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Tonga – Feuerberg verborgen im Meer

Der Vulkanausbruch des Unterwasser-Vulkans Hunga Tonga-Hunga Ha'apai am 15. Januar 2022 war so heftig, dass er noch tausende Kilometer weit entfernt zu spüren und hören war. Die Südsee-Insel Tonga wurde völlig von Asche bedeckt und ihre Bewohner haben seit dem Ereignis immer noch mit den Folgen der weltweit stärksten Eruption seit 1991 zu kämpfen. Was aber war die Ursache des heftigen Ausbruchs?
JFR

Auf diesem Satellitenbild sind die gewaltigen Abmessungen der Eruptionswolke zu erkennen.

NOAA

Am Morgen des 15. Januar 2022 schleuderte der Unterwasser-Vulkan Asche und Gesteinsbrocken bis zu 30 Kilometer hoch in die Stratosphäre. Die Eruption löste Tsunamiwellen aus, die Teile des Königreichs Tonga komplett überrollten und sogar noch an den Küsten von Japan, Alaska und Südamerika zu spüren waren. Tongas Regierung bestätigte seit dem Ausbruch drei Tote und die Zerstörung vieler Häuser.

Wie es auf den kleineren Inseln aussieht, vermag bisher noch keiner zu sagen, denn weite Teile des Königreichs sind von der Außenwelt abgeschnitten: Ein zerstörtes Tiefseekabel stört die Kommunikationswege. Außerdem gefährdet eine dicke Schicht aus Vulkanasche weiterhin die Gesundheit der Tongaer und hindert Hilfsflugzeuge mit lebensnotwendigen Wasservorräten aus Neuseeland an der Landung. Die Satellitenbilder des Vulkanausbruchs waren ohne Zweifel spektakulär, doch was verrät ein Blick unter die Meeresoberfläche?

Wie entstehen Vulkane unter Wasser?

Vulkane kennen wir hauptsächlich als klassische Feuerberge wie in Italien oder Island, aus deren Öffnung entweder Lava herausschießt oder Adrenalin-Junkies reinklettern. Doch tatsächlich finden zwei Drittel aller Vulkanaktivitäten unter Wasser statt. Von ihnen bekommen wir daher meistens gar nichts mit.

Doch erstmal zurück zum Beginn eines Vulkanlebens: Ursprung von Vulkanen sind heiße Massen zähflüssigen Gesteins, die im Erdmantel zirkulieren. Normalerweise verhindert die feste Erdkruste, dass dieses Magma an die Erdoberfläche dringt. Doch dort, wo zwei Erdplatten aneinandergrenzen, ist diese Deckschicht gewissermaßen "undicht": Magma kann durch Risse in der Erdkruste nach oben steigen und dabei so viel Druck entwickeln, dass die glutflüssige Gesteinsschmelze in Fontänen aus der Erde schießt – ein Vulkan bricht aus.

Sobald das Magma an die Oberfläche getreten ist, wird es als Lava bezeichnet und kann, wenn es aufgrund der niedrigen Temperatur abkühlt, erstarren. Im Laufe der Zeit türmen sich diese erstarrten Lavaströme und weitere vulkanische Auswürfe zu immer höheren Bergen auf und formen die uns bekannten Vulkane.

Die Entstehungsgeschichte von Vulkanen bleibt gleich, egal ob unter Wasser oder auf dem Land. Unterwasser-Vulkane erreichen jedoch selten die Oberfläche und noch seltener bilden sie stabile Vulkaninseln. Normalerweise versinken diese Inseln sogar häufig wieder im Meer, da die von ihnen gebildeten Gesteinsschichten eher instabil sind.

Die Caldera auf der Landbrücke, die 2014 die beiden Inseln Hunga Tonga und Hunga Ha'apai miteinander verband.

NASA's Goddard Space Flight Center/Damien Grouille/Cecile Sabau

Der Tonga-Vulkan vor dem Ausbruch

Doch nicht so beim südpazifischen Unterwasser-Vulkan im Königreich Tonga: Dieser Vulkan ist 1.800 Meter hoch und 20 Kilometer breit und hat erstmals bei einer Eruption im Jahr 2009 die Meeresoberfläche erreicht. Bei einem Ausbruch Ende 2014 spuckte der Vulkan erneut über Monate glühendes Gesteinsmaterial an die Oberfläche, bis schließlich eine kleine Spitze mit einem komplizierten Namen aus dem Meer herausragte. Die Namen von Vulkanen sind immer wenig einprägsam, haben aber im Falle Tongas tatsächlich einen Sinn. Hunga Tonga und Hunga Ha'apai sind nämlich eigentlich zwei Inseln, also die zwei höchstgelegenen Punkte des Vulkans, nur verbunden durch den Vulkankrater, auch genannt Caldera.

Im Dezember 2021 war der Vulkan bereits einige Male aktiv. Die Ausbrüche waren zwar nicht so stark, aber sie sorgten dafür, dass sich die Vulkaninsel um fast 50 Prozent vergrößerte. Denn die Lava, die der Vulkan spuckte, erstarrte und fügte dem bereits bestehenden Vulkan neue Gesteinsschichten hinzu. Bis zu seinem explosiven Ausbruch Mitte Januar verhielt sich der Vulkan dann weitgehend ruhig.

Vulkane und Meerwasser – Gefährliche Kombi

Unmittelbar vor dem aktuellen Ausbruch lag die Caldera des Vulkans etwa 150 bis 200 Meter unter dem Meeresspiegel. Damit hatte sie genau die richtige Lage für eine sehr starke explosive Interaktion zwischen Magma und Meerwasser, erklärt der Vulkanologe Shane Cronin von der Universität in Auckland, Neuseeland.

Wenn Wasser auf Magma trifft, erhitzt das Magma das Meerwasser, welches schlagartig verdampft. Der Wasserdampf dehnt sich dabei auf das 1.000- bis 3.000-fache Volumen der Wassermenge aus und pulverisiert die Lava zu Asche. So kam es zu der riesigen Wolke aus Gasen, Wasserdampf, Gesteinspartikeln und Asche, die sich mit hoher Geschwindigkeit ausbreitete. Hätte der Krater deutlich tiefer gelegen, hätte der Ozean die Explosion durch den hohen Druck des Wassers um einiges abschwächen können.

Der Ausbruch eines Vulkans unter Wasser kann außerdem verheerend sein, weil die plötzliche Erschütterung und Verdrängung des Meerwassers durch die Eruption einen Tsunami auslösen kann. Dabei sind nicht nur die vulkanischen Eruptionen Wellenauslöser, sondern die Aktivität des Vulkans kann auch dazuführen, dass Vulkanhänge abrutschen und Tsunami-Wellen auslösen.

Die dabei gebildeten Flutwellen sind deutlich energiereicher, länger und höher als normale Wellen. Zum Vergleich: Eine normale Welle braucht etwa 15 Sekunden, um an der Küste zu brechen und sich wieder zurückzuziehen. Doch als beispielsweise die vom Hunga Tonga-Hunga Ha'apai verursachten Tsunami-Wellen auf Australien trafen, waren diese zwar nur etwa einen Meter hoch, aber hielten für fast 30 Minuten an.

Auf den Inseln in der Nachbarschaft des Vulkans richteten bis zu 15 Meter hohe Tsunamiwellen schwere Schäden an. Überall liegt vulkanische Asche.

NZ Defence Force / CC-BY 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0

Vulkan-Szenarien

Obwohl das Wasser Mitauslöser der heftigen Eruption war, hat es noch schlimmere Auswirkungen verhindert, da die Lavaströme keine umliegenden Siedlungen gefährden konnten. Der letzte vergleichbare Ausbruch des Vulkans Pinatubo auf den philippinischen Inseln im Jahr 1991, bei dem trotz Evakuierungsmaßnahmen 875 Menschen starben, erreichte Stufe sechs auf dem achtstufigen Vulkanexplosivitätsindex.

Bei dem Untersee-Vulkan in der Südsee war es die Stufe fünf. Ein vergleichbarer Ausbruch eines Landvulkans der Stufe fünf, war der Ausbruch des Mount St. Helens 1980 im US-Bundestaat Washington, bei dem 57 Menschen ums Leben kamen. Die Eruption ließ den gesamten nördlichen Berggipfel herabrutschen und verursachte Lavaströme, die mit einer Geschwindigkeit von 400 Kilometern pro Stunde den Berg herunterrasten.

Wie steht es um die Aktivität des Vulkans in der nächsten Zeit? Der Geochemiker Oliver Nebel von der Monash University in Melbourne hat leider keine beruhigenden Worte für die Zukunft: "Ich glaube, dass er in den kommenden Tagen, Wochen, Monaten erneut ausbrechen wird".

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