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Wie Interessenten den Immobilienwert richtig ermitteln

Ob Immobilienkauf oder -verkauf: Um beurteilen können, ob der Preis einer Immobilie angemessen ist, kommt man um eine Werteinschätzung nicht herum. Wie Interessenten den Immobilienwert richtig ermitteln, erfahren Sie hier.
In den letzten Jahren hat der Immobilienmarkt einen regelrechten Boom erlebt. Selbst in den Randlagen der Städte und kleineren Kommunen sind im Bestand kaum noch Objekte zu finden, die zu Preisen von weniger als 200.000 Euro angeboten werden. Ein Grund für die hohe Nachfrage ist die Entwicklung der Kreditzinsen für Baufinanzierungen.

Hintergrund: Mit den Zinsentscheidungen der Zentralbanken sind Darlehen für Eigenheimbesitzer günstig geworden. Eine Entwicklung, die sich auch bei den Vergabesummen bemerkbar macht. Im August 2017 haben Kreditinstitute – zumindest basierend auf den Zahlen der Bundesbank – mehr als 3,74 Milliarden Euro neu vergeben. Günstiges Baugeld ist am Ende aber nur eine Seite der Medaille.

Im gleichen Maß wie die Zinssätze für Baufinanzierungen gesunken sind, haben die Preise für Immobilien angezogen. In den letzten Jahren hat am Immobilienmarkt eine stetige Verteuerung stattgefunden, die sich durch alle Bereiche zieht. Betroffen sind laut vdp Immobilienpreisindex neben Eigenheimen auch Mehrfamilienhäuser, Eigentumswohnungen und Gewerbeimmobilien.

Ganz gleich, ob man eine Immobilie kaufen oder verkaufen möchte, kommt man um eine Immobilienbewertung kaum herum. Doch welche Verfahren sind in der Wertermittlung von Immobilien heute gängige Praxis?

Was ist eine Immobilie wert? dies müssen sowohl Käufer als auch Verkäufer vorher wissen, um in Preisverhandlungen keine Fehler zu machen.

pixabay.com, nattanan23 (CC0-Lizenz)

Immobilienbewertung - welche Faktoren sind dafür wichtig?

Lage, Lage, Lage – sie ist eines der wesentlichen Kriterien, um die Bewertung einer Immobilie zu rechtfertigen. Schließlich lässt sich ein Haus nicht einfach versetzen. Und richtig ist auch, dass Aspekte wie:

  • Infrastruktur
  • Regionalfaktoren
  • Sozialfaktoren

entscheidenden Einfluss haben. Erfahrungen aus der Praxis zeigen allerdings immer wieder, wie stark die einzelnen Aspekte Veränderungen unterliegen. Verschwinden beispielsweise Arztpraxen, Apotheken und der Lebensmittelhandel in der Umgebung hat dies natürlich Auswirkungen auf die Lagebewertung. Genauso schwierig ist die Bewertung einer Immobilie in Bezug auf die Verkehrsinfrastruktur. Heißt: Auf der einen Seite wird eine gute Erreichbarkeit gewünscht. Verkehrslärm gehört allerdings zu jenen Faktoren, welche sich negativ auf den Wert auswirken. Für die Bewertung sind aber auch andere Aspekte entscheidend:

  • Technische Bewertungskriterien: Hier geht es um das Alter der Immobilie, die Qualität der Bauausführung und die Ausstattung. Hochwertige Ausstattungen können beispielsweise eine Solarthermie-Anlage auf dem Dach oder eine Sauna sein. Eine alte Rohrleitung und eine 30 Jahre alte Heizungsanlage sind hingegen wertmindernde Faktoren, da hier zeitnah eine Modernisierung ansteht.
  • Dämmung/Energieeffizienz: Gebäude, die vor 70 Jahren nach geltenden Standards errichtet wurden, erfüllen die heutigen Ansprüche an die Energieeffizienz selten. Die teils gravierend veränderten Rahmenbedingungen wirken sich natürlich auch auf die Bewertung dieser Immobilien aus. In manchen Fällen sind die Käufer einer solchen Immobilie dazu verpflichtet, diese innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf so zu dämmen, dass sie die Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung erfüllt.
  • Kapitalisierungsfaktoren: Immobilienbewertungen für Selbstnutzer fallen mitunter anders aus als für Investoren, die Mieteinnahmen erzielen wollen. Vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen Bewertung zählen Aspekte wie die Leerstandsquote, mögliche Mietausfälle, die Mieterstruktur und Wanderungsbewegungen. Ein ebenfalls nicht zu vernachlässigender Aspekt betrifft den Erhaltungs- bzw. Instandhaltungsaufwand für die Immobilie. Hier machen sich das Alter des Gebäudes und dessen Zustand bemerkbar.
Tipp: Beim Thema der wirtschaftlichen Nutzung einer Immobilie sehen Laien zuerst die Mieteinnahmen und die Kosten der Vermietung. Allerdings kommen hier auch andere Punkte zum Tragen. Dies umfasst beispielsweise die Abschreibungen, Zinsen als Betriebs-/Werbungskosten oder die Sonderabschreibungen auf Objekte, die unter Denkmalschutz stehen.

Verfahren zur Immobilienbewertung

Für die Bewertung einer Immobilie reicht es nicht, sich mit den wertsteigernden und wertmindernden Faktoren auseinanderzusetzen. Am Ende muss ein Wert stehen, der sich reproduzierbar überprüfen lässt. In der Praxis haben sich hierfür drei Verfahren durchgesetzt, die sich im Hinblick auf Genauigkeit und Komplexität unterschieden. Wie diese Verfahren zur Immobilienbewertung genau funktionieren, erfahren Sie hier. Im Folgenden sollen sie zumindest in einem kleinen Überblick vorgestellt werden:

  • Vergleichswertfahren: Beim Vergleichswertfahren geht es darum, eine Immobilie im Kontext der Marktlage zu betrachten. Heißt am Ende, dass die Immobilie im Bewertungsverfahren mit anderen ähnlichen Immobilien verglichen wird und auf diese Weise eine Bewertung stattfindet. Unterschiede werden durch Zu- und Abschläge ausgeglichen. Da das Vergleichswertfahren sich im Wesentlichen am Markt orientiert, spielen hier Lage- und Beschaffenheitsfaktoren eine wichtige Rolle.
  • Sachwertverfahren: Das Sachwertverfahren ist eine Immobilienbewertung, die auf den Faktoren Sachwert des Gebäudes, Grundstückswert und Sachwert der Außenanlagen beruht. Dieses Verfahren ist komplex und in einer Richtlinie geregelt. Basierend auf den Regelherstellungskosten, die Gutachter je Quadratmeter ermitteln, wird eine Wertminderung errechnet, je älter die Immobilie ist. Für selbstgenutztes Wohneigentum wird dieses Verfahren eher selten eingesetzt.
  • Ertragswertverfahren: Bei der Bewertung von Miet- und Gewerbeobjekten eingesetzt, fließen im Ertragswertverfahren unter anderem die Faktoren Bodenwert, Liegenschaftszins sowie die Mieteinnahmen und der Unterhalt ein. Die klare Prämisse dieses Verfahrens liegt auf dem Erzielen eines hohen Ertrags. Dies bedeutet, dass eine hochwertig ausgestattete Immobilie nicht unbedingt besser abschneiden muss als ein Gebäude mit nur durchschnittlicher Ausstattung.

Was ist sonst noch zu beachten?

Interessenten und Käufern muss klar sein, dass Bewertung und Kaufpreis stark abweichen können. So kann es sein, dass beispielsweise das Sachwertverfahren und das Vergleichswertverfahren, das den Markt abbildet, völlig unterschiedliche Ergebnisse liefern.

Letztlich hat auch die Bank ein Wörtchen mitzureden. Bevor ein Darlehen für die Hausfinanzierung vergeben wird, prüft diese in der Regel den Immobilienwert. Und hier kann es für alle Beteiligten durchaus zu Überraschungen kommen.

Die Preisermittlung sollte am besten über eine objektive Wertermittlung erfolgen - marktspezifische Entwicklungen können auf dieser Grundlage zusätzlich eingepreist werden.

pixabay.com, GregoryButler (CC0-Lizenz)

Fazit: Immobilienbewertungen sind nur der 1. Schritt

Wer als Eigentümer über den Verkauf seiner Immobilie nachdenkt, muss deren Wert kennen. Gleiches gilt natürlich auch für potenzielle Käufer. Handelt es sich um eine Wohnimmobilie zur Eigennutzung, bildet das Vergleichswertverfahren den Markt am besten ab. Aber: Hier bleibt möglicherweise der Gebäudewert hinsichtlich der Herstellungskosten auf der Strecke. Wie lässt sich dieses Dilemma lösen? In der Praxis eigentlich gar nicht. Denn wie viel eine Immobilie wert ist, bestimmt am Ende die Nachfrage.

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