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Unterricht 2.0: Laptops und Tablets im Klassenzimmer

Für die Schüler von heute sind Tablets und Notebooks längst selbstverständlicher Teil des Alltags. In unseren Nachbarländern ist auch ein Großteil der Schulen bereits mit Laptops als Unterrichtsmittel ausgestattet. Deutsche Bildungsanstalten stehen dieser Idee jedoch oft noch misstrauisch gegenüber. Warum eigentlich?
RPA

Erst wenige deutsche Schulen haben spezielle Laptopklassen eingeführt.

fuse, thinkstock.de

Bis jetzt sind es nur Modellversuche. Erst wenige deutsche Schulen haben spezielle Laptopklassen eingeführt. Die Lehrer erklären nicht mehr an der Tafel, sondern an digitalen Whiteboards, die mit Computer und Beamer verbunden sind. Die Schüler schreiben nicht in ihre Hefte, sondern an ihrem Notebook oder Tablet. Anstatt geometrische Figuren an die Tafel zu zeichnen, werden diese im Computer animiert und auf das Whiteboard projiziert. Für Referate und Klausuren wird im Internet recherchiert, und im Fremdsprachen-Unterricht gibt es Podcasts auf Englisch und Französisch. Fragte der Lehrer vor 20 Jahren noch, ob alle das Tafelbild abgeschrieben haben, so wird es heute kurzerhand digital von den Schülern gespeichert.

Deutschland hinkt hinterher

Für Schüler sind heute Tablets und Notebooks längst selbstverständliche Alltagsgegenstände. Doch in den deutschen Schulen ist der Unterricht am Laptop noch immer eher die Ausnahme als die Regel. „Im Vergleich mit anderen OECD-Staaten liegt Deutschland bei der Ausstattung seiner Schulen sowie hinsichtlich der zeitlichen oder räumlichen Nutzung von Computern im Unterricht noch immer deutlich hinterher“ urteilte die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages 2013.

Liegt der Grund dafür in einem andauernden Misstrauen gegenüber neuen Technologien und Kommunikationsformen? „Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen“, das Buch des Hirnforschers Manfred Spitzer, kritisierte vor zwei Jahren die Verdummung unserer Kinder durch „Computerspiel-Pädagogik“ und warnte vor gesellschaftlichen Auswirkungen von Social Media Netzwerken. Es war in Deutschland ein Bestseller.

Facebook und Youtube nur einen Mausklick entfernt

Dabei bietet die neue Technik viele neue Möglichkeiten des Lehrens und Lernens. Sie kann den Unterricht anschaulicher und verständlicher machen und damit den Schülern das Lernen erleichtern. Eine empirische Studie für Großbritannien hat gezeigt, dass die Noten der Schüler durch Unterricht mit Whiteboards tatsächlich besser werden. Für Deutschland gibt es allerdings noch keine ausreichenden Daten.

Die Nachteile von Klassenzimmern mit Internetzugang liegen allerdings ebenfalls auf der Hand. Der Medienkonsum der Schüler steigt: vom Whiteboard im Klassenzimmer zum Smartphone in der Pause, zum Fernseher und Laptop zu Hause. Außerdem lassen sich die Schüler leichter ablenken: Facebook und Youtube liegen nur einen Mausklick entfernt.

Lernmotivation steigt

Die Vorteile von Laptops und Tablets im Klassenzimmer sind jedoch ebenso wenig von der Hand zu weisen: Schulhefte wandern nicht mehr am Ende des Jahres in den Müll. Informationen werden über Jahre gespeichert und können leicht über eine Suchfunktion gefunden und abgerufen werden. Die Aufgabenstellungen werden komplexer, die Lernmotivation steigt. Schüler nehmen aktiver am Unterricht teil.

Für Lehrer bieten Laptops die Möglichkeit, von klassischen Frontalunterricht wegzukommen. Die Schüler arbeiten selbstorganisiert allein oder in kleinen Gruppen. Werden die Computer zielgerichtet als Werkzeug genutzt, fördern sie Selbstständigkeit und soziale Kompetenzen.

Mangelnde Ausrüstung und Fachkompetenz

Doch die technische Ausrüstung in deutschen Schulen ist unterschiedlich und oft unzureichend. Gymnasien sind dabei meist besser ausgestattet als Haupt- und Realschulen. Viele können es sich aber schlichtweg nicht leisten, immer die neuesten Geräte bereitzustellen, die für einen modernen Unterricht notwendig sind. Doch die mangelnde Ausstattung ist nicht Schuld der Schulen. Sie sind abhängig von der finanziellen Situation der Kommunen- und die sieht nicht immer gut aus.

Digitale Whiteboards sind ein motivierendes, sinnvolles Unterrichtsmittell - wenn man sie richtig einsetzt.

Activeducator, wikimedia.org / Public Domain

Ein weiteres Problem ist oft die mangelnde Fachkompetenz der Lehrkräfte. Selbst wenn die Geräte vorhanden sind, wissen die Lehrer nichts damit anzufangen. Digitale Whiteboards werden wie normale Tafeln zum Draufschreiben benutzt statt zur interaktiven Arbeit.

Neue Unterrichtsansätze

Neue Technologien bewirken neues Lernen. Allerdings nicht, wenn die verwendete Technologie der einzige Unterschied ist. Whiteboard statt Tafel, Tablet-PC statt Buch: Dies führt nicht per se zu größeren Lernerfolgen. Ausgereifte, auf Schüler und Technik ausgerichtete pädagogische Konzepte sind hier gefragt.

Neue Unterrichtsansätze - wie zum Beispiel forschendes Lernen - können mit den neuen Technologien besonders gut umgesetzt werden. Statt nur zuzuhören und Fragen zu beantworten, arbeiten Schüler allein oder in kleinen Gruppen an eigenen Forschungs- und Gestaltungprojekten. Das erarbeitete Wissen wird in Wikis dokumentiert. Schüler erstellen Datenbanken und können zu Hause genau dort weitermachen wo sie im Unterricht aufgehört haben.

Letzten Endes gilt: Laptops und Tablet-PCs allein bewirken überhaupt nichts. Wichtig ist, wie die Lehrer damit arbeiten.

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