hilfreiche Tipps, damit die Freude am Schenken auch in diesem Jahr erhalten bleibt.
Birgit Weidt / Groupon GmbH, 14.12.2015

Die Bescherung unterm Weihnachtsbaum ist für die meisten Menschen feste Tradition.

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Weihnachten steht vor der Tür und wieder einmal stellt sich die Frage: Was schenke ich bloß? Klassiker wie Krawatten, Socken oder "praktische Haushaltsgeräte" haben längst ausgedient. Aber das Passende zu finden, ist leider meist nicht einfach. Der Soziologe Friedrich Rost von der Freien Universität Berlin hat sich eingehend mit der Tradition des Schenkens und den sozialen Aspekten dieses "Gabentransfers" beschäftigt. Im Interview hat er uns einige Fragen rund ums Schenken beantwortet.

Im vorweihnachtlichen Wunschzettel-Einkaufs-Stress und dem Zwang, alle Geschenke vollständig und rechtzeitig zu besorgen, stellt sich manch einer die Frage: Warum mach’ ich das eigentlich?

Rost: Das reicht weit in die Stammesgeschichte zurück, aber grundsätzlich kann man sagen: Wer schenkt, will binden. Durch den Gabentransfer, also das gegenseitige Schenken, werden Beziehungen gefestigt. Der Gebende hofft, Freude zu bereiten, der Nehmende freut sich über die Aufmerksamkeit.

Was treibt uns Menschen eigentlich zu schenken?

Rost: Die Fähigkeit, freiwillig zu geben ist nicht angeboren, sondern eine kulturell gewonnene und vermittelte kollektive Erfahrung, die sich über die Nachkommenpflege der Bezugspersonen und die Liebe des Kindes zu seiner Mutter entwickelt. Neben der menschlichen Neigung, sich in individualisierten Verbänden zusammenzuschließen und sich von Fremden misstrauisch und aggressiv abzugrenzen, besteht allerdings auch ein Drang, zu einzelnen Fremden ein geselliges Band zu stiften.

Hierbei spielen Nahrungsgeschenke und andere Objekte des Austausches eine besondere Rolle, weil freiwilliges Geben, Teilen, Schenken  beziehungsstabilisierend und aggressionshemmend wirkt. Diese kulturell gewonnene Erfahrung vieler Gesellschaften wird an die jüngere Generation weitergegeben. Die psychoanalytisch orientierte Entwicklungspsychologie stellt heraus, welch wichtiger Schritt es für das etwa fünfjährige Kind bedeutet, Dinge, die es eigentlich ganz allein besitzen will, freiwillig mit anderen zu teilen oder gar zu verschenken. Der Fokus menschlicher Lebensführung ist eben stets das Dürsten nach mitmenschlicher Anerkennung

Der Volksmund sagt, man solle verschenken, was man am liebsten selbst behalten hätte.

Rost: Ich finde das riskant, natürlich ist es schön, etwas zu geben, woran mein Herz hängt, aber der andere muss nicht automatisch so fühlen wie ich. Und wenn der Beschenkte dann nicht so selig dreinschaut, wie man es erwartet hat, ist die Enttäuschung groß. Dann lieber genau überlegen, womit man Freude bereiten kann.

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