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Und nach der Schule?

 

Eltern sollten sich Zeit nehmen, um über Ideen und Wünsche zu sprechen, Zeit, um Interessen abzuklopfen. Wer Kindern die Berufsorientierung aber ganz abnehmen will, nimmt ihnen langfristig eher Chancen weg.

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„Was willst du nach der Schule machen?“ Je näher der Schulabschluss rückt, desto häufiger bekommen junge Menschen diese Frage von ihren Eltern gestellt. Und tatsächlich sind es 86 Prozent der Jugendlichen, die laut Mc Donalds Ausbildungsstudie 2017 mit ihren Eltern über ihre beruflichen Möglichkeiten sprechen. Aber: Nur 53 Prozent der Befragten geben an, dass diese Gespräche auch hilfreich sind. Was also können Eltern besser machen, wenn sie zum Berufsberater ihrer Kinder werden?

1. Keine Gespräche zwischen Suppe und Kartoffeln

Eigentlich ein selbstverständlicher Akt der Höflichkeit: Eltern sollten für die passenden Rahmenbedingungen sorgen und den Kopf für das Gespräch frei haben. Es bringt nichts, wenn Vater oder Mutter in Gedanken noch beim Job, bei der Einkaufsliste oder den Vorbereitungen für die nächste Familienfeier sind. Bei solchen Gesprächen ist eine hundertprozentige (geistige) Präsenz gefragt. Also: Radio und Fernseher ausschalten und Tablet und Handy weglegen – was natürlich ebenso für die Kids gilt. Auch sollte es für das Gespräch genug „Luft nach hinten“ geben. Anschlusstermine wie beispielsweise das Training im Sportverein oder die Kosmetikbehandlung führen schnell zu dem Gefühl, gerade auf dem Sprung zu sein. Am besten wählen Familien für so ein Orientierungsgespräch einen Tag mit möglichst wenig anderen Verpflichtungen.

2. Die Kinder ernst nehmen

Einmal Eltern, immer Eltern?! Auch wenn es schwerfällt: Vater oder Mutter sollten ihrem Nachwuchs auf Augenhöhe begegnen, schließlich sind Sohn oder Tochter keine kleinen Kinder mehr, sondern zu jungen Erwachsenen herangereift. Für den Gesprächsverlauf ist es deshalb förderlich, wenn sich die Eltern weder herablassend noch bemutternd verhalten, sondern sachlich und neutral bleiben und mit ihren Kindern wie mit Erwachsenen reden. Dazu gehört auch, sich mit negativen Bewertungen zurückzuhalten. Man signalisiert seinem Kind auf diese Weise Achtung, Wertschätzung und Respekt. Diese Haltung wird in der Transaktionsanalyse von Eric Berne auch als sogenanntes Erwachsenen-Ich bezeichnet. Daneben beinhaltet das Kommunikationsmodell noch zwei weitere Ich-Zustände, das Eltern-Ich und das Kind-Ich.

3. Das Gesprächsziel definieren

Eine Formulierung wie „Lass uns mal darüber sprechen, was du werden willst“ kann schnell erschlagen. Bevor es losgeht, sollten sich die Familien daher verständigen, was am Ende des Gesprächs herauskommen soll. Ein konkreter Ausbildungsberuf oder Studiengang? In der Regel lässt sich die Berufswahl nicht in einem Gespräch treffen, sondern erfordert mehrere Diskussionsrunden. Daher empfiehlt es sich, Etappenziele zu setzen und Thema und Gesprächsziel entsprechend zu benennen. Eltern könnten beispielsweise sagen: „Ich möchte mit dir über deine Neigungen und Interessen sprechen. Mit diesem Gespräch möchte ich erreichen, dass wir uns zunächst einen Überblick über deine Neigungen und Interessen verschaffen, um diese bei der weiteren Berufsorientierung parat zu haben.“ Eine Checkliste zur Berufsorientierung kann dabei helfen, systematisch vorzugehen.

4. Aktiv zuhören und Interesse zeigen

Mit der richtigen Technik können Eltern dazu beitragen, dass das Gespräch über die anstehende Berufs- bzw. Studienwahl konstruktiv verläuft und die gewünschten Ergebnisse bringt. Eine Technik ist das aktive Zuhören. Und dazu gehört mehr, als nur Laute wie „mmh“ und „aha“ von sich zu geben, Blickkontakt zu halten und ab und an zu nicken. Eine Methode ist beispielsweise, das Gesagte in eigenen Worten zu wiederholen und zusammenzufassen. Damit signalisiert man dem Gesprächspartner, dass man bei ihm ist und seinen Ausführungen folgt. Gleichzeitig dient es der (Selbst)kontrolle, ob man alles richtig verstanden hat. Eine weitere Methode, mit der man Interesse am Gespräch signalisiert, ist das Stellen von Fragen. Besonders die typischen W-Fragen sind dafür geeignet, mehr über die Beweggründe von Sohn oder Tochter zu erfahren. Gut zu wissen: Fragewörter wie „Wer“, „Wie“, „Was“ und „Wo“ dienen eher der ersten Orientierung, um die Sachlage zu erfassen. Fragen mit „Wieso“, „Was noch“ und „Wie genau“ helfen Eltern, weiterführende Informationen aus ihren Kindern herauszukitzeln und regen Sohn oder Tochter zum Nachdenken an.

5. Motivation herausarbeiten

Die vorgestellte Fragetechnik kann auch dabei helfen, etwas über die Werte und Motive des Kindes zu erfahren. Was treibt Sohn oder Tochter an? Waren für die Generation der Eltern möglicherweise noch Status, Karriere und Geld von großem Belang, sind es für die Kinder als Angehörige der sogenannten Gen Z andere Dinge. So zeigt die McDonalds Ausbildungsstudie 2017, dass sich die Prioritäten der jungen Generation tendenziell verschoben haben. Laut Studie haben berufliche Ziele durchgängig an Stellenwert verloren, während umgekehrt Aspekte der Selbstverwirklichung an Bedeutung gewonnen haben. Die jungen Leute suchen im Job also nicht das große Geld, sondern Möglichkeiten der persönlichen Entfaltung. Und an dieser Stelle kommen die persönlichen Interessen und Neigungen ins Spiel: Für den einen ist Selbstverwirklichung, wenn er sich künstlerisch betätigen kann und seine kreative Ader ausleben kann, der andere möchte etwas für die Gesellschaft tun und mit Menschen arbeiten, und wieder andere wollen die Welt retten, indem sie den Regenwald schützen und seltene Tierarten erhalten.

6. Killerphrasen vermeiden

Manchmal lohnt es sich, die eigenen Worte auf die Goldwaage zu legen und mit Bedacht zu wählen. Allein das Fragewort „Warum“ kann beim Gesprächspartner Unbehagen hervorrufen. Warum? Das vermeintlich harmlose Fragewort „Warum“ erinnert uns an unsere Kindheit, wenn die Eltern Fragen wie „Warum hast du denn (nicht) … gemacht?“ gestellt haben. Ergebnis: Wir nehmen (unbewusst) den Zustand des Kind-Ichs ein und fühlen uns in einer Position des Sich-Rechtfertigen-Müssens. Das Gespräch ist gestört. Verhindern lässt sich solch eine Gesprächssituation, indem man ein anderes Fragewort wie beispielsweise „Wieso“ verwendet. Auch Sätze mit „immer“ und „nie“, wie z. B. in „du musst immer“ oder „du darfst nie“, sind typische Eltern-Ich-Formulierungen, die schnell zum Gesprächskiller werden.

7. Bilanz ziehen und das nächste Gespräch planen

Am Ende empfiehlt es sich, wenn Eltern und Kinder das Gespräch zusammenfassen, die wichtigsten Ergebnisse festhalten und sich Gedanken über das nächste Etappenziel machen. Stehen Interessen, Neigungen und Motive fest, kann ein weiterer Schritt sein, sich diesen Bereich näher anzuschauen. Welche Berufe gibt es überhaupt? Welche erlernt man in einer Ausbildung? Und für welche Berufe ist ein Studium erforderlich? Hilfreich sind Online-Portale wie berufenet.arbeitsagentur.de, berufskunde.de und aubi-plus.de, die eine Sortierung nach Berufsgruppen bieten, wie beispielsweise kreative Berufe, soziale Berufe und Berufe mit Umweltschutz.

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