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Warum gibt es unterschiedliche Netzspannungen in verschiedenen Ländern?

Die Gründe für die unterschiedlichen Spannungen (nicht Stromstärken, die Stromstärke hängt vom angeschlossenen Gerät ab!) in verschiedenen Ländern sind historisch bedingt. Als die ersten Stromnetze entwickelt wurden, wurde zunächst ausschließlich mit Gleichstrom gearbeitet. Diese Stromvariante hatte jedoch ein Problem: Beim Transport über größere Entfernungen entstehen hohe Energieverluste, es kommt zu einem deutlichen Spannungsabfall. Somit war die Gleichstrom-Technik für ein weit reichendes Stromnetz nicht brauchbar.

Beim Wechselstrom hingegen kann jede beliebige Spannung ohne nennenswerte Verluste herauf- oder heruntertransformiert werden. Daher funktionieren heutzutage alle Stromnetze weltweit mit Wechselstrom. Wechselstrom hat natürlich - wie der Name schon sagt - eine periodische Frequenz, in der sich Richtung und Stromstärke ändern. Im Rahmen der Entwicklung des jeweiligen nationalen Stromnetzes wurde die Frequenz (und damit auch die Spannung) quasi »willkürlich« festgelegt. Entscheidungskriterium war dabei die Lösung, die eine optimale Ausweitung des Netzes ermöglicht und gleichzeitig die bereits vorhandene Technik nutzt. An eine Normierung der Stromnetze, der Leitungen oder gar der Steckdosen dachte zu diesem Zeitpunkt niemand nach. Die Zeit drängte, also hieß es: Die vorhandene Technik nutzen und das Stromnetz landesweit innerhalb kürzester Zeit ausweiten.Teilweise gab es aber nicht einmal innerhalb der einzelnen Länder eine Einigung: In Japan z. B. existieren heute noch zwei verschiedene Frequenzen innerhalb des Netzes!

Eine Normierung - zumindest europaweit - wird derzeit verwirklicht. Seit 1987 wird die Netzspannung in Europa »schleichend« auf 230 Volt erhöht. Die bisher in Deutschland üblichen 220 Volt finden Sie auf keinem neuen Elektrogerät mehr. Dass auch ältere Geräte nach wie vor funktionieren und nicht gleich durchschmoren, liegt an den Toleranzgrenzen, die derzeit bei plus sechs und minus zehn Prozent ober- bzw. unterhalb der normierten Spannung liegen. Als letzter Schritt wurden bis 2003 diese Toleranzgrenzen auf jeweils 10 Prozent nach oben und unten korrigiert.

Wie lange es noch dauern wird, bis die Netzspannung weltweit normiert ist, ist unklar. Eine solche Normierung ist immer eine schwierige und vor allem langwierige Angelegenheit, was man an diesem Beispiel sieht. Eine Normierung selbst »nur« europaweit dauert über 15 Jahre!

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