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Sie sind wieder da!

Bär, Luchs und Wolf sind in Europa auf dem Vormarsch. Die drei machen manchen Leuten immer noch Angst. Andere sind begeistert und haben große Freude bei der Spurensuche, beim Wolfskonzert oder beim direkten Beobachten.
Ralf Bürglin, 19.10.2015

Bekanntlich ist das eigene Land das liebste Reiseziel der Deutschen. Und seit 15 Jahren streifen nun wieder Wölfe durch diese Republik. Wolfsnachweise gibt es in allen Ecken des Landes: Südbayern, Schwarzwald, durch Norddeutschland wandern sie bis nach Dänemark.

Wo liegen denn nun die besten Beobachtungsplätze für die "Großen Drei"? Tatsächlich ist die Auswahl groß. Es gibt mittlerweile etliche Destinationen, wo man Bär, Luchs und Wolf erleben kann. Der nächste Ort ist nur eine Wolfswanderung entfernt.

Touristenmagnet Wolf (Canis lupus)

Ralf Bürglin

Wolfswandern in Deutschland

Als Wolfserlebnisregion hat sich vor allem die Lausitz, an der Grenze zu Polen, entwickelt, dort, wo sich im Jahr 2000 die ersten Wölfe niederließen. Das so genannte "Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz" führt hier jährlich mehr als zweihundert Vortragsveranstaltungen durch, oft in Kombination mit Spurenexkursionen. Rund 5000 Personen pro Jahr nehmen mittlerweile dieses Angebot war. Die Veranstalter "Wolflandtours" und "Wolfswandern" bieten ebenfalls Führungen an, bei denen in erster Linie nach Spuren der Tiere gesucht wird und man in diesem Zusammenhang viele interessante Dinge zur Biologie der Wölfe erfährt.

Wer auf eigene Faust in der Lausitz unterwegs sein will, dem ist der "Wolfsradweg" zwischen den Ortschaft Nochten und Rothenburg/Steinbach zu empfehlen - immer der grünen Wolfstatze nach. Auf Infotafeln entlang der Route erfährt man allerlei Wissenswertes über den Wolf. Und auf der Strecke ist ein Besuch im Museumsdorf Erlichthof mit seiner sehenswerten Wolfsausstellung angesagt!

Die Wahrscheinlichkeit, einen Lausitzer Wolf vom Sattel aus zu sehen, wird auch durch die Wahl eines Drahtesels Marke "Steppenwolf" nicht größer. Direktbeobachtungen sind und bleiben in Deutschland eine Seltenheit. Eine Tour durch die Lausitz lohnt trotzdem, auch weil einem klar werden kann, dass das vermeintliche Wildnistier Wolf in der Kulturlandschaft sein Auskommen hat.

Spanien - erste Adresse für Wolf-Watcher in Europa

Wer gerne eine Fastgarantie hätte, Wölfe tatsächlich zu sehen, sollte ins Lieblingsausland der Deutschen, nach Spanien, reisen. Die Sierra de la Culebra, an der Grenze zu Nordportugal gelegen, ist vermutlich das am häufigsten von Wolf-Watchern frequentierte Gebiet auf der Iberischen Halbinsel. Die flach rollenden Hügel sind teils bewaldet, teils offen und über Schotterpisten erschlossen. Die Region ist Jagdschutzgebiet. Es gibt Lockstellen, sogenannte Muladares, an denen Viehkadaver ausgebracht werden. Touranbieter wie etwa "Europe's Big 5" und ihre Kunden warten in den frühen Morgenstunden und abends an Aussichtspunkten. Die meisten Sichtungen werden aus großer Entfernung gemacht. Die Wölfe bleiben dabei meist völlig unbehelligt. Die Anbieter versprechen eine "Sichtungswahrscheinlichkeit von bis zu 90 Prozent" - "beste Chance für Wölfe in Westeuropa".

Zierlicher Räuber - der Pardelluchs (Lynx pardinus)

Ralf Bürglin

Die erste Adresse für Bären in Spanien ist der Naturpark Somiedo im Kantabrischen Gebirge, im Nordwesten des Landes. Von Aussichtspunkten aus können die Besucher an den waldfreien Hängen Bären beobachten. Eine günstige Zeit ist Mitte September, wenn die Bären entlang der Waldränder nach Beeren und Haselnüssen suchen.

Die europaweit beste Adresse zum Beobachten von Luchsen liegt im Süden von Spanien, in der Sierra de Andújar. Hier streift allerdings nicht der Nordluchs umher, sondern die zweite Luchsart Europas, der Iberische Luchs. Er hat sich auf Kaninchen spezialisiert und ist deshalb auch tagaktiv. Man kann ihn also auch leichter entdecken. Dabei ist der Pardelluchs, wie er auch genannt wird, sehr stark gefährdet und eine der seltensten Katzen der Welt. Dies macht ihn für viele Tierbegeisterte nur noch attraktiver. Besucher aus der ganzen Welt machen sich dort auf die Suche nach ihm.

Italien hat es den Bären angetan

In Italien, der zweitliebsten Ulaubsdestination der Deutschen, locken die Bären der Abruzzen. In dem Gebiet, das deutlich über dem Knöchel des Italienstiefels, zwischen Rom und der Adria, liegt, haben rund 50 sogenannte Marsikanische Braunbären überlebt. Die IUCN hat den Status der Unterart als "vom Aussterben bedroht" gekennzeichnet. Trotzdem gehören die Beobachtungsmöglichkeiten hier zu den besten.

Braunbärin mit Jungtier

Ralf Bürglin

Ausgangspunkt ist oft der Ort Pescasseroli. Weil Bären und Wölfe auch in den Abruzzen meist nachaktiv sind, hat man die besten Chancen früh am Morgen oder abends in der Dämmerung. Der günstigste Monat ist der Mai. Am besten fährt man morgens noch vor dem Frühstück entlang der Nationalparkstraßen und stoppt an Stellen, an denen man eine Aussicht ins Gelände hat. Im Frühjahr halten sich die Bären unten in den Tälern auf, wo sie fast in Kuhmanier die Wiesen abweiden. Im Sommer, wenn in den Höhenlagen die Beeren des Alpen-Kreuzdorns reif sind, lohnt eine geführte Wanderung mit einem einheimischen Führer. Zu empfehlen ist beispielsweise Paolo Iannicca von Ecotur, der auch sehr gut englisch spricht.

Es gibt nicht nur Elche in Skandinavien

Wölfe und die Wälder des Nordens: Bei vielen hat sich diese Kombi in den Köpfen festgesetzt, auch wenn die grauen Wildhunde ebenso in den Süden passen. Aber es stimmt schon: Was wäre Nordschweden mit seinen borealen Wäldern und Mooren ohne das Heulen eines Wolfes?

Wer Wolfsheulen erleben möchte, ist mit dem Tour-Anbieter "Wild Sweden" an einer guten Adresse. Mit einem Minibus geht es zunächst ins Wolfsgebiet. Zu Fuß spaziert man weiter, immer mit dem Blick auf den Boden. Jeder Pfotenabdruck, jeder Wolfsschiss ist es wert, dass man sich diese Spuren genauer betrachtet. Sind die Welpen schon mit ihren Eltern unterwegs? Sind Reste der Beutetiere zu erkennen? Das interessiert die Wolfsfreunde.

Reviermarkierung und Kommunikation im Rudel: Wolfsheulen

Ralf Bürglin

Mehr solcher Fragen kann Per Ahlqvist beantworten. Er ist einer der renommiertesten Wildbiologen Skandinaviens. "Wild Sweden" heuert ihn für die Gäste an. Unter anderem erzählt er, wie es ab den 1970er Jahren zunächst gerade einmal fünf Wölfe schafften, von Russland ins damals wolfsfreie Schweden einzuwandern. Bis heute stellen diese den gesamten Genpool der schwedischen Wolfspopulation.

Nach seinem Vortrag geht es wieder raus ins Gelände. Warm eingekuschelt beziehen die Teilnehmer an einem bemoosten Hang Posten. Dann legt der Führer los: Auf wölfisch heult er, hinein in die Dämmerung. Und es hört sich so echt an, dass sich manchen Teilnehmern bereits jetzt die Haare aufstellen. Nicht immer ist dann das alte Sprichwort vom Wald wörtlich zu nehmen: Wie man hineinruft, so schallt es heraus. Oft braucht es mehrere Anläufe, um Isegrim zu einer Antwort zu bewegen. Andererseits: Es braucht nicht immer den Ruf des Führers. Das Rufen der Wölfe zählt zu deren natürlichem Verhalten. Sie tun es auch ganz allein. Trotzdem: Das Warten und Hoffen gehört meist zum Programm. Und es macht fast den Eindruck, dass die Freude dabei zu sein, umso größer ist, je länger man den unvergesslichen Moment herbeisehnt.

Auf Begegnungen mit nordischen Bären hofft man am besten in Finnland. Der Zeitraum von Mitte April bis Anfang Juni wird dort als gute Zeit fürs Beobachten genannt. Ab April sind die Bären aus der Winterruhe aufgewacht, haben Hunger und suchen dann die Futterstellen an den Beobachtungshütten auf. Nach dieser Phase kommt die Paarungszeit, während der die Bären weniger ans Fressen denken. Die beste Zeit ist allerdings Juli bis Mitte August, wenn die Tiere wieder häufiger die Futterstellen aufsuchen.

Im April ziehen die Besucher meist gegen 16 Uhr 30 in die Beobachtungshütten ein und verlassen sie anderntags um 8 Uhr wieder. Teilweise kann man auch den ganzen Tag über im Versteck bleiben. Hardcore-Watcher, die sich keine Minute entgehen lassen wollen, bleiben drei bis vier Tage am Stück. Das Essen wird entweder direkt in der Hütte serviert oder in Extraräumen in der Nähe der Hütten. Beobachter mit Hang zu Süßem empfehlen Süßigkeiten mitzubringen. Damit kann man sich des Nachts während der vielen Stunden ohne oder mit wenig Schlaf wach halten. Nachteil des Hüttenproviants: Er lockt Mäuse an, die einem den Schlaf rauben können. Sehen Sie es positiv: Die kleinen Nager helfen, die großen Tiere nicht zu verpassen!

Damit wäre ein Nord-Süd-Überblick zu Destinationen von Bär, Wolf und Luchs in Europa gemacht, aber wirklich nur ein kleiner, denn die "Großen Drei" durchstreifen auch die Alpen. Eine günstige Destination für alle drei Arten ist Estland. Urige Reiseziele sind außerdem der ferne Osten Polens, die Gebirge der Slowakei und Bulgariens und die Urwälder Rumäniens. Und wer Griechenland in der Krise helfen will, kann Wolf und Bär unterm Olymp zum Ziel machen.

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