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Was macht eigentlich der Deutsche Entwicklungsdienst?

Vor 60 Jahren, am 24. Juni 1963, wurde der Deutsche Entwicklungsdienst gegründet – um ärmeren Ländern durch Kooperationsprojekte und Helfer vor Ort beim Kampf gegen Armut, Krankheit und andere Missstände zu unterstützen. Seitdem sind deutsche Entwicklungshelfer rund um die Welt im Einsatz. Doch worin bestehen ihre Aufgaben? Wie sieht der Alltag eines Entwicklungshelfers aus? Und wozu braucht es Entwicklungshilfe überhaupt?
AMA, 23.06.2023
Symbolbild Entwicklungsdienst

© kali9, GettyImages

Der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) entstand 1963 nach dem Vorbild des US-amerikanischen Friedenscorps, der zwei Jahre zuvor ins Leben gerufen worden war. Bei der Gründungsfeier des DED waren daher nicht nur Bundespräsident Heinrich Lübke und Bundeskanzler Konrad Adenauer zugegen, sondern auch US-Präsident John F. Kennedy. Bereits 1964 reisten die ersten 110 Entwicklungshelfer des DED nach Tansania, Libyen, Afghanistan und Indien. Bis 1994 sollte diese Zahl auf stolze 10.000 gestiegen sein.

Was macht der Deutsche Entwicklungsdienst?

Seit 60 Jahren entsenden der Deutsche Entwicklungsdienst und seine Nachfolgeinstitutionen Entwicklungshelfer in ärmere Länder. Sie sollten der dortigen Bevölkerung Hilfe zur Selbsthilfe leisten und ihnen bei der Überwindung der Armut helfen. Dabei geht es weniger darum, die Probleme anderer Staaten für diese zu lösen, sondern ihnen stattdessen nötige Kompetenzen zu vermitteln, damit sie selbst aktiv werden können. Zu den Bereichen, in denen die Entwicklungshilfe aktiv ist, gehören zum Beispiel die Demokratie, die Wirtschaft, die Gesundheitsversorgung und der Frieden.

Im Jahr 2011 fusionierte der DED mit der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und der Internationalen Weiterbildung und Entwicklung gGmbH ⁠(InWEnt⁠) zur Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ⁠). Im Geiste ihres Vorgängers koordiniert aber auch die GIZ-Projekte zur Entwicklungshilfe und entsendet ihre Vertreter in bedürftige Länder. Aktuell sind rund 850 Entwicklungshelfer der GIZ im Einsatz. In Afrika, Asien, Zentralasien, Lateinamerika und Nahost beraten sie Partnerorganisationen und helfen ihnen dabei, Entwicklungsziele selbständig und unter Einbindung der lokalen Bevölkerung zu erreichen.

Wozu braucht es Entwicklungshilfe?

In Deutschland gibt es insgesamt sieben offiziell anerkannte Organisationen, die Entwicklungshelfer ins Ausland entsenden. Allesamt sind laut Bundesamt für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unentbehrlich. Demnach sprechen für die Entwicklungszusammenarbeit unter anderem die europäischen Grundwerte und dass Wohlstand verpflichtet: „Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun. Unsere Kultur basiert auf dem Ideal, dass die Starken die Schwachen unterstützen. Und im deutschen Grundgesetz steht: ‚Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen‘“, heißt es auf der Webseite des BMZ.

Gleichzeitig argumentiert das Ministerium aber auch damit, dass die Entwicklungszusammenarbeit ebenso den Menschen in Europa hilft: „Wenn wir unseren Lebensstandard in Europa erhalten wollen, müssen wir die Umwelt schonen, das Klima schützen und uns für weltweiten Frieden, Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Entwicklungszusammenarbeit hilft, diese Herausforderungen zu bewältigen.“ Und weiter: „Gewaltsame Konflikte oder Finanz- und Wirtschaftskrisen in Europa, Afrika, Asien oder Südamerika führen auch in Deutschland zum Verlust von Arbeitsplätzen.“ In gewissem Maße erfüllt Entwicklungshilfe also auch einen Selbstzweck für die Länder, aus denen sie stammt.

Metallarbeiter an einer CNC-Maschine
Nützlich für GIZ-Mitarbeiter sind zum Beispiel Erfahrungen aus der Landwirtschaft, der Medizin oder dem Handwerk.

© ProfessionalStudioImages, GettyImages

Entwicklungshilfe in der Kritik

Genau dieser Selbstzweck rückt Entwicklungshilfe häufig in die Kritik. Ihr wird vorgeworfen, ausschließlich Eigeninteressen reicher Länder zu verfolgen und ärmere Länder nur noch mehr von den Industrienationen abhängig zu machen. Auch wird hin und wieder kritisiert, dass Hilfsgelder entweder aufgrund von Korruption gar nicht erst an ihrem Zielort ankommen oder vom Empfängerland als „Freifahrtschein“ genutzt werden, um keine Eigeninitiative mehr zeigen zu müssen.

Dagegen argumentiert das BMZ: „Moderne Entwicklungszusammenarbeit hat nichts mit den früheren Vorstellungen von ‚Entwicklungshilfe‘ und dem Verteilen von Almosen zu tun. Sie basiert auf einer partnerschaftlichen Kooperation mit gegenseitigem Lernen, fördert die Selbsthilfe und trägt dazu bei, dass Menschen sich aus eigener Kraft aus ihrer Armut befreien können.“

Während manche Kritikpunkte valider sind als andere, muss der Entwicklungshilfe trotzdem zugutegehalten werden, dass sie bereits viele positive Veränderungen in ärmeren Ländern bewirkt hat. Dazu gehört, dass heute deutlich weniger Menschen in extremer Armut leben als noch vor ein paar Jahrzehnten und dass viel weniger Kinder verfrüht sterben. Gleichzeitig haben mittlerweile mehr Menschen Zugang zu Medikamenten und Schulbildung.

Wie wird man Entwicklungshelfer?

Doch wer sind eigentlich die Menschen, die in Entwicklungsländern mit anpacken und dort drängende Probleme angehen? Offiziell gibt es keine Ausbildung oder ein Studium zum Entwicklungshelfer. Daher handelt es sich bei den ausgesandten GIZ-Vertretern ausschließlich um Quereinsteiger verschiedenster Berufsrichtungen. Nützlich sind zum Beispiel Erfahrungen aus der Landwirtschaft, der Medizin oder dem Handwerk.

Die GIZ hat verschiedene Anforderungen an potenzielle Entwicklungshelfer. So müssen diese unter anderem einen passenden Berufsabschluss für den Auslandseinsatz vorweisen, mindestens zwei Jahre Berufserfahrung haben und im besten Fall Fremdsprachen beherrschen. Was den Charakter angeht, so setzt die GIZ unter anderem Sozialkompetenz, Offenheit gegenüber anderen Kulturen und Sensibilität für interkulturelle und konfliktbezogene Fragestellungen voraus.

Der Auslandseinsatz eines Entwicklungshelfers ist zeitlich begrenzt. Er dauert mindestens ein Jahr und maximal sechs Jahre, jeweils zuzüglich einer Vorbereitungsphase. Zwar sorgt die GIZ dafür, dass der Lebensunterhalt im neuen Land voll gedeckt ist, doch eine Vergütung im klassischen Sinne ist nicht vorgesehen, da es sich um einen Freiwilligendienst handelt.

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