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Brunelleschis Domkuppel in Florenz: Geniestreich der Baugeschichte

Wem ist der Florentiner Dom geweiht?

Der Dom in Florenz ist der Muttergottes geweiht. Der Zusatz »del Fiore« (»Blume«) bezieht sich auf das Lilienwappen der Stadt und drückt damit den Bürgerstolz der Florentiner aus, der das Bauwerk seit seinen Anfängen begleitete. Die Baugeschichte war ungewöhnlich lang. Sie begann 1296 unter Arnolfo di Cambio, der bereits die enorme Breite des Langhauses von 38 Metern anlegte. Nach seinem Tod wurden die Arbeiten unter Giotto fortgesetzt. 1368 wurde nach langen Diskussionen ein Modell präzisiert, an das sich alle künftigen Baumeister halten mussten. Heftig umstritten war vor allem die Frage gewesen, wie die künftige Kuppel aussehen sollte. Zwischen 1410 und 1413 entstand zunächst ein hoher, achteckiger Tambour, der Kuppelunterbau. Das größte Problem war jedoch noch völlig ungelöst: die Kuppelkonstruktion.

Wie kam Brunelleschi zu dem Auftrag?

Die Domkuppel ist das Ergebnis eines der ersten bekannten Architekturwettbewerbe in der Geschichte. Die Wollweberzunft, die den Dombau verwaltete, lobte ihn 1418 aus. Der Florentiner Architekt, Goldschmied und Bildhauer Filippo Brunelleschi (1377–1446), der zahlreiche weitere Bauten in seiner Heimatstadt errichtete, hatte sich von jeher besonders für bau- und konstruktionstechnische Fragen interessiert. Ausgehend von der Vorstellung der idealen Architektur orientierte er sich an der spätmittelalterlichen Florentiner Tradition (etwa dem Baptisterium) sowie an der Baukunst der Antike und entwickelte daraus klar gegliederte, streng geometrisch proportionierte Räume, die den Baustil der italienischen Frührenaissance begründeten. Seine Pläne für die Florentiner Domkuppel wurden von der Zunft mehrfach als waghalsig und verrückt zurückgewiesen, bis sich Brunelleschi am Ende durchsetzen konnte und zum Dombaumeister ernannt wurde.

Wie ließ sich das Bauwerk realisieren?

Durch geniale Ingenieurskunst. Für den Bau der Kuppel wäre angesichts der riesigen Spannweite (Durchmesser über 40 Meter) eigentlich ein Bodengerüst erforderlich gewesen. Eine Gerüsthöhe von bis zu 100 Metern war jedoch nicht realisierbar. Brunelleschi löste das Problem, indem er mit einem Hängegerüst arbeiten ließ, das Zug um Zug auf den achteckigen Mauerringen der wachsenden Kuppel nach oben versetzt wurde.

Wie ist die Kuppel konstruiert?

Bahnbrechend war die Idee, die Kuppel aus zwei konzentrischen Gewölbeschalen zu errichten, deren vier Meter dicke innere Schale das enorme Gesamtgewicht trägt. Das Schalensystem besteht aus acht kastenförmigen Hauptrippen, zwischen denen 16 weitere Rippen sitzen; alle sind untereinander durch bogenförmige Querrippen verbunden, hinzu kommt ein das Ganze fixierender Ankerring aus Holz am Kuppelansatz. Auf diesem komplizierten Stützsystem ruht die dünnere zweite Schale, deren acht an der Außenseite hervortretenden Rippen zur vollendeten Erscheinung der Kuppel beitragen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt ließ Brunelleschi – immer das Gewicht und die Stabilität der Steinmassen bedenkend – die Kuppel statt mit Hausteinen mit Ziegelmauerwerk im Fischgrätverband legen. Auch der Kranz aus Konchen (große Nischen) am Unterbau sollte die gewaltigen Schubkräfte der Kuppel auffangen.

Konnte Brunelleschi sein Werk vollenden?

Fast. 1438 war der Rohbau fertig. Den Wettbewerb für die Laterne gewann Brunelleschi ebenfalls, aber erst drei Jahrzehnte nach seinem Tod wurde der Marmoraufsatz auf der Kuppel vollendet, dem der Architekt die Gestalt eines kleinen Tempels gegeben hatte.

Wussten Sie, dass …

der Florentiner Dom nach dem Petersdom, der Saint Paul's Cathedral und dem Mailänder Dom die viertgrößte Kirche Europas ist?

Brunelleschis Kuppelkonstruktion Michelangelo als Vorbild für die Kuppel des Petersdoms diente?

zwischen den Schalen der Kuppel ein Laufgang zur Kuppellaterne hinaufführt, in dem einst die Maurer in Schwindel erregender Höhe arbeiteten?

Welche Kunstwerke sind im Dom zu sehen?

Im Florentiner Dom verbinden sich Elemente der Gotik (architektonische Grundkonzeption), der italienischen Protorenaissance (Marmorverkleidung) und der Renaissance (Kuppelkonstruktion). Zusammen mit dem Campanile und dem Baptisterium bildet er eines der harmonischsten Bauensembles Italiens. Trotz vieler späterer Veränderungen haben sich zahlreiche bedeutende Kunstwerke erhalten, darunter Glasmalereien (nach Entwürfen von Agnolo Gaddi, Lorenzo Ghiberti, Donatello, Andrea del Castagno und Paolo Uccello), das Kuppelfresko von Giorgio Vasari und Federico Zuccari, die Büsten der Dombaumeister (unter anderem Arnolfo di Cambio und Brunelleschi) sowie frühe Beispiele von Majolikareliefs von Luca della Robbia und das freskierte Reiterstandbild eines Söldnerführers von Paolo Uccello (1436). Im Eingangsbereich unter Bodenniveau wurde neben Überresten der Vorgängerkirche des Doms, Santa Reparata, auch das Grab Brunelleschis entdeckt.

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