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Waffengesetze in den USA: Wer darf wo was?

Viele Amerikaner lieben ihre Waffen. Doch regelmäßig sorgen Massenschießereien und Amokläufe an Schulen – so wie jüngst in Parkland, Florida – für hitzige Debatten und Proteste in der Öffentlichkeit. Befürworter beharren auf ihrem Recht auf Waffen, Gegner fordern einen beschränkten Zugang. Doch welchen Gesetzen sind US-Waffenhalter tatsächlich unterworfen? Und wie einfach kommt man an ein halbautomatisches Gewehr?
YBR, 07.03.2018

In vielen US-Waffenläden findet man auch ein reichhaltiges Angebot an Sturmgewehren.

iStock, SlobodanMiljevic

Inbrünstig verteidigen Waffennarren in den USA ihr Recht, Waffen zu besitzen und zu benutzen. Es sind vor allem weiße, auf dem Land lebende Männer ohne Hochschulabschluss, die ihre Waffe als Symbol der Freiheit und Selbstbestimmung sehen. Das Gesetz dazu ist im 2. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung verankert, sprachlich steht es jedoch auf wackligen Beinen: "Da eine wohlgeordnete Miliz für die Sicherheit eines freien Staates notwendig ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden." Für viele Amerikaner ist dies jedoch ein höchst umstrittener Wortlaut. Ist das Recht an eine Miliz gebunden? Oder ist es ein Grundrecht?

Mehr Waffen, mehr Tote

Da Waffen in den USA vielerorts als gutes Recht gelten, existieren dort mittlerweile 101 Waffen auf 100 Einwohner. Mit mehr Waffen als Menschen sind die USA damit einsamer Spitzenreiter in der Welt. Zum Vergleich: Deutschland liegt mit 32 Waffen pro 100 Einwohner – geschätzte 25 Millionen insgesamt – auf Platz 15. Und die internationalen Statistiken sind eindeutig: Mehr Schusswaffen führen zu mehr Toten mit Schussverletzungen. Dadurch sterben in den USA jährlich über 30.000 Menschen. Es gibt dort sogar schon mehr Massenschießereien im Jahr als Tage.

Man könnte vermuten, dass diese Tragödien abschreckend wirken, ein Umdenken anstoßen. Tatsächlich aber zieht der Waffenkauf nach sehr medienpräsenten Massakern sogar deutlich an. Uns Europäern erscheint diese Form des Sicherheitsbedürfnisses oft paradox. Viele Amerikaner – darunter auch der US-Präsident Donald Trump – folgen jedoch einem einfachen Credo: "Der einzige Weg, einen bösen Kerl mit Knarre zu stoppen, ist ein guter Kerl mit Knarre". Es entsteht eine Spirale der Gewalt.

Zwar dürfen Waffen auch in freizügigen Bundesstaaten nur von Volljährigen erworben werden, ab auch jüngere Personen haben oft freien Zugang zu Schusswaffen.

 iStock, javitrapero

Spektrum der Gesetze ist groß

Waffengegner wollen diese Todesspirale stoppen und zwar durch strengere Gesetze. Waffenenthusiasten sind dagegen der Meinung, Kriminelle würden sich eh nicht an diese Regeln halten. Die Debatte ist festgefahren. Doch wie streng sind die Gesetze in den USA überhaupt?

Das kommt ganz darauf an, wo in den USA man lebt. Denn zwischen den einzelnen Staaten unterscheiden sich die Gesetze gewaltig. Auf der einen Seite steht Nevada, bekannt für seine laxen Bestimmungen. Jeder der 18 Jahre alt ist, kann dort ohne Lizenz, Registrierung oder Wartezeit eine Waffe kaufen, sogar auf Flohmärkten oder im Internet. Waffen dürfen offen getragen und fast überallhin mitgebracht werden – auch in die Bar, die Kirche oder das Krankenhaus. Verboten sind die Schießeisen nur in Kindergärten, Schulen, Universitäten und im Sicherheitsbereich von Flughäfen.

Demgegenüber steht Kalifornien mit den wohl strengsten Gesetzen. Käufer müssen mindestens 21 Jahre alt sein, sich registrieren lassen, ein Sicherheitstraining absolvieren und zehn Tage warten. Die restlichen 48 Staaten rangieren irgendwo zwischen Kalifornien und Nevada, jedoch mit deutlichem Drall zu letzterem. So ist in 38 Staaten keine Lizenz oder Erlaubnis für eine Handfeuerwaffe nötig und nur sechs Staaten verbieten es sie offen zu tragen.

Zwischen Einzelschuss und Dauerfeuer

Umso schneller eine Waffe feuern kann, desto gefährlicher und tödlicher ist sie. Das US-Gesetz unterscheidet deshalb auf nationaler Ebene zwischen vollautomatischen Maschinengewehren und halbautomatischen Waffen. Erstere sind in den ganzen USA streng reguliert, aber nicht komplett verboten. Besitzer müssen sich nur registrieren und Steuern zahlen. Es gibt jedoch ein Schlupfloch. Mit Schnellfeuerkolben oder "Bump Stocks" lässt sich die Feuerrate stark erhöhen und eine Halbautomatik schnell in ein Maschinengewehr verwandeln. Der Todesschütze von Las Vegas hatte im Jahr 2017 zwölf seiner Gewehre auf diese Art umgerüstet.

Halbautomatische Waffen, deren Abzug für jeden Schuss gedrückt werden müssen, gliedern sich wiederum nach der Länge in kurzläufige Pistolen und langläufige Gewehre. Erstaunlicherweise sind die Gewehre, wie das in den USA sehr beliebte AR-15, viel weniger Beschränkungen auferlegt. Bekannt wurde das "Lieblingsgewehr der Amerikaner" auch  dadurch, weil viele Amokläufer es trugen. Im Vergleich zu Pistolen muss ihr Kauf und Besitz in weniger Staaten registriert sein, sie dürfen auch in mehr Staaten offen herumgetragen werden.

"Bump Stock": So funktioniert die Vorrichtung (Quelle: CBS)

Auf den Hintergrund kommt es an

Doch was schlagen Waffengegner nun vor? Tatsächlich wollen die meisten von ihnen Waffen gar nicht verbieten, sondern nur besser kontrollieren, wer sie kaufen darf. Dafür fordern sie eine universelle Überprüfung eines Käufers, sogenannte "Background Checks". Es ist nämlich erstaunlich, wer in den USA Waffen kaufen darf. Während verurteilte Gewalttäter keinen Zugang haben, können psychisch schwerkranke Menschen oder jene, die auf der Terrorwarnliste stehen, sehr wohl im Waffenladen shoppen gehen. In 38 von 50 Staaten spielt dies aber eh keine Rolle. Auf Waffenshows darf dort nämlich jeder – ohne Überprüfung – eine Waffe kaufen. Keine Registrierung, keine Kontrolle – Knarre to Go.

Mehr als 90 Prozent der Amerikaner sprechen sich in Umfragen für universelle Background Checks aus. Warum treten also keine neuen Gesetze in Kraft? Das Problem ist eine starke Front aus republikanischen Politikern und der National Rifle Association (NRA), der mächtigen Waffen-Lobby der USA.

Unter dem Motto "Wenn nicht alle Probleme gelöst werden können, hilft gar nichts" wehren sich konservative Republikaner – und manche Demokraten – gegen jede Einschränkung der Waffengesetze. Dabei kommen sie in den Genuss von reichlich Wahlkampfspenden der NRA. Deren Rezept: Noch mehr Waffen. So hat Präsident Donald Trump erst kürzlich vorgeschlagen, Lehrer zu bewaffnen, um weitere Schulmassaker zu verhindern. Trotz aller Proteste – aktuell von betroffenen Schülern – scheint eine Änderung der aktuellen Gesetzeslage damit nicht in Sicht zu sein.

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