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Touchless statt Touch: Den Computer steuern ohne Berührung

Touchscreens sind aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken: Wir wischen mal eben schnell über das Smartphone, tippen am Automaten auf den Bildschirm oder wählen auf dem Tablet das gewünschte Programm. Aber was wäre, wenn selbst die Berührung nicht mehr nötig wäre? Wenn wir die Rechner nur durch Gesten steuern könnten? Erste Prototypen solcher Technologien sind bereits in Arbeit.
NPO / AKR, 22.10.2015

Touchscreens sind enorm praktisch: Ihre Bedienung ist intuitiv, sie sparen den Platz für Maus oder Tastatur und ihre Kontrollen lassen sich für jede Anwendung maßgeschneidert anpassen. Dadurch hatten berührungsempfindliche Bildschirme großen Anteil am Siegeszug der Smartphones, aber auch Bank- und Fahrkartenautomaten lassen sich längst mit dem Antippen einer Fingerspitze bedienen.

Berührungsempfindliche Bildschirme hatten großen Anteil am Siegeszug der Smartphones.

thinkstock.com, Triloks

Noch praktischer wäre es allerdings, wenn auch das Antippen nicht mehr nötig wäre. Denn besonders bei viel genutzten Touchscreens führt dies schließlich zu mechanischem Verschleiß – jeder hat wahrscheinlich schon mal vor einem Fahrkartenautomaten gestanden, der auch auf entschiedenes Drücken nicht so reagiert hat, wie er sollte. Außerdem sammeln sich auf den öffentlichen Geräten schnell jede Menge Bakterien und Viren an, die sich so weiter verbreiten können. An diesem Punkt setzen Forscher an, die nach berührungslosen Alternativen für Touchscreens und andere Geräte suchen.

Gesten statt Drücken und Tippen

Eine Möglichkeit für die Kontrolle ohne Tippen oder Drücken ist die Gestensteuerung. Meist sorgen dabei spezielle Sensoren und Kameras dafür, dass der Computer das Signal wahrnimmt. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung in Würzburg haben beispielsweise bereits einen Fahrzeugsitz entwickelt, der sich über Gesten justieren lässt. Näherungssensoren in den Seiten des Sitzes sorgen dafür, dass die Automatik erkennt, was wir wollen.

Der nächste Schritt - Gesten statt Drücken und Tippen

thinkstock.com, dolgachov

Ganz gut klappt die Gestensteuerung auch schon für einige neue Smartphone-Modelle unter anderem von Samsung, die entsprechende Funktionen mitbringen. Bei solchen Handys kann man beispielsweise durch Webseiten scrollen, indem man einfach die Hand vor dem Display nach oben oder unten bewegt. Um einen Anruf anzunehmen genügt es, kurz mit der Hand über den Annäherungssensor auf der Vorderseite des Geräts zu fahren – ohne Berührung versteht sich. Das ist praktisch, wenn man beispielsweise Handschuhe trägt oder schmutzige Hände hat.

Auch den Fernseher kann man bald schon so nachrüsten, dass er unsere Gesten versteht: Ein Crowdfunding-Projekt hat einen aufsteckbaren Infrarotsensor entwickelt, der unsere Handbewegungen und sogar Fingerbewegungen erkennen können soll. Über diese Signale kann man dann beispielsweise Apps starten, einen Film bei einem Streaming –Dienst auswählen und Ähnliches. Ob das Ganze wirklich so funktioniert wie angekündigt, wird sich aber erst im Frühjahr 23016 zeigen – dann sollen die ersten Geräte verschickt werden.

Feuchtigkeit als Signal

Der Nachteil dieser Gestensteuerung liegt allerdings auf der Hand: Sie ist sehr viel ungenauer als das Wischen und Tippen. Die bisher eingesetzten Sensoren erkennen nur grobe Bewegungen. Abhilfe könnte jedoch eine Technologie schaffen, an der Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart zurzeit arbeiten. Denn sie haben ein Material für Touchscreens entwickelt, das auch ohne Antippen präzise registriert, worauf unser Finger gerade zeigt.

Dazu machen die Forscher sich eine menschliche Eigenschaft zunutze, die lebenswichtig, aber manchmal auch unangenehm ist: Unser Körper schwitzt und gibt dabei durch Hautporen ständig Feuchtigkeit ab. Ein spezielles Material im Bildschirm spricht auf diese ständige Wolke von Wassermolekülen über der Haut an. "Von diesem Material weiß man schon länger, dass es Feuchtigkeit gut aufnehmen kann und dabei stark quillt", erklärt Pirmin Ganter.

Dabei verändern sich die Eigenschaften des Materials: Wenn es Wasser aufnimmt, steigt auch seine elektrische Leitfähigkeit – und das dient dem Rechner als "Touch"-Signal. Der Finger muss sich daher dem Bildschirm nur nähern, um ein Eingabe-Signal an einer konkreten Stelle des Bildschirms auszulösen. Der große Vorteil des neuen Materials: Es spricht innerhalb von wenigen Millisekunden auf die geänderte Feuchtigkeit an. Bei früher untersuchten Materialien dauerte dies noch mehrere Sekunden oder länger – für den praktischen Einsatz in einem "Touchless-Screen" viel zu lange.

Bis zum Einsatz in künftigen Generationen von Smartphones, Tablets oder Automaten wird es allerdings noch etwas dauern: Auch wenn sie keine Berührung mehr erfordern, müssen solche Displays mit einer Schutzschicht gegen Verschleiß überzogen werden. Das aber bedeutet: Sie muss einerseits fest und widerstandsfähig gegen chemische und mechanische Einflüsse sein, andererseits sollte sie durchlässig für den signalgebenden Wasserdampf sein. Eine Lösung zu finden, die beides auf einmal erfüllt, daran arbeiten Forscher bereits.

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