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Was macht uns glücklich?

Jeder strebt danach und manch einer scheitert daran: dem Glücklich-Sein. Was Philosophen seit Jahrtausenden beschäftigt, rückt inzwischen immer mehr in den Fokus moderner Wissenschaft. Forscher untersuchen, was Menschen im Leben wirklich glücklich macht – und welche Rolle die Gene dabei spielen. Was haben sie herausgefunden?
DAL, 23.05.2019

Glücklich-sein - gibt's da Regeln oder gar ein Rezept?

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"Money makes the world go round" – "Geld regiert die Welt", singt Liza Minelli im Film-Musical Cabaret. Doch gilt dieser Zusammenhang auch für unser Glück? Die alte Frage, ob Geld glücklich macht, beantwortet die Wissenschaft heute mit einem klaren "Jein". So fühlen sich Geringverdiener zwar tatsächlich meist weniger wohl als gut situierte Menschen. Sobald das Geld aber ausreicht, um gewisse Grundbedürfnisse zu erfüllen, ändert ein Mehr auf dem Konto kaum noch etwas an der persönlichen Glücksbilanz.

Bei welchem Jahreseinkommen diese Sättigung erreicht wird, dazu gibt es unterschiedliche Ergebnisse. Psychologen um Andrew Jebb von der Purdue University in West Lafayette haben kürzlich etwa errechnet, dass das ideale Jahreseinkommen in Sachen langfristiger Lebenszufriedenheit im weltweiten Durchschnitt bei rund 95.000 US-Dollar pro Person liegt. Dabei benötigen Menschen in den westlichen Ländern allerdings mehr Geld um maximal glücklich zu sein als in anderen Regionen und auch individuell gibt es große Unterschiede.

Geld, Gesundheit, Gesellschaft

Neben dem lieben Geld sind für unser Glück vor allem eine gute Gesundheit und das soziale Umfeld von Bedeutung. Familienmitglieder und Freunde, die uns helfen, die Herausforderungen des Lebens zu meistern und uns in schwierigen Situationen unterstützen, spielen eine große Rolle für das subjektive Wohlbefinden. Einsame Menschen sind dagegen häufig unglückliche Menschen.

Darüber hinaus kristallisieren sich in Untersuchungen wie dem "World Happiness Report" immer wieder Faktoren wie Freiheit, Selbstbestimmtheit und das Gefühl, in etwas gut zu sein als wesentliche Glücklichmacher heraus. Auch zum Glück anderer beizutragen, steigert unsere eigene Zufriedenheit. So zeigen Experimente: Wenn wir uns großzügig gegenüber unseren Mitmenschen verhalten, macht uns das glücklich.

Zeit mit den Freunden, Arbeitskollegen oder der Familie zu verbringen trägt bei den meisten Menschen zur Zufriedenheit bei.

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Die Rolle des Vergleichs

Auch im Kontext eines weiteren Glücksfaktors spielen unsere Mitmenschen eine entscheidende Rolle: "Im Durchschnitt sind wir weniger glücklich, wenn andere mehr oder weniger haben als wir selbst", erklärt Robb Rutledge vom University College London. Das bedeutet: Sind Partner, Nachbarn oder Freunde vermeintlich besser dran als wir, fühlen wir uns unglücklicher. Dasselbe gilt, wenn es den Menschen in unserem Umfeld schlechter geht als uns selbst. In anderen Worten: Gleichheit scheint glücklich zu machen.

Trotzdem scheint das subjektive Wohlbefinden noch von einem weiteren Faktor abhängig zu sein: unserem Erbgut. Wie sonst ließe sich erklären, dass zwei Menschen trotz ähnlicher Voraussetzungen und Lebenserfahrungen durchaus ein unterschiedliches Glücksempfinden haben können? Wissenschaftler sind sich inzwischen einig, dass Unterschiede in Sachen Lebenszufriedenheit auch unter genetischem Einfluss stehen.

Kopenhagen, eine Stadt mit viel „Hygge“ oder hyggeligem. Nicht nur der Lebensstil, auch die Veranlagung scheint bei den Dänen und ihren skandinavischen Nachbarn dem Glücksgefühl auf die Sprünge zu helfen.

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Glück ist auch Veranlagungssache

Zwillingsstudien und andere verhaltensgenetische Untersuchungen deuten darauf hin, dass jeder Mensch schon aufgrund seiner Veranlagung ein individuelles Niveau an Lebenszufriedenheit hat – eine Neigung zum Glücklich-Sein, die durch äußere Faktoren nur zum Teil verändert werden kann. Demnach wird Glück zu etwa 50 Prozent von unseren Genen bestimmt.

Inzwischen haben Forscher sogar konkrete Genvarianten identifiziert, die für das Glücksempfinden eine Rolle spielen. Derartige Unterschiede im Erbgut könnten auch erklären, warum Deutschland trotz bester Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich nie ganz vorne unter den Ländern mit den glücklichsten Bewohnern liegt. Denn tatsächlich sind bestimmte Glücklichmacher-Allele bei uns Mitteleuropäern weniger stark vertreten als etwa bei Nordeuropäern wie den Norwegern und Dänen – Landsleuten, die sich häufig als sehr glücklich bezeichnen.

Übung macht den Zufriedenen

Doch keine Sorge: Auch wenn äußere Einflüsse und genetische Veranlagung nicht optimal sind, kann man trotzdem glücklich werden. Denn auch das ist ein Ergebnis der modernen Glücksforschung: Zufriedenheit lässt sich wie eine Fremdsprache lernen. Demnach sind auch von Natur aus eher unglückliche Personen dazu in der Lage, ihr subjektives Glücksempfinden zu einem gewissen Grad zu steigern und das Glücklich-Sein regelrecht zu trainieren. An dem Sprichwort "Jeder ist seines Glückes Schmied" ist also tatsächlich etwas dran, so scheint es.

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