Elena und die Siedler

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Bevor es ans Eingemachte geht und Elena in die diversen Arbeitsschritte in der Entwicklung eines PC-Spiels eingewiesen wird, erlaubt sie sich noch einen Scherz mit Sam Fisher, dem Helden der "Splinter Cell"-Serie. Wer gefährlicher guckt, ist nicht leicht zu entscheiden.

Susanne Böllert

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Frank Hoffmeister ist als Lead Level Artist für das Leveldesign der jüngsten "Siedler"-Version verantwortlich. "Die Siedler 7" ist im März 2010 auf den Markt gekommen. "Unser Team begleitet das Spiel konstant weiter, verbessert Fehler oder fügt neue Karten hinzu", erklärt Hoffmeister. Was Elena Schianenko vorher gar nicht wusste, ist, dass für jeden Level eines Videospiels zuvor eine Art Landkarte auf Papier entworfen wird. Diese ist Vorlage für den Level, der später in 3 D und 360°-Perspektive auf dem Bildschirm einen erstaunlich reellen Eindruck macht.

Susanne Böllert

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"Jedes Einzelelement, das wir in den Leveln verwenden, wird von der Grafikabteilung zuvor gezeichnet", erläutert Hoffmeister, "so setzen wir zum Beispiel eine Steinlandschaft aus jeder Menge einzelner Steine zusammen, die wir drehen und beliebig kombinieren können." Während Elena dem Leveldesigner an den Lippen hängt, führt der vor, wie aus einem kahlen Untergrund plötzlich eine lebendige Landschaft wird, voller kleiner Details wie Zäune, Fässer und Schilder. Fasziniert beoabachtet Elena, wie Hoffmeister erst die Textur des Bodens bestimmt, dann Grashalme einfügt, durch die er den Wind fahren lässt. Hoffmeister verändert die Laufrichtung der Wasserfälle, lässt Gischtwolken aufstieben. "Diese Wolken sind volumetrisch, man kann dort mit der Kamera durchfahren." Gesagt, getan. Und plötzlich wähnt sich der Beobachter in einem Flieger, der gerade mitten durch die Wolken fliegt. Doch so ein Leveldesigner kann noch mehr - etwa Wetter machen. Je nach Einstellung strahlt über der Hügellandschaft der "Siedler" gleißende Sonne, verdüstert sich der Himmel oder regnet es. Und natürlich wechseln sich Tag und Nacht ab. Elenas Vorschlag, eine realistische Uhr für das Wetter einzustellen, also im Spiel dieselbe Tageszeit wie in der Realität herrschen zu lassen, hält Frank Hoffmeister für "nicht so praktisch". Vor allem, weil die meisten Spieler nachts zockten und dann würde in der "Siedler"-Welt ja so gut wie nie die Sonne scheinen.

Susanne Böllert

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Die Entwicklung von "Die Siedler 7" dauerte zwei Jahre, zum Teil waren rund 100 Mitarbeiter beschäftigt. Natürlich saßen sie damals nicht alle in Düsseldorf. "Blue Byte sourct in den Hochzeiten viel aus", weiß Stefan Aluttis zu berichten, der als Trainee im Projektmanagement in der Düsseldorfer Spieleschmiede eingestiegen und heute den ganzen Tag lang Elenas persönlicher Guide ist. Selbst in China beschäftige Blue Byte freie Mitarbeiter. Ob dort dasselbe kreative Chaos herrscht wie im Stammbüro des "Die Siedler 7"-Teams konnte wissen.de nicht überprüfen. Sehr wohl aber, dass die beiden in eine eifrige Diskussion verstrickten "Siedler"-Macher auf dem Foto Stunden später noch immer genauso intensiv diskutierten. Wir hatten zuvor die Frage aufgeworfen, was Gamedesigner nach Erreichen ihres 50. Lebensjahres eigentlich machen werden. Immerhin ist die Belegschaft von Blue Byte ausgesprochen jung. Das wiederum lässt sich ganz einfach damit erklären, dass die Videospielbranche an sich noch sehr jung ist und erst seit etwa 20 Jahren Entwickler, Grafiker, Designer und Informatiker beschäftigt.

Susanne Böllert

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Dieses Foto mag das Vorurteil, Videospiel-Entwickler seien lichtscheue Wesen, die den ganzen Tag im Keller hockten, sich auschließlich von Fastfood ernährten und den Bezug zur Realität vollständig verloren hätten, bestätigen. Tatsächlich aber konnte wissen.de-Gewinnerin Elena Schianenko im Verlauf ihres Besuch bei Blue Byte feststellen, dass Entwickler durchaus miteinander reden und gern in hellen, offenen Büros arbeiten. Eine interessante Erkenntnis war auch, wie viele unterschiedliche Berufsgruppen an der Entwicklung eines Video- oder PC-Spiels beteiligt sind. Frank Hoffmeister erklärt: "Am Anfang steht der Game Designer. Das ist der Kopf, der sich das Spiel und sämtliche Spielregeln ausdenkt. Er überlegt sich die Inhalte und Genre. So ist 'Siedler' etwa ein Aufbau-Strategiespiel, in dem man über die drei gleichberechtigten Bereiche Handel, Forschung, Militär den Sieg davon tragen kann." Die Programmier schaffen dann die Voraussetzungen, um die Vorgaben des Game Designers überhaupt umsetzen zu können. Um den Programmcode schreiben zu können, die Editoren und alle anderen für ein Computerspiel notwendigen Technologien entwickeln zu können, muss man in der Regel Informatiker sein. Die Grafiker hingegen entwerfen ein Design, das die Geschichte des Spiels visuell abbildet und den Spieler in eine andere Welt transportieren soll. Das Rohmaterial, das die Grafiker den Leveldesignern zur weiteren Verwendung liefern, trägt stark dazu bei, "wie sich ein Spiel anfühlt", sagt Frank Hoffmeister. Parallel zu beinah allen anderen Entwicklungsschritten ist die Test-Abteilung beschäftigt. Dabei sind sowohl interne Mitarbeiter als auch "Tester von der Straße" gefragt. Hoffmeister: "Das bewahrt uns davor, zu betriebsblind zu werden."

Susanne Böllert

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Die Abeilung Lokalisierung sorgt dafür, dass ein in Deutschland entwickeltes Videospiel auch im Ausland ankommt. Synchronsprecher sprechen die Spielanweisungen in verschiedenen Fremdsprachen ein. "Die Siedler 7" wurde zum Beispiel in neun verschiedene Sprachen übertragen. Dabei ist die erste Version immer Englisch, was bei einem internationalen Unternehmen wie Blue Byte natürlich sinnvoll ist. Doch damit ein Spiel so richtig Spaß macht, muss natürlich erst noch der richtige Sound her. Soundeffekte und Soundtracks runden das Spielerlebnis ab. Stefan Aluttis hingegen hat als Trainee im Projektmanagement eine weitere Seite des Videospielmachens kennengelernt: die Organisation. Besonders wichtig hierbei, alle Fäden zusammen zuhalten und immer auf dem Laufenden zu sein. "Wir schaffen die Bedingungen dafür, dass die Gamedesigner arbeiten können, wir kümmern uns um Ressourcen, wenn's irgendwo eng wird, und achten darauf, dass Zeitpläne eingehalten werden", fasst Aluttis zusammen. "Das wäre etwas, was mir auch Spaß machen würde", sagt Elena, die ihren Wissenstag bei Blue Byte unbedingt nutzen möchte, um in ihrer Lieblingsbranche erste Kontakte zu knüpfen. Als angehende Mediengestalterin bei einem Softwarehersteller im Bereich Business Intelligence hat sie schon ein bisschen Erfahrung in der Prozessplanung gesammelt.

Susanne Böllert

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In der Abteilung von Holger Nathrath entdeckt Elena Schianenko etwas ganz Besonderes: "Siedler Online", das kurz vor der Marktreife steht. Anders als bei einem normalen PC-Game muss der Spieler der Online-Version überhaupt keine Daten auf seinen Rechner hochladen. Nathrath: "Man kann sich von jedem beliebigen PC einloggen und einfach loslegen." Dieser Service bedeutet für die Entwickler eine ganz schöne Herausforderung. Immerhin sollen einmal Hundertausende "Siedler"-Fans online spielen können. Eine solche Community muss man natürlich managen und moderieren. Doch auch die auf verschiedenen Servern liegenden Daten müssen kontinuierlich betreut werden. "Das ist eine Ewigkeit von Arbeit", sagt Holger Nathrath und grinst.

Susanne Böllert

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Und dann erlebt Elena den typischen Vorführeffekt. Als Holger Nathrath (rechts) die wissen.de-Gewinnerin "Siedler Online" in der Beta-Version spielen lassen will, schlägt ausgerechnet die Registrierung fehl. Aber Elena nimmt's leicht. Schließlich wird sie das Spiel mit ihrem neuen Passwort von Zuhause aus testen. Außerdem wird ihr Besuch bei Blue Byte noch von einer ausgiebigen Gamesession des Originalspiels "Siedler 7" abgerundet werden. Aber das weiß Elena zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Susanne Böllert

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Christin Matt hat ihren Weg in die Praxis über die private Games Academy gefunden. Damit ist sie eine der wenigen, die nicht als Quereinsteigerin in der Spielebranche gelandet ist. Doch auch die Gamedesignerin in der Facebook-Abteilung von Blue Byte hat erst etwas ganz anderes begonnen: ein traditionelles Germanistik- und Anglistikstudium, bis sie sich schließlich für die Games Academy entschied - obwohl diese private Schule sehr teuer ist und man auf ihr, so heißt es unter Insidern, '"viel lernt, was man in der Praxis überhaupt nicht brauchen kann". "Das Gute ist, dass an den Games Academies sehr viele Leute aus der Praxis unterrichten und man dadurch gute Kontakte zu den Spieleentwicklern knüpfen kann. Auch ich bin über einen Referenten von Blue Byte ins Unternehmen gekommen, erst als Praktikantin und inzwischen wurde ich übernommen", berichtet die junge Frau, deren Röckchen nicht davon ablenken lassen sollte, wer in ihrem Team die Hosen anhat. Christin Matt und ihre Jungs haben die Facebook-Version von "Siedler" entwickelt. Es heißt "Meine Stadt" und fordert die Spieler auf, in dem Social Network eine eigene Stadt zu errichten. Die Besonderheit dabei, man kann sich gegenseitig in den Städten besuchen oder sogar Baumaterial verschenken. "Social Networks sind auch für die Spielebranche die Zukunft", ist man bei Blue Byte überzeugt.

Susanne Böllert

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Elena, die nach ihrer Ausbildung zur Mediengestalterin nichts lieber täte, als in der Spielebranche zu arbeiten, informiert sich bei den Jungs von Blue Byte über Einstiegsmöglichkeiten. Stefan Aluttis, der selbst Englisch und Geschichte auf Magister studiert hat, rät ihr: "Du brauchst nicht unbedingt ein spezifisches Studium, aber Du solltest auf jeden Fall Deine Ausbildung zu Ende machen. Man kann ja nie wissen, wie's mal weitergeht." Das sieht auch Dennis Strillinger so, der noch während seines Germanistikstudiums als Praktikant in der Spieleschmiede am Rhein angefangen hat. Der Mann mit dem zum Zopf geflochtenen Bart hat sogar die typische Gamedesigner-Laufbahn absolviert. "Erst war ich so nebenbei Tester, dann, als ich scheinfrei war, hab' ich Vollzeit als Tester gearbeitet. Am Ende hab' ich noch meine Abschlussarbeit über die Diaologbedeutung in Quentin Tarantinos Filmen geschrieben. Und mit dem Studium in der Tasche bin ich seit 1. Juli als Junior Game Designer bei Blue Byte mit im Boot. Als Tester anzufangen, kann ein hervorragendes Sprungbrett sein", macht Strillinger der wissen.de-Gewinnerin Mut. Natürlich lässt sich Elena daraufhin gleich in die Kartei der Tester aufnehmen. "Wer weiß, vielleicht klappt's ja", sagt die 22-Jährige. Strillinger jedenfalls ist überzeugt: "In unserer Branche zählt nicht, was man studiert hat, sondern was man drauf hat."Lesen Sie hier den Bericht vom 2. WissenstagSie wollen selbst einen Wissenstag erleben - bewerben Sie sich hier!

Susanne Böllert