Auf Du und Du mit dem Traumschiff

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Vom Park Inn-Hotel in Papenburg holt uns Jan Westphal, Geschäftsführer der Papenburg Tourismus GmbH, höchstpersönlich als Chauffeur ab. Auf der kurzen Fahrt zur Meyer Werft, dem ersten Programmpunkt am 3. Wissenstag, informiert er uns in gebotener Kürze über wichtige Papenburger Fakten. Wir befänden uns hier nicht nur im Dreiländer-Eck "Emsland - Ostfriesland - Niederlande", sondern auch noch im "südlichsten Seehafen Deutschlands". Die Meyer Werft als die Hauptattraktion von Papenburg sorge für 25 Millionen Tagesbesucher und 400.000 Übernachtungsgäste im Jahr. Aber nicht nur das seien erfreuliche Zahlen: 10.000 Arbeitsplätze in der Region hingen am Schiffsbau.

Charles Kenwright

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Am Tor 1 der Meyer Werft begrüßt uns Peter Hackmann, Leiter der Unternehmenskommunikation. Die 1795 gegründete Meyer Werft ist auch in hektischen und komplexen Zeiten der Globalisierung noch ein echtes Familienunternehmen. Und zwar bereits in sechster Generation. Als einzige von 26 Werften, die Mitte des 19. Jahrhunderts in Papenburg angesiedelt waren, existiert die Meyer Werft auch heute noch. Neben Fähr- und Containerschiffen stehen Gastanker und Tiertransporter auf der Fertigungsliste, in erste Linie aber sorgen die Kreuzfahrtschiffe für das internationale Ansehen des Unternehmens. Anfangs noch direkt in Papenburg selbst gelegen, zog die Werft 1975 an den heutigen Standort am Papenburger Stadtrand. Seit Mitte der 1980er Jahre entstehen hier Kreuzfahrtschiffe. Bis heute 28 an der Zahl, die kontinuierlich weiter wächst. Schließlich sei die Meyer Werft heute schon bis ins Jahr 2014 ausgelastet. Diese Zahlen aus Hackmanns Mund beeindrucken Holger und Manuela Schühmann sichtlich.

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Genau wie das Detailwissen von Manfred Sperling, der uns in den nächsten zwei Stunden als Führer durch die Meyer Werft geleitet. Gleich wird spürbar: Hier sprechen die Fachleute miteinander! Holger Schühmann hat sich vorbereitet, stellt zahlreiche Fragen und erhält verständlich aufbereitetes Expertenwissen als Antwort. Sperling hebt immer wieder hervor, dass in der Werft "nicht-serielle Produkte" gebaut würden. Hier müsse extreme hohe Qualität geliefert werden. Und diese oft unter hohem Zeitdruck.

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Nach einem Schnelldurchlauf durch die Geschichte der Meyer Werft im beeindruckenden Besucherzentrum betreten wir die Besuchergalerie. Und kommen alle aus dem Staunen nicht heraus. "Das ist ja höher als ein Haus!", entfährt es Holger Schühmann, als er einen ersten Blick auf die "Disney Dream" wirft, die sich majestätisch hinter der Glasscheibe erhebt. Seit März 2009 baut man in Papenburg an diesem gewaltigen Luxusliner, der speziell auf Familien zugeschnitten ist. Das Design ist eine Mischung aus Art-Deco und den weltweit bekannten Disney-Elementen. Besondere Attraktion: die AquaDuck, eine Wildwasserbahn mit Kurven und Stromschnellen. Mit bis zu 25 km/h werden die Badebegeisterten durch die Rutsche in knapp 60 m Höhe über dem Meeresspiegel gespült. Die Schühmanns erfreuen sich an den "virtuellen Bullaugen", mit denen sämtliche Innenkabinen der "Disney Dream" ausgestattet sind. Hochauflösende Außenkameras übertragen in Echtzeit Livebilder von draußen. 4000 Passagiere werden auf dem 339,5 m langen Schiff von fast 1500 Besatzungsmitgliedern betreut.

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Aber auch für einen Einblick in die in Originalgröße aufgebauten Kabinen mit Balkon kann man Holger Schühmann gewinnen. Er blickt zwar nicht aufs Meer, aber immerhin auf die fast fertiggestellte "Disney Dream". "Daran könnte ich mich gewöhnen", sagt Schühmann. Und sicherlich auch an den Echtrasen, der auf dem Luxusliner für Golfspieler verlegt wird.

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"So, jetzt wird es ernst", sagt Manfred Sperling als er uns die weißen Helme in die Hand drückt. Wir kommen in den Genuss einer Führung direkt in der Werfthalle! Und da herrscht Helm- und Schutzbrillenpflicht. "Man muss sich das mal vorstellen, hier entstehen momentan drei Schiffe gleichzeitig. Und zwar unter einem Dach! Da spielt schlechtes Wetter keine Rolle mehr", äußert sich der sichtlich stolze Manfred Sperling. In der Halle 5 steht die "AIDA sol" im Wasser, fertiggestellt wird sie im Februar 2011. "Wir verarbeiten da mal eben bummelige 200 t Farbe für den Außenanstrich". Es ist laut und riecht nach Schweißarbeiten, die Funken fliegen, die Gabelstapler rollen an uns vorbei. "Auf mich wirkt das fast ein wenig chaotisch", wagt sich Holger Schühmann vor. "Ja, hier wird ganz im Gegenteil zum Hausbau in zahlreichen Gewerken simultan gearbeitet. Wir haben ein extrem hohes Maß an Gleichzeitigkeit bei der Arbeit, das wirkt dann auf Außenstehende etwas wuselig", sagt Sperling und grinst.

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Um dann weiter auszuführen: "Hier wird in drei Schichten gearbeitet, wobei mehr als 70 Prozent der Aufgaben in der zentralen Frühschicht geleistet werden. In der Mittagsschicht kommen Restarbeiten dran und nachts wird dann vor allem logistisch gearbeitet." Die "AIDA sol" ist das fünfte Schiff, das die Meyer Werft für AIDA Cruises baut. Wir fragen uns, warum bei einem Schiff mit Heimathafen Genua das schöne italienische "sole" zu "sol" verkürzt wird. Auf diese Frage muss selbst Manfred Sperling eine Antwort schuldig bleiben. Es ist das einzige Mal an diesem Tag.

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Wir wandern langsam weiter um den gewaltigen und doch so eleganten Körper der "AIDA sol" und erhalten noch mehr Einblicke in die gigantischen Werftanlagen. So verfügt die Meyer Werft seit Ende 2008 über zwei vollüberdachte Baudocks, wobei das zweite Dock eine Gesamtlänge von mehr als 500 m aufweist. Auf dem aktuellen Stand der Technik befindet sich vor allem die Laserschweißtechnik, die vor allem verbesserte Schweißnähte bietet und dazu noch eine erhöhte Schweißgeschwindigkeit. Heute arbeiten auf der Meyer Werft ca. 2500 Menschen, vor allem im Stahlbau, denn "kein Meyer-Mann hängt Gardinen auf", verrät uns Manfred Sperling. "Aber letztlich wird hier so viel zusammengeführt - vom klassischen Stahlbau über qualifiziertes Tischlerhandwerk bis hin zur topmodernen Unterhaltungselektronik eines Musical-Theaters mit perfekter Akustik."

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"Was sind denn das für gewaltige Blöcke, Herr Sperling?", fragt Holger Schühmann mit einem Blick auf mehrere Stahlkolosse. "Das sind unsere Lego-Steine", antwortet er, und bei Holger Schühmann fällt sofort der Groschen. In der Tat, hier werden wie beim Spieleklassiker aus dem Kinderzimmer aus kleinen Einzelteilen immer größere Einheiten zusammengesetzt. Natürlich müssen die Stahlteile vorab gegen Korrosion lackiert werden, bevor sie in der Plasmabrennanlage geschnitten und dann zu Paneelen zusammengeschweißt werden. Aus Paneelen werden Sektionen und aus etwa sieben Sektionen dann ein Block. Die Blöcke werden verschweißt und bilden den Schiffskörper. All diese Arbeiten, so erklärt uns unser Guide Sperling, würden natürlich vorab digital geplant. Die Folge ist eine gewaltige Zeit- und damit auch Kostenersparnis.

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"Es muss eben der richtige Mann mit dem richtigen Material zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein." Mit diesen nahezu philosophischen Worten und einem kräftigen Händedruck verabschiedet sich Manfred Sperling. Und Holger Schühmann ist jetzt ganz sicher am richtigen Ort! "Das kann man ja gar nicht toppen, was wir hier gerade erlebt haben", sagt er tief beeindruckt. Und das Bild vor dem bekannten Kussmund der "AIDA sol" ist ein gerne wahrgenommener Pflichtfototermin für die Schühmanns.

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Das von Herrn Schühmann gesuchte "Kielschwein" haben wir im Verlauf unserer VIP-Führung zwar nicht entdecken, dafür aber jede Menge beeindruckende Informationen und Ansichten mitnehmen können. Vor dem gigantischen Tor des Baudocks bleiben wir für einen Moment schweigend stehen. Hier werden die fertigen Schiffe dann in die Freiheit entlassen. "Ich muss wieder hierher kommen. Und dann möchte ich gerne mal mitfahren, wenn so ein Luxusliner über die Ems seinen Weg ins Meer findet", sagt Schühmann mit einem letzten Blick zurück auf die Werft.

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Doch der 3. Wissenstag ist noch nicht vorbei. Nach einem ausgezeichneten Fischessen im "Smutje", dem ältesten Haus am Platz, empfängt uns Gästeführerin Monika Röbe zur Stadtführung durch Papenburg. "Die älteste Fehnkolonie Deutschlands erstreckt sich auf einer Fläche, die größer ist als der Innenstadtbereich von Paris", vernehmen wir mit Erstaunen. Über vierzig Kanäle ziehen sich durch Papenburg, das in seinen Grenzen 18 km lang ist. Und das "Obenende" liegt 4 m höher als das "Untenende". Erklärt uns die Ostfriesin Röbe. So einfach ist das in Papenburg.

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Vor dem Rathaus von Papenburg liegt die "Friederike", auf der heute eine Außenstelle der Papenburg Tourismus GmbH untergebracht ist - und wo es Eintrittskarten für Besichtigungstouren auf der Meyer Werft zu kaufen gibt. Hier hat auch das Standesamt seine wackelige Heimat. "Das haben wir ja nun beides schon erledigt", meint Holger Schühmann zu seiner Frau Manuela und beweist uns stattdessen, dass auch er Leonardo di Caprio in "Titanic" gesehen hat.

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Papenburg hat aber nicht nur die Meyer Werft, sondern auch Meyers Mühle zu bieten. In dieser auch heute noch voll funktionsfähigen Mühle wird echtes Mühlenbrot gebacken.

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Als Smutje hat Holger Schühmann in seinen jungen Jahren auch schon an Bord gewirkt. Und vor dem Papenburger Restaurant "Smutje" schließt sich heute für ihn der Kreis an seinem 3. Wissenstag. "Wir werden sicher wiederkommen! Ich bin so beeindruckt, dass ich momentan nur eines sagen kann: Danke!"

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