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Was bringen Tempolimits?

In Deutschland wird derzeit hitzig über ein Tempolimit auf Autobahnen diskutiert - als möglicher Beitrag zum Klimaschutz. Doch was bringen generelle Geschwindigkeitsbeschränkungen wirklich in Sachen CO2-Ausstoß? Und welche Folgen hätte ein Tempolimit für die Unfall- und Staugefahr auf unseren Straßen? Die wichtigsten Argumente und Fakten im Überblick.
DAL, 24.01.2019

Tempolimits sind in Deutschland nach wie vor die Ausnahme: Eine Auswertung von 2015 ergab, dass auf rund 70 Prozent aller Autobahnkilometer keinerlei Tempolimit gilt.

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Wenn Deutsche mit dem Auto ins Ausland fahren, müssen sie sich zügeln. Denn wo auf der Autobahn weder Baustelle noch Geschwindigkeitsbeschränkung zum Abbremsen zwingen, dürfen sie hierzulande zwar beliebig auf das Gaspedal treten. In anderen Ländern aber gilt oftmals ein Tempolimit.

Tatsächlich bildet Deutschland mit seiner Regelung eine von weltweit wenigen Ausnahmen. Nur in einer Handvoll anderer Staaten gibt es ebenfalls kein Tempolimit auf überörtlichen Straßen – darunter Afghanistan und Burundi. Doch mit der freien Fahrt auf unseren Autobahnen könnte es bald vorbei sein.

Drei Millionen Tonnen weniger CO2

Eine Regierungskommission, die an Vorschlägen für besseren Klimaschutz arbeitet, hat die schon häufiger diskutierte Idee eines Tempolimits wieder zum Thema gemacht. Was aber würde eine generelle Begrenzung auf Tempo 130 oder 120 wirklich bringen? Fakt ist: Je schneller Autos fahren und je häufiger sie stark beschleunigen, desto mehr Sprit verbrauchen sie – und desto höher ist der CO2-Ausstoß.

Wie viel Treibhausgase durch ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen eingespart werden könnten, hat das Umweltbundesamt auf Basis von Daten zum Geschwindigkeitsverhalten aus dem Jahr 1996 berechnet. Vorausgesetzt am Fahrverhalten hat sich seitdem nichts geändert, gilt: Bei einem Tempolimit von 120 km/h und einem Befolgungsgrad von 80 Prozent lassen sich jährlich rund drei Millionen Tonnen CO2 einsparen. Das entspricht einer Reduzierung der durch Pkw verursachten Emissionen um neun Prozent.

Tropfen auf den heißen Stein?

In Anbetracht der Tatsache, dass in Deutschland im Jahr 2017 insgesamt rund 900 Millionen Tonnen CO2 in die Luft freigesetzt wurden, mögen diese Einsparungen minimal erscheinen. Kritiker bemängeln zudem, dass es an neueren Daten fehlt, um das aktuelle Einsparpotenzial wirklich abschätzen zu können. Aber: Anders als viele andere Klimaschutzmaßnahmen ist ein Tempolimit kurzfristig und vor allem kostengünstig umsetzbar, wie Umweltschützer betonen.

Neben Vorteilen für das Klima gibt es jedoch noch weitere Gründe, die für eine Geschwindigkeitsbeschränkung sprechen könnten: mehr Sicherheit ist zum Beispiel eines der häufig aufgeführten Argumente. Wenn weniger Autofahrer rasen, kann die Zahl von Unfällen und Verkehrstoten reduziert werden – so zumindest die Theorie. Unter Verkehrsexperten ist diese Annahme jedoch umstritten.

Abgesehen von der Unfallgefahr könnten Tempolimits aber auch das Aufkommen von Staus beeinflussen.

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Flüssiger Verkehr, weniger Staus

So zweifelt etwa der ADAC den Sinn eines generellen Tempolimits an. Denn Länder mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung wie Österreich, Belgien oder die USA schnitten bezüglich des Sicherheitsniveaus auf Autobahnen nicht besser ab als Deutschland. Ähnlich sieht dies auch der Automobilclub AvD. Der Verband plädiert wie der ADAC stattdessen für punktuelle Tempolimits an bekannten Gefahrenstellen und Unfallschwerpunkten.

Abgesehen von der Unfallgefahr könnten Tempolimits aber auch das Aufkommen von Staus beeinflussen. Denn wenn alle mit der annähernd gleichen Geschwindigkeit fahren, wird der Verkehr flüssiger, Autofahrer fahren weniger riskant und müssen seltener überraschend bremsen. Diesen Effekt haben Wissenschaftler in Studien nachgewiesen – bisher allerdings nur für Tempo 80 im Berufsverkehr.

Unpopuläre Entscheidung

Verkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU hat bereits betont, dass er Überlegungen zu einem möglichen Tempolimit kategorisch ablehnt – womöglich auch, weil eine solche Entscheidung im Autoland Deutschland eher unpopulär wäre, glauben Kritiker. Der ehemalige Grünenchef Cem Özdemir sagte dazu kürzlich im ARD-Morgenmagazin: "Das ist ein bisschen so, wie wenn Sie mit Amerikanern über das Recht, Waffen zu tragen, diskutieren."

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