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Wenn Eltern zum Berufsberater werden

Junge Menschen stehen vor vielen Entscheidungen in ihrem Leben, die sie entweder selber oder mit Hilfestellung von außen treffen. Wenn es kurz vor dem Schulabschluss darum geht, die Weichen für ihre berufliche Zukunft zu stellen, sind viele Jugendliche besonders ratlos. Eine Stütze bieten oft die eigenen Eltern, die als Berufsberater fungieren und ihren Kindern Möglichkeiten zum Einstieg in die Arbeitswelt aufzeigen. Doch nicht jeder Rat der Eltern ist eine gute Empfehlung, denn der Arbeitsmarkt ist längst nicht mehr so wie zur Jugendzeit der Eltern, sondern unterliegt einem ständigen Wandel. Der folgende Artikel gibt Tipps, wie Eltern ihre Kinder bei der Berufswahl unterstützen können.

Nach Angaben der befragten Jugendlichen sind die Eltern noch vor Freunden und Bekannten die wichtigste Informationsquelle, um sich über berufliche Möglichkeiten zu informieren.

fotolia.com, Markus Bormann

Beim Übergang von der Schule in einen Beruf stehen Jugendliche vor vielen Herausforderungen: Welche beruflichen Wege sind möglich? Welcher Ausbildungsberuf oder Studiengang ist der Richtige? Gerade in dieser Phase nutzen Schülerinnen und Schüler ihr privates Umfeld, um sich über ihre beruflichen Möglichkeiten zu informieren. Die Eltern werden von 87 Prozent der Jugendlichen als Informationsquelle genannt, Freunde und Bekannte von 78 Prozent, wie die McDonald´s Ausbildungsstudie 2015 belegt. Während der Gespräche mit ihren Kindern nehmen die Eltern verschiedene Rollen ein: Vorbild, Ratgeber und Unterstützer. Die folgenden Tipps sollen Eltern aufzeigen, wie sie sich im Gespräch mit ihren Kindern am besten verhalten.

1. Frühzeitiger Austausch

Die Berufsorientierung ist ein längerer Prozess, den Jugendliche oft unterschätzen. In vielen Fällen setzen sich die Schüler erst ein Jahr oder ein halbes Jahr vor ihrem Schulabschluss mit ihren beruflichen Möglichkeiten auseinander. Eltern können dem entgegenwirken, indem sie die Berufswahl bereits zwei Jahre vor Ende der Schulzeit ansprechen. Allerdings sollten die eigenen Vorstellungen von der beruflichen Zukunft des Kindes zurückgestellt und kein Druck auf die Teenager ausgeübt werden. Im Vordergrund steht der interaktive Austausch, wobei die Eltern als erstes nur zuhören und sich auf die Wünsche sowie Vorstellungen des Kindes einlassen sollten. Im nächsten Schritt kann im gemeinsamen Gespräch eine grobe Richtung festgelegt werden, welche Ausbildungs- oder Studienberufe in Frage kommen. Anschließend haben die Jugendlichen genügend Zeit, sich auf Ferienarbeiten und/oder Praktika zu bewerben und praktische Erfahrungen in den verschiedenen Berufen sowie Unternehmen zu sammeln.

2. Persönliche Erfahrungen

Auch wenn das Thema Berufsorientierung bei einigen Eltern schon etwas zurückliegt, kann ein persönlicher Austausch hilfreich für die Teenager sein. Positive Erfahrungen, Fehler oder auch Verbesserungsvorschläge der Eltern bei ihrer eigenen Berufswahl helfen dem Nachwuchs, einen Job zu finden, der geeignet ist und den persönlichen Neigungen entspricht. Eine mögliche Diskussion zwischen Eltern und Kindern über die verschiedenen beruflichen Möglichkeiten sollte auf einer neutralen Basis stattfinden. Bewusste oder auch unbewusste Formulierungen und Handlungen, in denen die Eltern ihre Werte, Einstellungen und Wünsche zur Berufswahl äußern, können sich auf die Entscheidung der jungen Leute auswirken. Eltern sollten ihren Kindern den nötigen Freiraum geben, sich selbst zu hinterfragen und die Ernsthaftigkeit der Berufsorientierung zu verinnerlichen.

3. Analyse der Stärken und Schwächen

In dieser Phase der Berufsorientierung sind die Eltern als Unterstützer tätig. Viele Jugendliche wissen nicht, welchen Beruf sie zukünftig ausüben wollen und was ihnen überhaupt Spaß macht. Um eine bessere Entscheidung bei der Berufswahl zu treffen, ist es hilfreich, sich mit den Schulfächern, Hobbys und Interessen auseinanderzusetzen. Eltern können mithilfe einer Checkliste ein Stärken-Schwächen-Profil erarbeiten, das die Kenntnisse, Fähigkeiten und Interessen des Jugendlichen widerspiegelt. Schulfächer, in denen gute Noten geschrieben werden, sind erste Ansatzpunkte für das Profil. Doch nicht immer ist das Fach mit der besten Note gleichzeitig auch das Lieblingsfach, was im Gespräch mit den Kindern geklärt werden sollte. Ein weiterer Bereich, der Informationen über die Stärken und Schwächen aufweist, sind die Hobbys. Hinter vielen Interessen stecken wichtige Eigenschaften, die man für einzelne Berufe mitbringen muss. Übt der Jugendliche einen Mannschaftssport aus, können Teamfähigkeit, Organisation und Stressbewältigung zu den Stärken zählen.

4. Ausbildungsmöglichkeiten

Der Arbeits- und damit auch der Ausbildungsmarkt haben sich im Laufe der Zeit gewandelt, und neue berufliche Möglichkeiten sind in dem Zuge entstanden. Die Anforderungen an die Jugendlichen sind gestiegen – nicht nur durch die Wirtschaft allein, sondern auch durch das Elternhaus. Eltern drängen ihre Kinder, das Abitur zu absolvieren, um anschließend ein Studium zu beginnen. Doch nicht in jedem Wirtschaftsbereich ist der Abschluss eines Studiums auch gleichzeitig ein Garant für einen Job. Insofern haben Jugendliche, die eine Ausbildung beginnen, genauso gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt und können sich anhand von Weiterbildungen und Seminaren beruflich sowie persönlich weiterentwickeln. Der Deutsche und Europäische Qualifikationsrahmen (DQR / EQR) macht berufliche und akademische Abschlüsse vergleichbar: Wer nach abgeschlossener Ausbildung noch seinen Meister oder Fachwirt macht, ist einem Absolventen mit Bachelor-Abschluss gleichgestellt.

Eltern sollten somit ihren Horizont erweitern und eine gemeinsame Lösung finden. Um sich über die Bildungsmöglichkeiten zu informieren, bieten sich das Internet und Beratungsstellen an. Der Zugang zu Informationen über Ausbildungsberufe und (duale) Studiengänge ist durch das Internet einerseits sehr leicht, andererseits ist die Masse an Informationen kaum noch überschaubar. Hilfreich sind beispielsweise die Informationsangebote für Eltern der Online-Portale planet-beruf.de, aubi-plus.de und einstieg.com.

Der gemeinsame Austausch zwischen Eltern und Jugendlichen führt nicht nur zu einer besseren Eltern-Kind-Beziehung, sondern auch zu Zufriedenheit und Erfolg bei der beruflichen Weichenstellung des Jugendlichen. Eltern, die die Rolle des Berufsberaters annehmen, helfen ihren Kindern bei einem reibungslosen Übergang von der Schule in den Beruf.

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