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Zugvögel: Wer fliegt weg, wer bleibt, wer kommt?

Jetzt geht es wieder los: Deutschlands Zugvögel machen sich langsam auf den Weg nach Süden in ihre Winterquartiere. Wer wann und wie fliegt, ist dabei ganz unterschiedlich. Die einen zieht es Richtung Afrika, die anderen bleiben in Europa. Viele reisen gemeinsam, andere lieber allein. Alle aber wollen nur eins: Deutschland verlassen!
NPO / Deutsche Wildtierstiftung, 17.09.2015

Der Süden lockt. Schon jetzt im September versammeln sich die ersten Vögel für ihren alljährlichen Zug ins Winterquartier. Und das sind gar nicht wenige: "Die meisten unserer heimischen Vogelarten sind Zugvögel – und jede Art hat dabei ihre eigene Zugstrategie", erklärt Peer Cyriacks von der Deutschen Wildtier Stiftung. "Der Trieb zum Zug ist angeboren und muss nicht aktiv erlernt werden, auch wenn die Flug-Strategien der einzelnen Arten höchst unterschiedlich sind."

Die bei uns recht seltene Trauerseeschwalbe bricht frühzeitig die Zelte ab.

Von frühen und späten Fliegern

Zu den frühen Fliegern gehören unter anderem die Trauerseeschwalben. Sie haben sich bereits Ende August auf den Weg Richtung Afrika gemacht. „In Holland legen sie am Ijsselmeer einen Zwischenstopp ein, um sich mit Fisch die nötigen Fettreserven anzufressen“, erklärt Cyriacks. Nach gut zwei Wochen setzen sie dann ihren Flug fort. Rund acht Wochen später erreichen sie dann ziemlich abgemagert ihr Ziel an der westlichen Atlantikküste Afrikas.

Mittel- und Kurzstreckenzieher wie Kraniche und Gänse fliegen dagegen erst sehr spät los. Sie sind vor allem im Oktober tagsüber in typischer V-Formation am Himmel zu beobachten. Dabei unterstützen sich die Vögel gegenseitig: Kraftaufwendige Flugpositionen werden regelmäßig gewechselt. Das ist clever. Wer lange vorne geflogen ist, kann an anderer Stelle weiter hinten Energie sparen und sich erholen.

Der charakteristische Formationsflug der Graugänse spart Energie.

„Erst im späten Herbst machen sich dann die Letzten auf die Reise, um dem Nahrungsmangel im Winter bei uns auszuweichen“, erklärt Cyriacks. "Insektenfresser wie Rohr- und Laubsänger, Grasmücken und Schwalben finden nur im Frühjahr und Sommer genug Futter. Sie würden in bevorstehenden Frostperioden bei uns verhungern."

Nonstop-Flieger und Bummelanten

Aber auch in der Art, wie sie fliegen, unterscheiden sich die verschiedenen Zugvögel. Einige Arten ziehen am Tag, manche nur in der Nacht. „Es gibt Nonstop-Flieger, die den kürzesten Weg auch übers Meer nehmen; andere wieder lassen sich Zeit und fliegen nur über Land“, so Cyriaks. So fliegt eine nordamerikanische Grasmückenart auf ihrem Weg von Kanada aus nach Südamerika 2.500 Kilometer weit nonstop über den Atlantik. Auf dem Rückweg im Frühjahr wählt sie stattdessen den bequemeren Weg mit Zwischenstopp in Florida.

Wiesenweihen sind auf ihren Wanderungen ausgesprochene Langstreckenflieger.

Rekordhalter unter den Greifvögeln ist die Wiesenweihe: Ein mit einem Sender bestücktes Männchen schaffte einmal die rund 1.200 Kilometer lange Strecke von Belgien ins spanische Bilbao an nur einem Tag. Weitere Langstreckenflieger sind Weißstorch, Kuckuck, Nachtigall oder die Küstenseeschwalbe. Auch der seltene Schreiadler ist ein Langstreckenflieger. Er kann in Höhen von bis zu 2.000 Metern aufsteigen und etwa 100 Kilometer pro Stunde schnell werden. Schreiadler fliegen nicht in Formation, sondern immer paarweise. Die Jungvögel allerdings machen sich ganz allein auf den Weg.

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