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Umtausch ausgeschlossen – zu Recht?

"Das kann ich ja immer noch umtauschen." Wer hat nicht schon mal mit dem Gedanken an einen späteren Umtausch ein Kleidungsstück nach Hause getragen, ohne es vorher anzuprobieren? Auch bei aufs Geratewohl gekauften Geschenken hat die Idee vom möglichen Umtausch etwas Tröstendes. Aber wie ist das eigentlich genau? Haben wir ein Recht auf Umtausch? Und wann muss sich der Verbraucher mit einem "vom Umtausch ausgeschlossen" zufriedengeben?
von wissen.de-Autorin Susanne Böllert, März 2013

wissen.de hat den Hamburger Rechtsanwalt Lars Kohnen dazu befragt.

wissen.de: Bekomme ich mein Geld zurück oder kann ich mir einen anderen Artikel aussuchen, wenn ich mit dem Umtausch nicht lang warte und die Ware sofort wieder beim Händler abgebe?

Kohnen: Die Antwort verblüfft die Meisten: Nein! Grundsätzlich gilt die Regel "gekauft ist gekauft, Vertrag ist Vertrag“. Der Händler muss die Ware liefern, der Kunde bezahlen. Ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht gibt es beim Kauf im Ladengeschäft grundsätzlich nicht! Etwas anderes gilt nur in Ausnahmefällen, wie zum Beispiel bei Kredit- und Versicherungsverträgen, beim Kauf im Internet oder wenn Sie ausdrücklich ein entsprechendes Rückgaberecht vereinbaren. Dies sollte, damit Sie es im Streitfall beweisen können, schriftlich geschehen. Das hört sich jetzt vielleicht seltsam an, aber lassen Sie sich diese Vereinbarung auf dem Kassenbon bestätigen. Sonst wird das mit der Rückgabe oder dem Umtausch nichts. Es sei denn, der Verkäufer zeigt sich kulant.



wissen.de: Funktioniert der Umtausch, wenn der gekaufte Artikel beschädigt ist?

Kohnen: Ist das gekaufte Produkt mangelhaft, haben Sie – unabhängig von einer etwaigen Garantie - sehr weitgehende gesetzliche Gewährleistungsrechte.
Zunächst haben Sie im Rahmen der Gewährleistung die Möglichkeit, zwischen einem Umtausch, also einem neuen Gerät - das Geld können Sie nicht verlangen - , oder einer Reparatur des alten Gerätes zu wählen. Sie können also generell entscheiden, was Sie möchten: Neulieferung oder Reparatur. Nur wenn der Verkäufer Ihnen kein neues Gerät bereitstellen kann oder aber der Umtausch für ihn mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, müssen Sie sich die Reparatur der defekten Ware akzeptieren.

Sollte ein Fehler trotz erfolgter Reparatur erneut auftreten, müssen Sie dem Händler eine zweite Chance geben. Scheitert auch der zweite Versuch oder verweigert der Verkäufer die Nachbesserung, so können Sie den Kaufpreis herabsetzen, also eine Minderung durchsetzen, oder vom Kaufvertrag zurücktreten. In diesem Fall bekommen Sie auch Ihr Geld zurück. Wenn der Verkäufer schuldhaft gehandelt hat, können Sie zudem Schadensersatz verlangen. Wichtig: Ein Verkäufer kann Sie für einen Umtausch oder eine Reparatur nicht einfach an den Hersteller des Gerätes verweisen, auch wenn das viele Verkäufer immer wieder tun. Er ist Ihr Vertragspartner und hat für die Gewährleistungsrechte einzustehen.

wissen.de: Wie soll ich konkret vorgehen, wenn ich ein mangelhaftes Produkt gekauft habe?

Kohnen: Zeigt sich der Fehler bereits in den ersten sechs Monaten zum ersten Mal, so machen die Händler meist keine Schwierigkeiten. Nach so kurzer Zeit wird per Gesetz davon ausgegangen, dass der Fehler schon bei Vertragsschluss vorhanden war. Der Händler müsste Ihnen schon das Gegenteil beweisen, was er in der Regel nicht kann. Sie müssen dann nur den Fehler benennen und bekommen grundsätzlich ihre Rechte. Zeigt sich dieser Fehler allerdings erst später, so müssen Sie grundsätzlich beweisen, dass der Fehler von Anfang an im Gerät vorhanden war. Dies wenden Händler dann häufig ein, bevor sie zu einem Umtausch oder einer Reparatur bereit sind. Generell gilt die Gewährleistung aber bis zu zwei Jahren.

So oder so ist es empfehlenswert, sich zunächst persönlich an den Händler zu wenden und eine einvernehmliche Lösung zu suchen. Verweigert dieser sowohl Umtausch gegen einwandfreie Ware als auch Reparatur, sollten Sie ihn schriftlich per Einschreiben und mit einer Fristsetzung von zehn Tagen zur Nacherfüllung auffordern. Weisen Sie direkt darauf hin, dass Sie nach Ablauf der Frist einen Rechtsanwalt einschalten werden. Das erhöht den Druck. Reagiert der Händler nicht, können Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Aufgrund Ihrer vorherigen Fristsetzung muss der Händler auch die Anwaltskosten tragen.
Zu Beweiszwecken empfiehlt es sich stets, den Kassenzettel aufzuheben. Eine Pflicht hierzu besteht jedoch nicht. Gegebenenfalls muss der Kauf in dem konkreten Geschäft anders – etwa mit Zeugen – bewiesen werden. Die Originalverpackung können Sie getrost wegwerfen, die brauchen Sie nicht. Bevor Sie einen Rechtsanwalt einschalten, können Sie noch versuchen, sich an den Hersteller des Produktes zu wenden. Häufig schaltet sich dieser vermittelnd ein oder bietet den Umtausch des defekten Artikels an, so dass Sie sich den Gang zum Anwalt sparen können.
 

wissen.de: Gelten die Regeln zu Umtausch und Gewährleistung auch beim Kauf im Internet?

Kohnen: Grundsätzlich ja. Doch beim Online-Kauf ist ein Umtausch noch leichter möglich als bei einem Kaufgeschäft im Laden, denn es gilt zudem ein 14-tägiges Widerrufsrecht, auch wenn die Ware nicht mangelhaft ist. Sie können ohne Angabe von Gründen die gekaufte Ware einfach zurückschicken und bekommen Ihr Geld zurück. Dies gilt auch beim Erwerb über Ebay. Das Widerrufsrecht gilt allerdings nur bei einem Kauf zwischen Verbraucher und gewerblichem Händler. Findet das Geschäft zwischen zwei Privatleuten oder aber zwischen zwei Unternehmern oder Freiberuflern statt, so gibt es kein Widerrufsrecht, es sei denn, dies wurde ausdrücklich vereinbart. Das Zurückschicken oder der Umtausch ist dann also nicht möglich.

Zudem ist zu beachten, dass für bestimmte Verträge wie zum Beispiel Versicherungsverträge, Wettverträge und Lotteriespiele sowie für bestimmte Warenlieferungen wie beispielsweise frische Lebensmittel, Sonderanfertigungen, Datenträger, Zeitungen, Eintrittskarten für Festivals etc. das Widerrufsrecht grundsätzlich nicht existiert. Wurde Ihnen eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung in Textform (Brief, Fax, E-Mail) mitgeteilt, haben Sie eine Widerrufsfrist von 14 Tagen. Bei der Lieferung von Waren beginnt das Widerrufsrecht grundsätzlich nicht vor deren Eingang. Sollten Sie keine Widerrufsbelehrung erhalten, haben Sie ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht.

Den Widerruf erklären Sie, indem Sie eine E-Mail, einen Brief oder ein Fax an die vom Händler in der Widerrufsbelehrung genannt Adresse senden.
Aus Beweisgründen empfiehlt sich der Widerruf per Einschreiben. Da der Widerruf per E-Mail aber einfacher und kostengünstigster ist, widerrufen Sie besser zunächst per E-Mail und bitten um eine kurzfristige Bestätigung. Geschieht nichts, so sollten Sie den Widerruf ein zweites Mal innerhalb der 14-tägigen Frist per Einschreiben versenden.

Online Banking und Einkaufen
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Wissen.de: Wer trägt denn die Kosten für die Rücksendung und was gilt bei einer Beschädigung während des Rücktransports?

Kohnen: Geht das Produkt auf dem Rücktransport verloren oder wird beschädigt, müssen Sie diesen Schaden nicht zahlen, wenn Sie die Ware ordnungsgemäß verpackt zur Post gebracht haben. Machen Sie vom Paket und der gewählten Verpackungsweise am besten zwei, drei Fotos. Die Versandkosten trägt ebenfalls grundsätzlich der Onlinehändler. Jedoch gibt es Ausnahmen: Insbesondere kann die Erstattung der Rücksendekosten abgelehnt werden, wenn der Händler zuvor mit Ihnen vertraglich vereinbart hat, dass Sie selbst die Rücksendekosten tragen, wenn der Preis der zurückgeschickten Ware nicht mehr als 40 Euro beträgt oder wenn ein höherer Kaufpreis oder eine vereinbarte Teilzahlungsrate noch nicht bezahlt wurden. Achten Sie auf das Kleingedruckte!

Was die "40-Euro-Regel" angeht, kommt es nach dem Gesetzeswortlaut allein auf den Artikel an, den Sie zurücksenden. Der Wert der restlichen Produkte, die Sie eventuell noch mitbestellt haben, bleibt grundsätzlich außer Betracht. Etwas anderes kann gelten, wenn Sie bei einem großen Warenversand bestellt haben. Dass der Verbraucher die Rücksendekoste tragen muss, kommt aber nur in Betracht, wenn die gelieferte Ware der bestellten auch tatsächlich entspricht. Außerdem sind im Widerrufsfall auch die Hinsendekosten zu erstatten. Sie erhalten also den Kaufpreis inklusive der vorab gezahlten Versandkosten zurück.

Der Hamburger Rechtsanwalt Lars Kohnen arbeitet für die Kanzlei Kohnen & Krag.

 

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