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Woher kommt die Tradition des geschmückten Weihnachtsbaums?

Zu Weihnachten ist er aus unseren Wohnzimmern kaum wegzudenken: der Weihnachtsbaum. Die geschmückte Tanne oder Fichte ist einfach Tradition. Doch wer nun glaubt, das ist schon seit Urzeiten so, der täuscht sich. Den Weihnachtsbaum, wie wir ihn kennen, mit Kugeln, Kerzen und Co, gibt es erst seit knapp 300 Jahren. Wir erzählen, wie es dazu kam und warum.
NPO, 23.12.2015

"O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie grün sind Deine Blätter…" – dieses klassische Weihnachtslied ist beileibe nicht das einzige, in dem ein Tannenbaum eine tragende Rolle spielt. Kein Wunder, der mit Kerzen, Lametta, Kugeln oder sonstigem Schmuck behängte Weihnachtsbaum ist bei uns einfach Tradition. Aber woher kommt dieser Brauch eigentlich? Das festzustellen, ist schwieriger als man glaubt, denn geschmückte Bäume oder Zweige gibt es schon seit der Antike. Aber mit Weihnachten hatte das Ganze noch nichts zu tun.

Traditioneller als der Weihnachtsbaum: Seit Jahrhunderten gehören Mistelzweige zur weihnachtlichen Dekoration.

thinkstock.com, Digital Vision

Lorbeerzweig und Maibaum

Die Römer feierten den Jahreswechsel mit grünen Zweigen: Zu den "Kalenden" schmückten sie ihre Häuser mit Lorbeerzweigen. Bei der Wintersonnenwende wiederum diente ein geschmückter Baum als Symbol des Neuanfangs, er sollte die Wiederkehr des Lichts und den Sieg des Lichtgotts Mithras ehren. Doch die ersten Christen dachten nicht daran, diesen Brauch für ihr Christfest zu übernehmen. Ein Baum hatte in der frühchristlichen Symbolik des Christfests keinen Platz.

Zu Zeit des Mittelalters wurden in Deutschland Haus und Hof im Winter oft mit Tanne, Mistel oder Wacholder verziert, um sich vor Gefahren zu schützen. Sehr zum Missfallen der Kirche übrigens, wie viele Verbote zu dieser Sitte aus der damaligen Zeit belegen. Geschmückte Bäume kannte man dagegen eher als Maibaum oder zum Richtfest – auch hier von Weihnachtsbaum noch keine Spur.

Die ersten Weihnachtsbäume

Die ersten Belege für einen Weihnachtsbaum, wie wir ihn kennen, stammen aus dem 16. und frühen 17. Jahrhundert. In alten Aufzeichnungen aus Straßburg heißt es: "Auff Weihnachten richtet man Dannenbäume zu Straßburg in den Stuben auf. Daran henket man Roßen auß vielfarbigem Papier geschnitten, Aepfel, Oblaten, Zischgold und Zucker." Der Kirche war dies jedoch überhaupt nicht recht: Ein Prediger kritisierte damals den "neumodischen" Brauch als Lappalie und Kinderspiel.

Dennoch ließ sich der Siegeszug des Weihnachtsbaums nun nicht mehr aufhalten. Im Laufe des 17. Jahrhunderts breitete sich der Brauch des zu Weihnachten mit Süßigkeiten und Schmuck behängten Baumes schnell im wohlhabenden Bürgertum aus. Allerdings: Lichterschmuck und Kerzen gab es damals noch nicht. Diese kamen erst um 1730 dazu – erst jetzt war der typische Weihnachtsbaum, wie wir ihn heute kennen, geboren.

Eher bürgerlich als christlich

Besonders christlich war der Baum allerdings auch damals nicht: Der Brauch war eher ein Teil des bürgerlichen Brauchtums als eine religiöse Sitte. Im Mittelpunkt stand seine Funktion als Träger von Süßigkeiten, Äpfeln und anderen Naschereien. Von den Eltern heimlich geschmückt, durfte er am Weihnachtstag im Kerzenlicht glänzen, um dann ziemlich schnell von den Kindern geplündert zu werden.

Ab 1800 wurde der Weihnachtsbaum dann allmählich von breiteren Volkschichten übernommen. Weil dadurch in der Vorweihnachtszeit viele Tannenbäume schlicht aus den Wäldern geklaut wurden, protestierte die Kirche, der viele Wälder in Deutschland gehörten. Doch auch das konnte den Weihnachtsbaum-Boom nicht mehr aufhalten. Im Laufe des 19. Jahrhunderts breitete sich der Brauch erst in protestantischen, dann in katholischen Gegenden aus. Der erste Weihnachtsbaum auf den Petersplatz in Rom wurde jedoch erst 1982 aufgestellt – auch das zeigt, dass diese Tradition keine christlichen Wurzeln hat.

Ebenfalls im 19. Jahrhundert erreicht der "Christmas Tree" Amerika und andere überseeische Gebiete, 1891 wurde erstmals ein geschmückter Weihnachtsbaum vor dem weißen Haus in Washington aufgestellt. Nach dem zweiten Weltkrieg eroberte der lichterglänzende Christbaum sogar Lateinamerika: So importierten die Begüterten in La Paz, der Hauptstadt Boliviens, gerne Tannenbäume aus Deutschland und besteckten sie am Heiligabend mit Watteflocken.

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