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Schritt für Schritt zu neuen Berufen

Berufsausbildung findet in Deutschland in der betrieblichen Wirklichkeit statt. Hier geben die Unternehmer ihr Wissen und Know-how direkt an junge Menschen weiter. Um das Interesse der Betriebe an dieser Ausbildung zu erhalten, sind handhabbare und flexible Ausbildungsvorschriften unerlässlich.

Ausbildung attraktiver gestalten

Das System der betrieblichen Ausbildung stellt an Betriebe und Auszubildende immer neue Anforderungen. Anspruchsvolle Ausbildungsordnungen, lange Lehrzeiten, der Zwang zur überbetrieblichen Unterweisung und hohe Ausbildungsvergütungen lassen in den Unternehmen den Wunsch nach qualifiziertem Nachwuchs immer mehr in Konkurrenz zum Sparzwang treten. Die Folge: Weniger als 30 Prozent aller Betriebe bilden aus. Die Bundesregierung hat deshalb im vergangenen Jahr, gemeinsam mit den Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften, eine Ausbildungsinitiative gestartet. Ihr Ziel ist es, Ausbildung für Unternehmen wieder attraktiver zu machen, und auch eher praktisch begabten Jugendlichen wieder bessere Ausbildungs- und Beschäftigungschancen zu verschaffen.

Modernere, kürzere und gestufte Ausbildungen

Ein Schritt zur Modernisierung ist die Einführung von zweijährigen Ausbildungsberufen. Gerade junge Unternehmer scheuen es, sich drei oder dreieinhalb Jahre an Lehrlinge zu binden. Sie müssen ihnen trotz der Abwesenheitszeiten für die Berufsschule hohe Vergütungen zahlen und wissen nicht, ob sie die neue Fachkraft dann übernehmen können. Eine überschaubare, kurze und auf praktische Handlungskompetenz bauende Ausbildung kann auch für viele Jugendliche besser sein als ein dreieinhalbjähriger Marathon mit ungewissem Ausgang. Derzeit brechen etwa 24 Prozent der Jugendlichen die Lehre vorzeitig ab. Mit kürzere Ausbildungen haben sie eine bessere Chance, einen Abschluss zu erreichen. Deshalb wurden jetzt zusätzliche Ausbildungsberufe entwickelt, um das unterschiedliche Begabungspotenzial der Jugendlichen abzudecken (siehe Kasten). Eine zweijährige Ausbildung ist keine minderwertige Ausbildung. Der Abschluss wird nach dem Berufsbildungsgesetz voll anerkannt. Künftig sollen alle vorhandenen Ausbildungsberufe geprüft werden, ob es möglich ist, aus ihnen Stufenausbildungen mit zweijährigem Einstiegsberuf zu schaffen. Diese Überprüfung soll in Zukunft zum Regelfall bei allen Modernisierungsverfahren werden. Nach Abschluss der zweijährigen Lehre ist bei Eignung und Interesse der Übergang in eine drei- oder dreieinhalbjährige Ausbildung möglich.

Anrechnung von Leistungen

Bei der anstehenden Reform des Berufsbildungsgesetzes soll:

  • die Möglichkeit, Teile der Abschlussprüfung bereits während der Ausbildung abzulegen („gestreckte Abschlussprüfung“), als alternative Prüfungsmethode gesetzlich verankert werden.
  • für den Prüfungsausschuss die Möglichkeit geschaffen werden, für einzelne Prüfungsgegenstände gutachterliche Stellungnahmen Dritter einzuholen. Damit wird etwa den Berufsschulen die Möglichkeit eröffnet, die dort erbrachten Leistungen mit in die Bewertung einzubringen.
  • Es wird die Möglichkeit geschaffen, Teile der Lehre im Ausland durchzuführen.
  • Es sollen die rechtlichen Voraussetzungen zur Erprobung neuer Ausbildungsformen und Ausbildungsberufe ausgedehnt werden.
  • Bereits seit Anfang 2003 ist die Berufsausbildungsvorbereitung in das Berufsbildungsgesetz integriert. Betrieben wird damit ermöglicht, benachteiligten Jugendlichen erste Grundlagen beruflicher Handlungsfähigkeit durch Qualifizierungsbausteine zu vermitteln. Bei der nächsten Reform wird es darum gehen, diese Bausteine als Teile eines Ausbildungsberufes anzuerkennen.

Betriebliche Ausbildung stärken

Mit der Aussetzung der Ausbildereignungsverordnung im Jahr 2003 hat die Bundesregierung einen ersten Schritt unternommen, um junge Betriebe für die Lehrlingsausbildung zu gewinnen. Zukünftig dürfen alle fachlich und persönlich geeigneten Unternehmer ausbilden, ohne hinter zusätzlichen amtlichen Stempeln und Lizenzen herlaufen zu müssen. Die Erleichterung gilt für alle Betriebe, die nicht unter die Handwerksordnung fallen. Das sind nahezu die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland. Wie die Anrufe bei der Berufsausbildungshotline des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gezeigt haben, wird diese neue Möglichkeit von den Kammern und den Berufsberatern aber nur halbherzig an die betroffenen Betriebe herangetragen.

Ausbilden im Verbund

Bei einem Ausbildungsverbund schließen sich Unternehmen zusammen, die allein die Ausbildungsanforderungen nicht erfüllen können, um gemeinsam eine Ausbildung anzubieten. Insbesondere junge Firmen können oft nur so Ausbildungsplätze schaffen. Bei der Verbundausbildung können einzelne Abschnitte der Ausbildung vom Stammbetrieb an andere Betriebe, seltener an Bildungsträger, vergeben werden. Ein Verbundkoordinator organisiert den Ablauf für die Partner. Die Bundesregierung fördert durch die Programme Jump Plus und STARregio den Aufbau von Ausbildungsverbünden. Zusätzlich können sie durch die freie Förderung der Agenturen für Arbeit und durch Förderprogramme der Länder unterstützt werden.

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