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Tiny Houses: Warum kleiner besser sein kann

Winzige Häuser, deren Grundfläche gerade mal 50 Quadratmeter groß ist. Der Trend der Tiny Houses schwappt mittlerweile von den USA nach Deutschland. Die Bewohner der Minihäuser schwärmen vor allem von den niedrigen Baukosten und dem minimalistischen Lebensstil. Doch was genau hat es mit dem Trend auf sich? Warum ist der Bau in Deutschland teilweise komplizierter als in den USA? Und wie kommt man zum eigenen Tiny House?
THE, 12.04.2024
Energieeffiziente Häuser mit Sonnenkollektoren im Wald

© Eoneren, iStock

Eine winzige Holzhütte auf einem Campingplatz, eine Mikrovilla aus Beton oder einfach ein sehr kleines Haus: Tiny Houses zeichnen sich – wie der Name schon sagt – vor allem durch ihre geringe Größe aus. In der Regel sind die Minihäuser weniger als 50 Quadratmeter groß. Das ist etwa die Fläche einer Zwei-Zimmer-Wohnung. Ansonsten unterscheiden sich die Tiny Houses allerdings oft deutlich in ihren Eigenschaften. Einige können schwimmen, manche haben Räder, wieder andere sind in Bäumen platziert.

Viele der Minihäuser, egal ob schwimmend, in den Bäumen schwebend oder straßentauglich, sind jedoch auf die Autarkie der Bewohnenden ausgerichtet. Diese sollten theoretisch ohne Hilfe und mit nur minimalen externen Ressourcen wie Essen oder Strom in solchen Häusern leben können. Das energieeffiziente Design der Häuschen macht es möglich: Solarpaneele auf dem Minidach liefern Strom, Solarthermie Warmwasser und unter Umständen gibt es noch ein Regenwasserauffangbecken und einen Minigarten auf der Terrasse.

Tiny-House-Siedlung in Nijkerk, Niederlande
Je 39 Quadratmeter: Tiny-House-Siedlung in Nijkerk, Niederlande

© HildaWeges, iStock

Nachhaltiger Lebensstil und günstiges Wohnen

Der Grund für die möglichst selbsterhaltende Bauweise der winzigen Häuser ist der Wunsch vieler Bewohner, ein nachhaltiges Leben zu führen – in Zeiten, in denen alles schneller-höher-weiter sein soll, wollen sie dem Trend entgegensteuern und als Alternative auf sogenanntes Downsizing setzen, in Richtung langsamer-niedriger-weniger. Tiny Houses stellen dafür eine gute Option dar: Deren Bau benötigt wegen der geringen Größe der Häuser meist weniger Ressourcen und schont so die Umwelt. Zudem lebt man in winzigen Häusern fast zwangsweise minimalistischer, denn für überflüssige Besitztümer ist kaum Platz.

Andere Tiny-Haus-Bewohner erhoffen sich von der alternativen Wohnmöglichkeit einfach billigen Wohnraum und eine erschwingliche Altersvorsorge. Denn spätestens seit der Finanzkrise im Jahr 2008 ist bezahlbarer Wohnraum eine knappe Ressource. Damals verloren in den USA viele Menschen ihre hoch verschuldeten Eigenheime. Zusammen mit Klimawandel und zahlreichen Krisen kam allgemeine Zukunftsangst auf.

Ein Tiny Haus war daher für manche US-Amerikaner die Lösung, denn ein kleineres Haus benötigt weniger Ressourcen und hat somit niedrigere Baukosten. Ab 25.000 Euro bekommt man ein solches Mini-Haus. Für die Pioniere der Tiny-House-Bewegung war dabei der Eigentumsaspekt besonders wichtig: Das Haus gehört anders als eine Mietwohnung wirklich einem selbst und man hat bis ans Ende seiner Tage ein Dach über dem Kopf – wenn auch ein sehr kleines.

Tiny House Sojourner
Mobil und ansehnlich: Dieses auf einem Anhängerrahmen lagernde Tiny House bietet auf einer Grundfläche von 9,5 m x 2,5 m etwa 28,5 Quadratmeter Wohnfläche.

Tiny Houses in Deutschland

Ein blauer Wohnwagen mit grüner Tür, rosa Balkon und Holzstühlen als Treppe – so sieht der Bauwagen von Peter Lustig und später Fritz Fuchs von der Kindersendung Löwenzahn aus. Man könnte den bewohnbaren Bauwagen auch als Vorläufer der Tiny-House-Bewegung betrachten. Doch während gerade alternative Zeitgenossen schon lange in Wohnwägen, auf Wagenplätzen, in Schrebergartenhütten oder auf Hausbooten ihr Dasein pflegen, ist die Tiny-House-Bewegung in Deutschland noch relativ jung.

Ein Grund für die wenigen Tiny Houses in Deutschland ist die komplizierte Rechtslage im Land: komplizierte Bauvorschriften, Genehmigungspflichten und Straßenverkehrsverordnungen verhindern die Ausbreitung der Tiny Houses. Denn gerade feststehende Häuser benötigen Baugenehmigungen und längst nicht überall darf man einfach ein solches Minihaus platzieren. Bauexpertin Isabella Bosler erklärt gegenüber GEO.de: "Wenn ein Raum nicht nur als Gartenhütte benutzt wird, braucht man eine Baugenehmigung. Und das ist in Deutschland kompliziert."

Inneres enes moderne Tiny Houses
Tiny heißt klein, nicht rustikal.

© imaginima, iStock

Tiny-House-Dorf und mobile Minihäuser

Doch obwohl es eine rechtliche Herausforderung ist, in Deutschland Tiny Houses zu bauen, haben sich mittlerweile einige Leute der Sache angenommen: Im Jahr 2017 gründeten Steffi Beck und Philipp Sanders im oberfränkischen Fichtelgebirge sogar das erste Tiny-House-Dorf. "Wir haben viele Bewohner aus Hessen, aus der Frankfurter Gegend", sagt Steffi Beck. "Die Großstadt ist zu teuer. Vielen reicht es irgendwann", erzählt sie gegenüber der Frankenpost. Die Klientel ist vielseitig: IT-Experten gibt es, ebenso wie Selbstständige, eine Rentnerin und eine Konditorin.

Tiny House, Mobile Home, Wohnwagen – alles drei sind winzige Wohngelegenheiten auf Rädern. Aber wo ist dann der Unterschied zwischen den drei? Zum einen sind Tiny Houses als einzige im Trio als echte Wohngebäude konzipiert – sie haben also Strom- und Gasanschluss und sind oft mit einem Herd statt Campingkocher ausgestattet. Vor allem aber dürfen Tiny Houses, anders als Wohnwägen oder Mobile Homes, auf allen drei möglichen Grundstückarten abgestellt werden, also auf Baugrundstücken, Campingplätzen oder auf dem Wochenendplatz. Auf dem Baugrundstück wird das Tiny House dann als Haus behandelt, auf einem Campingplatz beispielsweise als Wohnwagen – dort wiederum dürfen die beräderten Miniaturhäuser allerdings nicht dauerhaft bewohnt werden.

Tiny House mit Garage
Tiny House der Luxusklasse. Das Erdgeschoss entfällt aber als Wohnfläche und wird zum größten Teil von einem Autostellplatz eingenommen.

© Wikideas1 / CC0 Public Domain

Das eigene Tiny House

Wer jetzt plant, sein Leben ebenfalls in einem Tiny House zu verbringen, hat zwei Möglichkeiten: Kaufen oder selbst bauen. In Deutschland existieren mittlerweile zahlreiche Plattformen, in denen man ein solches Minihaus käuflich erwerben kann. Klickt man sich beispielsweise durch die Webseite waipol.de, werden direkt verschiedene Optionen angezeigt, unter anderem ein Stelzenhaus oder ein Holzhäuschen mit Terrasse im Mini-Format.

Einige handwerklich begabte Zeitgenossen bauen ihre Mikrohäuser auch selbst. So zum Beispiel der damals 17-jährige Leopold Tomaschek. Er musste in der Oberstufe eine Jahresarbeit zu einem frei gewählten Thema schreiben. Leopold entschied sich für den praktischen Weg: Er baute ein Tiny House – allein. „Das Hauptproblem bestand wohl darin, dass jeder Fachmann zwar viel weiß und auch Tipps geben kann, da es sich bei meinem Tiny House aber um eines der ersten im europäischen Raum handelte und es dafür de facto keine Experten gab musste ich die endgültigen Entscheidungen doch selbst treffen“, berichtet er gegenüber kleinerleben.de.

So wie Leopold machen es viele handwerklich begabte Tiny-House-Bauer: Auf verschiedenen Plattformen, kann man sich Pläne oder sogar E-Kurse für den Bau herunterladen. Die Preise der Download-Dateien variieren dabei von kostenlos bis hin zu etwa 2.200 Euro. Hinzu kommen die Kosten für Grundstück und Material, sowie eine ganze Menge Motivation und Energieaufwand.