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Gentests – Ein Muss für jeden?
Chromosomen unter dem Mikroskop
Junge Erwachsene stehen immer öfter vor der Entscheidung, einen Gentest zu machen oder nicht. Aber was sind diese Gentests überhaupt? Um diese Frage zu beantworten, muss man wissen, dass der Mensch 23 verschiedene Arten von Chromosomen besitzt. Sie enthalten unser gesamtes Erbgut. In jeder Zelle befinden sich jeweils zwei Chromosomen von der gleichen Art. Sie beherbergt also insgesamt 46 Chromosomen. In Geschlechtszellen (Eierzelle, Samenzelle) sind wiederum nur 23 Chromosomen enthalten. Die andere Hälfte trägt der Geschlechtspartner bei. Bei einem Gentest werden einem Patienten die 46 Chromosomen entnommen und unter dem Mikroskop betrachtet. Jetzt wird nachgezählt. Sind alle Chromosomen da oder fehlt eins? Es kann auch sein, dass es ein Chromosom zu viel gibt. Zum Beispiel das 21. Dies nennt man dann Trisomie 21, besser bekannt als das Down-Syndrom.
Jetzt, wo wir die Grundlagen kennen, können wir Vor- und Nachteile eines solchen Gentests suchen. Gut daran ist unter anderem, dass sie meistens ungefährlich sind, vor allem die neue Generation. Ein gutes Beispiel ist der vorgeburtliche Test auf das Down-Syndrom. Früher hat man einen Teil vom Mutterkuchen entfernt, um dort dann die Chromosomen des Kindes zu überprüfen. Zu diesen Zeiten gab es aber ein Risiko, und zwar starb durchschnittlich jedes hundertste ungeborene Kind an diesem Eingriff. Nun ist eine viel sicherere Methode entwickelt worden. Da das ungeborene Kind ständig Zellen abstößt, so wie wir auch, gelangen diese Zellen in das Blut der Mutter. Man ist heute soweit, dass man eben diese Zellen aus dem Mutterblut “fischen” kann. So kann man nur durch eine Blutentnahme die Gesundheit des Kindes prüfen.
Auswirkungen auf den Patienten
Gentests haben aber nicht nur Vorteile! Es gibt auch eine dunkle Seite dieser Tests. Wenn dabei eine negative Veränderung des Erbguts festgestellt wird, kann es dramatische Auswirkungen auf den Patienten haben, vor allem wenn dieser jung ist. Stellt euch mal Folgendes vor: Ein 20-Jähriger erfährt, dass er eine schwere Veränderung des Erbguts hat und höchstwahrscheinlich bald sterben wird. Wie stark verändert sich sein Leben? Wird er jeden Tag so leben, als wäre es sein letzter? Wird er in Depressionen versinken? Lebt er seine womöglich letzten Tage wirklich bewusster? Es läuft alles auf eine entscheidende Frage hinaus, die auch uns “normale” Menschen betrifft: Will man seinen Todestag wissen?
Nicht weniger kompliziert wird es, wenn man weiß, dass ein verändertes Erbgut nicht automatisch eine Genkrankheit bedeutet. Wenn bei einem Patienten eine für die Eisenspeicherkrankheit typische Veränderung auftritt, heißt es noch lange nicht, dass er diese leberschädliche Krankheit auch wirklich bekommt. Nein, ganz im Gegenteil, nur bei zehn Prozent der Patienten tritt sie auf. Die Wahrscheinlichkeit, diese Krankheit zu entwickeln, steigt aber stark an. Kommen wir wieder zum 20-Jährigen zurück. Er weiß nur, dass er diese Veränderung des Erbguts hat. Wenn der junge Mann jetzt zu verschwenderisch oder depressiv lebt und die Krankheit nicht auftritt, vermauert er sich einen weiteren erfolgreichen Lebenslauf. Sein Leben ist zerstört und es wird sehr schwer, dieses wieder “normal” zu führen.
So, nachdem ein junger Erwachsener sich informiert und alle Vor- und Nachteile herausgeschrieben hat, wird es jetzt Zeit für die Entscheidung. Sie ist der schwerste Teil des Ganzen. Macht es einen Sinn, diesen Test durchzuführen? Wie werde ich reagieren, wenn der Test positiv ausfällt? Werde ich mit den Konsequenzen leben können? Diese Fragen muss man jetzt für sich beantworten. Ich würde den Gentest nur jemandem empfehlen, der sich bewusst ist, welche Folgen dieser haben könnte. Außerdem sollte der Patient “stark” sein und bei einem positiven Ergebnis sich nicht das Leben vermauern. Man soll das Leben leben können, egal ob man jetzt ein höheres Krankheitsrisiko hat oder nicht. Bei einem Test auf das Down-Syndrom zählen auch ethische und religiöse Ansichten. Wer ein krankes Kind sowieso nicht abtreiben lässt, sollte auch den Test nicht machen. Wer es aber überhaupt nicht schafft, entweder aus psychischen oder physischen Gründen, mit so einem Kind zusammen zu leben, sollte diesen Test unbedingt durchführen. Ich kann aber auch nur eine grobe Empfehlung geben. Am Ende zählt allein eure Entscheidung.
Über den Autor:
Marcel Fortus, 14, besucht am Dürer-Gymnasium in Nürnberg eine Klasse für hochbegabte Kinder. Er ist Stipendiat der Roland Berger Stiftung und Chefredakteur der Schulzeitung. In seiner Freizeit geht er in einen Schach-, Judo-, und Schwimmverein und schreibt gerne Kriminalromane.