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Warum sind Kometen manchmal grün?

Schon seit Tausenden von Jahren bestaunen Menschen Kometen am Himmel – geschweifte Himmelskörper aus den fernen Weiten unseres Sonnensystems. Typisch für Kometen ist aber nicht nur ihr Schweif aus Staub und Gas – viele von ihnen haben auch einen auffallend grün leuchtenden Kopf. Doch woher kommt diese ungewöhnliche Färbung? Und warum ist der Kometenschweif niemals so grün?
NPO, 29.12.2021

Ob Lovejoy, Neowise oder, wie hier zu sehen, Leonard: Bei vielen Kometen leuchtet der "Kopf" auffallend grün, merkwürdigerweise aber nie ihr Schweif.

GettyImages, Franco Tognarini

Ein Komet verbringt den größten Teil seines Lebens in eisiger Kälte und Dunkelheit. Denn seine Flugbahn führt ihn weit hinaus in die äußeren Gefilde unseres Sonnensystems jenseits des Pluto. Viele langperiodische Kometen verbringen dort tausenden von Jahren und durchfliegen jeweils nur für kurze Zeit das innere Sonnensystem. Solange ein Komet in Sonnenferne kreist, ist er inaktiv und nahezu unsichtbar. Er besitzt dann weder Schweif noch die den festen Kern umgebende Hülle aus Staub und Gas, die Koma.

Ein Komet erwacht

Das aber ändert sich, wenn der Komet sich der Sonne und dem inneren Sonnensystem annähert. Die zunehmende Sonneneinstrahlung und Wärme lässt ihn dann allmählich erwachen – er wird aktiv. Dabei beginnt die äußere Eisschicht, vom gefrorenen in den gasförmigen Zustand zu wechseln. Diese Ausgasung reißt Staubkörnchen von der Kometenoberfläche mit ins All hinaus. Gas und Staub bilden die Kometenhülle, die den "Kopf" des Kometen durch reflektiertes Sonnenlicht aufleuchten lässt.

Wenig später bildet sich auch der Schweif, der den Kometen den Beinahmen "Schweifstern" eingebracht hat. Da der Gasschweif vom Sonnenwind geformt wird, bildet er sich immer auf der sonnenabgewandten Seite des Kometen und ist in der Regel gerade. Manchmal bildet ein Komet aber auch einen zweiten, stärker gekrümmten Schweif. Er entsteht durch kleine ungeladene Staubteilchen, die durch den Strahlungsdruck des Sonnenwindes aus der Koma geblasen werden.

Die Grafik veranschaulicht, wie Kometen zum Leuchten gebracht werden. Nähert sich der Komet der Sonne, erzeugt der Sonnenwind um den Kometen zuerst eine nebelige Hülle - die Koma. Dann wachsen dem Kometen zwei Schweife - ein bläulicher Gasschweif und ein diffuser weißlicher Staubschweif. Die grüne Färbung ist zwar typisch für Kern und Koma vieler Kometen, tritt aber nie am Kometenschweif auf.

Doppelter Kohlenstoff als "Färbemittel"

Das Auffallende dabei: Kometen leuchten oft nicht einfach nur weißlich, sondern sind teilweise sogar intensiv gefärbt. Meist erstrahlt der Kometenkopf dabei in einem intensiven grün, der Schweif hingegen bleibt entweder weißlich oder hat eine gelblich-rötliche bis sogar ins violette spielende Farbe. Was aber macht den Kern und die Koma des Kometen so grün? Und warum ist nicht auch der Schweif genauso grün gefärbt?

Schon länger ist bekannt, dass die grüne Färbung des Kometenkopfs auf ein bestimmtes Molekül zurückgeht: den aus zwei Kohlenstoffatomen bestehenden Dikohlenstoff (C<sub>2</sub>). Dieses Molekül findet sich in Flammen, Kometen, Sternen und dem diffusen interstellaren Medium. Es entsteht, wenn organische Verbindungen in Abwesenheit von Sauerstoff und anderen geeigneten Reaktionspartnern zerfallen.

Wenn sich ein Komet dem inneren Sonnensystem nähert, ist sein Kern immer stärkerer UV-Strahlung von der Sonne ausgesetzt. Ab einer bestimmten Intensität führt dies dazu, dass die Strahlung die mit seinem Eis und Staub vermischten kohlenstoffhaltigen Verbindungen zerstört. Dabei entsteht Dikohlenstoff, der sich dann von der Kometenoberfläche bis in seine Gashülle ausbreitet. Im Licht der Sonne erscheint der Komet durch dieses Molekül nun grünlich.

Test in der Vakuumkammer

Allerdings erklärt das noch nicht, warum nur der Kopf des Kometen grün wird und nicht der Schweif. Eine Hypothese dazu stellte der Physiker Gerhard Herzberg in den 1930er Jahren auf. Er vermutete, dass Dikohlenstoff bei zu starker Sonnenstrahlung weiter zerfällt. Wenn dies relativ schnell geschieht, dann könnte es sein, dass die Moleküle schon zerfallen, bevor sie von der Kometenoberfläche in den Schweif geweht werden können. Das würde erklären, warum er Kometenschweif nicht grün ist.

"Aber diese Photodissoziation des Dikohlenstoffs wurde nie direkt beobachtet und der Mechanismus dieses Zerfalls ist ungeklärt", erklärt die Chemikerin Jasmin Borsovszky von der University of New South Wales in Australien. Das Problem besteht darin, dass der Dikohlenstoff nur unter ganz speziellen Bedingungen entsteht und dann sehr schnell wieder mit anderen Molekülen reagiert. Daher ist es schwer, das Molekül im Labor herzustellen und lange zu halten.

Komet C/2020 F3 NEOWISE zeigt neben der Grünfärbun zwei klar definierte Schweife. Der blaue Ionenschweif unten zeigt direkt von der Sonne fort und wird vom fließenden, geladenen Sonnenwind angetrieben. Der rötliche Staubschweif wird vom Sonnenlicht angetrieben.

GettyImages, rwittich

Zu viel UV-Strahlung zerstört die Farbe

Doch Borsovszky und ihren Team ist es nun gelungen, den Zerfall des Dikohlenstoffs direkt zu beobachten. Dafür beschossen sie ein organisches Vorläufermolekül mit einem starken UV-Laser und erzeugten so Dikohlenstoff. Dieser wurde durch eine Vakuumkammer geleitet und dort erneut mit UV-Lasern beschossen. Über Teilchendetektoren und Spektrometer konnten die Forscher dann die erfassen, in welchem Zustand die Dikohlenstoff-Moleküle waren und ob sie durch den Strahlenbeschuss zerfallen waren.

Und tatschlich: Wie vor gut 90 Jahren von Herzberg vermutet, führt eine zu starke UV-Bestrahlung dazu, dass das grüne Dikohlenstoff-Molekül zerfällt. Bei einem Kometen im inneren Sonnensystem dauert es dabei rund 44 Stunden, bis ein solches der UV-Strahlung nachgibt und zerstört wird. Das bedeutet auch, dass dieser Zerfall schneller abläuft als der Transport dieser Moleküle von der Kometenoberfläche in den Schweif. "Das erklärt, warum der Schweif des Kometen nicht grün ist und auch, warum die grüne Koma schrumpft, wenn der Komet der Sonne näher kommt", erklären die Forscher.