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Facebook: Lebenslauf ganz neu?

Seit Facebook 2004 von dem Harvard-Absolventen Mark Zuckerberg gegründet wurde, sind die Mitgliederzahlen rasant gestiegen. Zunächst als Netzwerk für einen bestimmten Personenkreis gedacht, sind es heute weltweit rund 845 Millionen Mitglieder (Stand: Januar 2012). In Deutschland nutzen immerhin 22 Millionen Menschen mit einem Durchschnittsalter von 27 Jahren das soziale Netzwerk, um mit Freunden in Kontakt zu bleiben, eigene Lebensabschnitte zu teilen und über Aktivitäten von Freunden auf dem Laufenden zu bleiben. Im Dezember 2011 brachte das Unternehmen eine Neuerung auf den Markt, die einen Teil der Facebook-Nutzer in Aufruhr versetzte: die Chronik (englisch: Timeline). Sie ist ein virtueller Facebook Lebenslauf, der alle im Profil gespeicherten Ereignisse einem Datum zuordnet und weitere Möglichkeiten zur Datenspeicherung bietet, wie zum Beispiel nähere Informationen zu Reisen, Schulbesuchen, Nachwuchs oder dem ersten Tattoo. Nun werden schrittweise alle Profile auf die neue Ansicht umgestellt, ohne Ausnahme.
Kim Schöffler

Facebook-Chronik in der Kritik

Schon von Anfang an wurde Facebook von Datenschützern mit Argusaugen betrachtet und der Umgang mit persönlichen Nutzerdaten bei Facebook als nicht vorbildlich beschrieben. Verkauf an Drittanbieter für personalisierte Werbung und Speicherung der Daten für die Nutzung von externen Anwendungen wie Cityville, Geburtskalender und Quiz, sorgten immer wieder für Kritik. So ist es verständlich, dass auch bei dieser Umstellung auf den neuen Facebook Lebenslauf heiß diskutiert wird. Jetzt kommt allerdings hinzu, dass die Chronik auch einem Teil der Community selbst ein Dorn im Auge zu sein scheint. Überall gründeten sich in den vergangenen Monaten Gruppen mit Namen wie "gegen die neue Facebook-Chronik" oder "Chronik löschen - wir wollen unser altes Profil wieder!". Sie sei zu unübersichtlich und fresse viel zu viele Kapazitäten, heißt es. Der Vorwurf, das Unternehmen könne mit dem neuen Facebook Lebenslauf noch mehr Daten abfischen, stimmt nur bedingt. Richtig ist, dass Facebook seine Nutzer mit der Chronik animiert, mehr Daten preiszugeben. Bleibt der Nutzer aber standhaft, ist Facebook machtlos. 

MacBook Pro, iPhone 3Gs und iPad mit Startseite von Facebook
istockphoto.com/Özgür Donmaz

Was kann die neue Chronik?

Zunächst fällt auf, dass das Layout völlig umgestaltet wurde. Die Profilseite des neuen Facebook Lebenslaufs ziert jetzt ein großes Titel- und ein kleines Profilbild. Auch die Pinnwand verläuft nun in zwei Strängen entlang der sogenannten Timeline. Direkt unter dem Titelbild befindet sich eine Leiste mit dem Aktivitätenprotokoll, das nur der Nutzer selbst sehen kann. Darüber legt er fest, welche Beiträge auf der Chronik veröffentlicht werden sollen. Ein wichtiger Punkt, denn bei der Umstellung werden plötzlich alle Beiträge sichtbar - auch die von vor drei Jahren. Wer ein besonderes Ereignis hervorheben möchte, kann das über den kleinen Stern rechts von der Mitteilung machen. Dann wird der Beitrag über die Breite von zwei Spalten angezeigt. 

 

Was bot die alte Pinnwand?

Bis auf ein schlichteres Layout und weniger Einstellungsmöglichkeiten gab es keine Unterschiede. Facebook hatte allerdings schon einige Monate vor der Chronik versucht, die Nutzer an ein neues Layout zu gewöhnen. Denn plötzlich wurde eine bunte Auswahl an Bildern direkt über den Statusmeldungen eingeblendet - also ein Vorbote des heutigen Titelbildes. Und oben rechts erschien ein kleines Abbild des Profilbildes. Durch die einspaltige Aufmachung war sie übersichtlicher, finden viele. 

 

Was ändert sich für Unternehmen- und Fanpages?

Das größte Ärgernis für Unternehmen- und Fanseiten-Betreiber ist, dass es keine Startseiten mehr gibt, auf die Nichtfans hingeführt werden können. Die einzige Möglichkeit, Nutzer weiterhin auf einen bestimmten Reiter zu lenken, lässt sich über Anzeigenschaltungen regeln. Andererseits kommt Facebook dieser Nutzergruppe mit dem Titelbild eindeutig entgegen. So erhält jede Seite einen individuellen Touch, der auf den alten Seiten fehlte. 

 

Was muss bei der Umstellung beachtet werden?

Für die Umstellung auf die Chronik sollte man je nach Umfang der alten Pinnwand-Einträge etwas Zeit einplanen. Denn jeder einzelne Beitrag muss bzw. kann der Chronik zugeordnet werden oder eben nicht. Für ältere Beiträge gibt es hingegen eine pauschale Einstellung, die aber nicht rückgängig gemacht werden kann. Die Wahl des Titelbildes muss getroffen werden und das Wichtigste: die Sicherheit! Zwar verspricht Facebook, dass die alten Privatsphäre-Einstellungen vollständig übernommen werden, doch Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Abschließend sollte jeder Nutzer prüfen, wie seine Seite für andere aussieht. Vor allem für Nicht-Freunde und Facebook-Fremde. Für letzteres gibt es unter dem Button Privatsphäre einen Haken für die öffentliche Suche. Ist dieser deaktiviert, erscheint bei der Eingabe des Namens in einer Suchmaschine keine Vorschau auf das Facebook-Profil. Für die Umstellung haben die Nutzer eine Woche Zeit, bevor das Profil für alle sichtbar freigeschaltet wird. 

 

Was ist das Fazit?

Zyniker würden Facebook als reine Datensammelmaschine bezeichnen, die Geld mit Werbung verdient. Wer dort ein Profil anlegt, muss sich darüber im Klaren sein, dass er ein Instrument für das Unternehmen ist. Wenn die Nutzer sich diese Tatsache allerdings bewusst machen und sorgsam mit der Preisgabe ihrer Daten umgehen, bietet Facebook mehr Vorteile als Nachteile. Kritiker sagen auch dort, dass die Verlagerung "echter" Kontakte in die virtuelle Welt katastrophale Folgen hat, doch das ist immer noch eine persönliche Entscheidung. Die Chronik allerdings ändert nichts an den Grundsätzen von Facebook, in erster Linie ein soziales Netzwerk zu sein. Wenn man weiß, sich zu schützen. Denn neben all der Kritik ist die Umstellung vor allem eines: ein guter Grund für einen Frühjahrsputz!

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