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Wie weit sind deutsche Städte in puncto Klimaschutz und Klimaanpassung?

Städte sind vom Klimawandel besonders betroffen, denn die Betonwüste der Stadt speichert die Hitze und lässt Starkregen nicht versickern. Das weckt die Frage, wie weit deutsche Städte mit ihrer Anpassung an Klimafolgen wie Extremwetter sind – und welchen Beitrag sie zum Klimaschutz leisten. Ein Vergleichsstudie zeigt nun: Von 104 untersuchten Groß- und Mittelstädten steht Berlin am besten da und führt das Ranking an.
NPO / IRS, 08.09.2021

Unsere Städte stehen vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits müssen sie sich auf die bereits jetzt unabwendbaren Folgen des Klimawandels vorbereiten, andererseits müssen sie den Klimaschutz forcieren, damit die Folgen beherrschbar bleiben.

GettyImages, Marc Bruxelle

Sie sind Verursacher und Hauptleidtragende zugleich: Städte spielen im Klimawandel eine besondere Rolle. Zum einen sind sie Hotspots der Treibhausgas-Emissionen. Weil ein Großteil der Weltbevölkerung inzwischen in Städten und Ballungsräume lebt und dort auch viel Verkehr und Industrie konzentriert sind, ist der CO2-Ausstoß entsprechend hoch.

Zum anderen machen sich Klimafolgen wie die immer stärkere Erwärmung und die Zunahme von Wetterextremen wie Hitzewellen oder Starkregen in Städten stärker bemerkbar. Denn Beton und Asphalt speichern die Sonnenwärme und machen Städte schon unter normalen Bedingungen wärmer als das grüne Umland. Dieser urbane Wärmeinsel-Effekt kann bis zu zehn Grad ausmachen. In einer Hitzewelle wird es dadurch in Ballungsräumen besonders heiß.

Wie aktiv sind Städte bei Klimaschutz und -anpassung?

Möchte man diesen Klimafolgen entgegensteuern, sind Maßnahmen in zwei Bereichern gefragt: Städte als Treibhausgas-Schleudern müssen besonders stark versuchen, ihre Emissionen zu reduzieren. Das ist beispielsweise möglich, indem sie den Autoverkehr einschränken und Gebäudeeffizienz sowie grünere Industrien fördern. Parallel dazu können die Kommunen auch der Aufheizung der urbanen Umwelt entgegenwirken, indem sie Dächer und Fassaden begrünen. Um die Wassermassen bei Starkregen besser abzupuffern, können zubetonierte Flächen in Grünflächen umgewandelt werden, um so die Versickerung zu fördern.

Doch wie weit sind die deutschen Städte bei diesen Maßnahmen? Das haben nun Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) und der Universität Potsdam näher untersucht. Für ihr Ranking werteten sie Daten aus 104 Groß- und Mittelstädte in Deutschland aus, erfasst wurden dabei alle kreisfreien deutschen Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern. Anhand der bis 2018 veröffentlichten Daten zu geplanten oder umgesetzten Maßnahmen verglichen die Forschenden, wie gut diese Städte im Klimaschutz und in der Klimaanpassung abschneiden und bewerteten dies mit Punkten. Daraus entstanden je ein Städteranking für Klimaschutz und für Klimaanpassung sowie ein kombiniertes Gesamtranking.

Berlin führt im Gesamtranking, bei der Anpassung haben kleinere die Nase vorn

Das Ergebnis: Die größeren Städte führen das Ranking an – sie haben bereits am meisten zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung getan oder planen konkrete Maßnahmen dazu. Den ersten Platz im Gesamtranking und in der Rangliste der Klimaanpassung belegt dabei Berlin. In der Klimaanpassung folgt dann Karlsruhe auf dem zweiten Platz, dann Hamburg, Frankfurt am Main und Stuttgart. Unter den Top-Ten sind sieben Großstädte und die drei mittelgroßen Städte Karlsruhe, Oberhausen und Rostock.

In puncto Klimaschutz allerdings verdrängen mehrere mittlere Städte die großen Metropolen. Die ersten drei Plätze belegen hier Freiburg, Bonn und Münster. „Hier zeigt sich, dass auch Mittelstädte Vorreiter im Klimaschutz sein können, wenn ein lokaler politischer Wille und eine ausreichende Förderung zusammentreffen", erklärt Wolfgang Haupt, vom IRS. Berlin schafft es mit Rang zehn dagegen nur knapp unter die Top-Ten.

Im hinteren Bereich der drei Rankings finden sich überwiegend die kleineren Mittelstädte. „In diesen Städten scheint es besonders an Ressourcen für eine Beschäftigung mit den Themen Klimaschutz und Klimaanpassung zu mangeln. Daher sollten diese Städte bei Förderprogrammen und bei der Antragsunterstützung verstärkt in den Fokus gerückt werden“, sagt Antje Otto von der Universität Potsdam.

Weil sich seit 2018 einiges geändert hat und einige Städte beispielsweise den Klima-Notstand" ausgerufen haben, um mehr Gelder in Klimaschutz und -anpassung stecken zu können, arbeitet das Forschungsteam schon an einem aktualisierten Ranking. Dieses kann dann auch zeigen, ob und wie sich die Gewichtungen der einzelnen Städte verändert haben.

Quelle: Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS)

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