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Die Uraufführung des Spielfilms "Die Sünderin" von Willi Forst mit Hildegard Knef und Gustav Fröhlich in den Hauptrollen führt 1951 in der Bundesrepublik Deutschland zu einer gesamtgesellschaftlichen Moraldiskussion, die weit über das eigentliche kulturelle Ereignis hinausreicht. Der Film handelt von einer ehemaligen Prostituierten (Hildegard Knef), die zu ihrem alten Gewerbe zurückkehrt, um dem geliebten, unheilbar kranken Maler (Gustav Fröhlich) eine letzte Operation zu bezahlen. Als alles nichts hilft, vergiftet sie ihn und folgt ihm in den Tod. Kirchenvertreter sehen in diesem Zusammenspiel von käuflicher Liebe, Tötung auf Verlangen und Selbstmord nichts als Unmoral und Nihilismus. Übrigens spielt die kurze Nacktszene von Hildegard Knef in diesem Zusammenhang gar keine so große Rolle. Beide Kirchen ziehen ihre Vertreter aus der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) zurück, die den Film nach langem Zögern ungekürzt freigegeben hat. Pfarrer ermuntern von der Kanzel herab ihre Gemeinde, vor den Kinos gegen den Film zu demonstrieren. Einige wollen sich jedoch das Recht, sich ein eigenes Urteil über den größten Kinoskandal der Nachkriegszeit zu bilden, nicht nehmen lassen. Vor manchen Kinos kommt es zu Tätlichkeiten zwischen Demonstranten und Kinokartenbesitzern, die gelegentlich, wie in Regensburg, mit einem generellen Aufführungsverbot geahndet werden. Hildegard Knef, mit 25 Jahren bereits einer der ganz großen deutschen Nachkriegsstars, "flieht" auf Grund dieses Skandals nach Hollywood und kehrt erst 1957 nach Deutschland zurück.