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VoIP, Skype und Co: Telefonieren über das Internet

Ob per Handy-App oder mit dem heimischen Telefon: Das Telefonieren übers Internet ist längst Standard. Sogar das klassische Festnetz der Telekom ist inzwischen weitgehend auf Voice over IP (VoIP) umgestellt. Aber was genau verbirgt sich hinter dieser Technologie? Und wo liegen die Vorteile? Wir erklären, wie die Internettelefonie funktioniert – und wo Nachteile liegen können.
NPO, 11.04.2019

Die Telefonie via Internet ist mittlerweile der Normalfall – oft ohne, dass sich die Nutzer dessen bewusst sind!

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E-Mails statt Briefe, WhatsApp statt Kaffeeklatsch und Online-Shoppen statt Einkaufsbummel: Das Internet bietet für viele Tätigkeiten und Funktionen der analogen Welt schon eine digitale Alternative. Das gilt längst auch für das Telefonieren. Als Alternative zum Festnetz nutzen schon jetzt viele Menschen die Internet-Telefonie – teilweise sogar ohne sich dessen bewusst zu sein.

Festnetz ist kein Festnetz mehr

Wer fürs Festnetz-Telefonieren einen anderen Anbieter als die Telekom nutzt und sein Telefon am heimischen Router hängen hat, der nutzt bereits Voice over IP (VoIP). Aber auch die Telekom stellt nach und nach die normalen Festnetz-Anschlüsse auf die Internet-Telefonie um. Bis 2022, so der Plan, sollen daher alle Festnetz-Anschlüsse auf VoIP umgestellt werden. Das ISDN-Netz wird dann endgültig abgeschaltet.

Der Grund dafür: Das klassische Festnetztelefonieren mit ISDN braucht für seine analogen elektrischen Signale eine große Bandbreite und blockiert daher fast die gesamte Leitung. Zudem werden für klassische Festnetztelefonieren eigene Netzwerke, Vermittlungsstellen und Knotenpunkte benötigt – für die Betreiber ist dies ein großer Aufwand. Die Internettelefonie dagegen erlaubt es, alle Daten über das gleiche Netz zu schicken.

Die Internettelefonie erlaubt es den Netzwerkbetreibern, alle Daten über das gleiche Netz zu schicken.

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Wie funktioniert VoIP?

Die Internet-Telefonie überträgt unsere Gespräche nicht als analoge elektrische Impulse, sondern digitalisiert die Informationen und zerlegt sie in kleine Datenpakete – nicht viel anders als bei einer E-Mail oder einem Videostream. Diese Datenpakete werden über das Internet-Protokoll (IP) durch das Netz an den Empfänger geschickt. Beim Gesprächspartner werden die Pakete wieder zusammengesetzt und in Sprache zurückübersetzt.

Der große Vorteil: Diese Art der Datenübertragung benötigt nur wenig Bandbreite. Dadurch bleibt mehr Platz für andere Internetanwendungen, aber auch Konferenzschaltungen mit vielen Teilnehmern werden möglich. Damit das Gespräch bei einem "Stau" auf der Datenautobahn nicht abbricht, bekommen Telefoniedaten im Netz immer Vorfahrt. Unter anderem deshalb ist die Sprachqualität von VoIP inzwischen nicht schlechter als beim klassischen Festnetztelefonieren. Besonders hohe Qualität haben Gespräche, die mit dem Standard G.722 kodiert wurden.

Ebenfalls praktisch: Weil die Gesprächsdaten über das Internet verschickt werden, kann ich theoretisch von überall aus "per Festnetz" telefonieren. Mithilfe spezieller VoIP-Apps kann auch mein Smartphone zur Nebenstelle des Festnetz-Telefons werden – zumindest im heimischen WLAN. Im mobilen Netz blockieren bisher noch viele Anbieter die sogenannte "nomadische" Nutzung von VoIP.

Die Nachteile der Internettelefonie

Natürlich ist auch die Internettelefonie nicht frei von Nachteilen. Ein großes Manko: Während das analoge Festnetztelefon selbst bei Stromausfall noch funktionierte, ist dies bei VoIP nicht der Fall: Fällt der Strom aus, bleibt auch das Telefon tot. Im Notfall kann man daher die Feuerwehr oder Polizei nur übers Handy erreichen. Probleme kann es auch geben, wenn die Internetverbindung zu langsam oder gestört ist. Dann bricht das Gespräch ab oder hat immer wieder Aussetzer.

Und noch einen Nachteil gibt es: Weil das Gespräch über ganz normale digitale Daten durch das Internet geschickt wird, können diese Daten auch abgefangen werden. Der "Lauscher" muss nur die entsprechenden Pakete abfangen und kann dann das Gespräch mithören. Besonders einfach geht dies, wenn das Telefon mittels WLAN mit dem Router und damit dem Internet kommuniziert. Bei Gesprächen mit sensiblem Inhalt sollte daher aus Sicherheitsgründen eine Verschlüsselung gewählt werden.

Analoger Wiedergänger in der digitalen Welt: Das Faxgerät ist zwar ein Kind des analogen Festnetzes, wird aber noch heute von der Mehrzahl der deutschen Firmen genutzt.

Problemfall Fax

Das Fax ist entgegen anders lautenden Gerüchten keineswegs ausgestorben. Tatsächlich verschickten laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom auch 2018 fast zwei Drittel aller deutschen Unternehmen regelmäßig Faxe.

Gründe dafür gibt es genug: Durch die Sendebestätigung wissen die Nutzer, dass ihre Nachricht angekommen ist. Faxe bleiben nicht im Spamfilter hängen und auch Hacker haben kaum keine Chance. Im Gegensatz zur E-Mail ist die Technik kaum manipulierbar, denn bei jedem Versuch, ein Fax abzufangen, bricht der Sendevorgang ab. Hinzu kommt, dass unterschriebene und gefaxte Dokumente in der Geschäftswelt und bei Behörden als rechtssicher anerkannt werden.

In der Theorie gilt das Problem des Faxens in IP-Netzen zwar seit langem als gelöst. Fax-over-IP kennt zwei Standards: T.37 für die Store- and Forward-Übermittlung von Dokumenten und T.38 für die Faxübermittlung in Echtzeit. Mit einem Adapter lassen sich damit theoretisch auch analoge Geräte weiterbetreiben. Leider unterstützen aber längst nicht alle Netzbetreiber diese Standards. An den Netzübergabepunkten fällt die Übertragung dann auf das Standardprotokoll zur Sprachübertragung zurück und die Datenpakete kommen beim Empfänger nur unter perfekten Bedingungen ohne Verluste und in der richtigen Reihenfolge an.

Vor fast unlösbaren Problemen stehen zahlreiche andere Geräte wie Alarmanlagen, Notrufanlagen in Aufzügen, Türfreisprecheinrichtungen, Frankiermaschinen oder Kartenterminals. Sie verwenden oft Protokolle, die gar nicht für die Kommunikation im ISDN-Netz gedacht waren. In solchen Fällen ist ein Anschluss über einen Adapter praktisch ausgeschlossen und guter Rat ist teuer.

VoIP mit dem Smartphone

Skype hat es vorgemacht, inzwischen geht es auch per WhatsApp, Apple Facetime, Facebook Messenger oder Google Hangout: Auch auf dem Handy liegt die Internettelefonie im Trend. Statt der normalen Mobilfunk-Signale kommt hier ebenfalls die VoIP-Technologie zum Tragen. Die digitalisierten Sprachdaten laufen dadurch über die Datenverbindung des Handys und zählen nicht als Telefonat. In der Regel muss ich als Nutzer dabei kaum etwas einstellen, die Apps übernehmen das für mich.

Der große Vorteil: In vielen Fällen kann die Internettelefonie per Handy billiger sein als das Gespräch über die normale Telefonverbindung. Das gilt beispielsweise für Mobilfunk-Verträge, die nur eine begrenzte Anzahl von Inklusivminuten umfassen. Auch bei Telefonaten ins Ausland können die VoIP-Apps punkten. Wenn die Signale über das WLAN laufen, zählt das nicht als Roaming und es fallen keine erhöhten Gebühren an. Vorsicht ist bei der VoIP-Telefonie allerdings geboten, wenn der Handytarif nur ein begrenztes Datenvolumen beinhaltet: Wer dann nicht über das WLAN spricht, riskiert eine Drosselung oder Zusatzkosten.

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