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Wissensgesellschaft kontra Almosen

Die Kompetenz für eine freie Wissens- und Innovationsgesellschaft hat die SPD. Aber hat sie auch den Ehrgeiz und den Mut diese aktiv mitzugestalten? An der Frage, ob ältere Arbeitnehmer und vor allem Arbeitnehmer, die viele Jahre eingezahlt haben, länger das Arbeitslosengeld I beziehen sollen, scheiden sich die Geister. Aktives und vorausschauendes Handeln ist möglich und nötig.

von Ina Losch-Schroeder, Bochum

Was macht der SPD-Parteivorsitzende Kurt Beck? Zieht er bereits jetzt, viele Monate vor der Bundestagswahl, die Karte "Wählt mich! Wählt Beck!" Er führt diesen Kurswechsel mit bester Absicht für die Arbeitnehmer und steuert ein Stück zurück zur alten Regelung, die bis Januar 2006 galt.

Die emotionale Diskussion wirkt jedoch polternd und unüberlegt. Ist sie ein weiterer Beweis für die Fortsetzung des Zickzackkurses der SPD? Die aktuellen Entwicklungen erfordern von allen Verantwortlichen Wissen, Präsenz und Durchhaltevermögen. Es gilt Weichen zu stellen, denn Millardenüberschüsse der Bundesagentur für Arbeit (BA) können Impulse für die Zukunft Deutschlands im Sinne einer freien Wissens- und Innovationsgesellschaft geben.

Ein Blick zurück in die aktuelle Geschichte zeigt, dass die SPD federführend die Agenda 2010 erstellt hat. Für die grundsätzlichen und einschneidenden Neureglungen sozialer Leistungen, auch in der Arbeitsförderung, muss die SPD nach wie vor teuer bezahlen. Ganze Hundertschaften von Mitgliedern kehren ihrer Partei den Rücken. Dabei ist die Agenda 2010 im Rahmen einer gesamteuropäischen Strategie zu sehen, der Lissabon-Strategie. Bereits im März 2000 beschließt die Europäische Union (EU) zusammen mit Deutschland, die EU zu dem "wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt" zu machen – "einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen." Die Agenda 2010 ist also ein großes Stück aktueller SPD-Politik der Schröder-Ära im gesamteuropäischen Zusammenhang.

Die neuen Rahmenbedingungen wirken sich nun zunehmend positiv auf das Wirtschaftswachstum aus. Es gilt zu handeln und die Früchte intensiver Arbeit zu ernten.

Was macht die CDU? Auch sie weiß von den Millardenüberschüssen der Arbeitsagentur. Hat sie nicht bereits Pläne mit entsprechenden Umsetzungsstrategien erarbeitet? Wird die CDU die Trümpfe ausspielen, die die SPD prinzipiell vorbereitet hat? Ist die SPD jedoch weiterhin ihrem Zickzackkurs treu, bleibt ihr auch zukünftig das Nachsehen. Oder hat sie den Ehrgeiz für ein zukunftsorientiertes aktives und profiliertes Handeln? Die Kompetenz dazu liegen vor allem in den von der SPD-geführten-Kernministerien, den Bundesministerien der Wirtschaft und Arbeit sowie dem Ministerium für Finanzen.

Und wie ergeht es den "einfachen" Bürger/innen? Der Einschnitt, die Arbeit zu verlieren, kann einem persönlichen Erdrutsch gleichen. Vor dem Nichts zu stehen, bringt oft soviel psychischen Stress, als hätte man einen nahe stehenden Menschen verloren. Der Wert mit einer sinnerfüllten Beschäftigung seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist für jeden von sehr großer Bedeutung. Was ist aber mit der Arbeit, die für die Gesellschaft existenzbringend ist, jedoch nicht entlohnt wird? Wie sind die unterschiedlichen Beschäftigungen einzuschätzen, ob nun mit oder auch ohne Arbeitslohn? Wie bewertet der Einzelne seinen jeweiligen Arbeitsstatus und wie wirkt sich dies in der Familie oder im Stadtteil aus?

Die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer, lange eingezahlt hat, berechtigt ihn noch nicht Unterstützungsleistungen zu fordern oder gar zu bekommen. Die Bedürftigkeit sollte doch wohl ausschlaggebend sein. Was ist beispielsweise mit denjenigen, die nicht lange eingezahlt haben, ebenfalls ihre Arbeit verloren haben und bedürftiger sind? Ist ein Arbeitsloser, der zudem Kinder hat, schlechter zu stellen?

Fakt ist, dass die jeweilige Regierungspartei im großen Stil das oft hart verdiente Geld recht einfach per Gesetz einsammelt. Die Bürger/innen bringen so unendlich große Ressourcen, personeller und finanzieller Art, auf. Beck und Co, egal welcher Partei zugehörig und unabhängig von Regierungs- oder Oppositionspartei, sollten sich dieser Potentiale wesentlich bewusster sein und damit höchst umsichtig sowie mit größtem möglichen Sachverstand umgehen.

Die populistisch Holzfällermethoden sind nicht einträglich. Nein, sie sind unerträglich. Abgestimmtes und konzertiertes Vorgehen können die Bürger/innen von ihren Bürgervertretern erwarten. Eine freie Wissens- und Innovationsgesellschaft, zu der jeder Bürger unabhängig von seinem sozialen Status oder seiner Herkunft Zugangsmöglichkeiten hat, wäre gewinnbringend. Der Zickzackkurs jedoch frei nach dem Motto "Rein in die Pantoffeln - raus aus den Pantoffeln" zeugt von einer unglaublichen Verzögerungsmentalität.

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