Lustige Ortsnamen

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Dieser Name ist Programm! Spätestens im August wird es in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft so ruhig, dass ganze Redaktionen ins Sommerloch fallen und sich die von sämtlichen Stadträten, Pressesprechern und sonstigen Informanten im Stich gelassenen Redakteure den Kopf zerbrechen, wie sie ihre Seiten füllen können. Und so ist es kein Wunder, dass die kleine, knapp über 430 Einwohner zählende Gemeinde mit dem bezeichnenden Namen in der Urlaubszeit regelmäßig einen Ansturm von Medienvertretern erlebt, die hoffen, aus dem rheinland-pfälzischen Sommerloch eine nette Geschichte mitbringen zu können, um selbiges zu stopfen.Was die Sommerlocher selbst davon halten, konnte wissen.de leider nicht in Erfahrung bringen. Weder Ortsbürgermeister Bernhard Boos noch seine beiden Vertreter waren telefonisch zu erreichen... Selbstverständlich geht "Sommerloch" auf einen völlig anderen etymologischen Ursprung zurück, als der Laie vermuten möchte: Laut Wikipedia wurde die Gemeinde unter der Bezeichnung "Sumerlachen" erstmals 1158 im Güterverzeichnis des Klosters Rupertsberg bei Bingen urkundlich erwähnt. Und "Sumerlachen" bedeutet nichts weiter als "feuchte Mulde". Diese befindet sich im Übrigen in den Weinbergen Bad Kreuznachs, weshalb sieben der rund 430 Einwohner Wein anbauen und helfen, so manches Sommerloch auf angenehme Weise zu füllen.

wissenmedia GmbH, Gütersloh

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Mit dem heutigen Begriff "Tunte" habe der Ort sehr wenig zu tun, das stellt Andreas Marx, Kämmerer von Tuntenhausen, gleich zu Beginn des Gespräches fest. "Am wahrscheinlichsten ist, dass der Name auf den Edelherren Tunto oder Tonto zurückgeht, der im 8. Jahrhundert mit seiner Familie unser Land in Besitz genommen hat", sagt Marx. Eine andere Deutung geht aufs Keltische zurück. Im Jahre 1815 leitet der Historiker Joseph Möckel "Duntenhausen" vom keltischen "Dun" ab, was so viel wie "Erhabenheit der Erde" bedeutet. Und ganz schön hügelig ist es im oberbayerischen Tuntenhausen tatsächlich. Was man sich in der 7000 Einwohner großen Gemeinde, die mal als Tuntinhausen und mal als Tontinhusa oder auch Tutenhusin, Tutilhusen sowie Tontenhussen bezeichnet wird, auf jeden Fall ansehen sollte? "Unsere Wallfahrtsbasilika", antwortet Andreas Marx wie aus der Pistole geschossen. Schließlich lockt diese seit mindestens 1441 den einen oder anderen Pilger in sein Heimatstädtchen. "Kommen Sie uns einmal besuchen", lädt der freundliche Tuntenhausener die Anruferin noch ein, ehe er auflegt.

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Ortsschild Hundeluft Landkreis Anhalt-Zerbst

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Humor haben sie ja, die Mausdorfer! Auf ihrer Website www.mimbach-mausdorf.de zählen Sie gewissenhaft auf: Einwohner: circa 100; Hunde: circa 25; Katzen: circa 30; Kühe: ca. 50; Mäuse: nicht zählbar. All diese Bewohner des oberpfälzischen Örtchens haben vom 17. bis 19. Juni 1988 die große 850-Jahrfeier ihres Heimatdorfes gefeiert. Das ist zwar inzwischen schon wieder eine Weile her, doch noch immer der einzige Eintrag unter der Rubrik "Ortsdaten". Umrahmt von Wäldern, Wiesen und Fluren bietet Mausbach ein "angenehmes Klima zur Erholung" - und sonst nichts. Auf die Frage, was man in Mausdorf auf jeden Fall besichtigen sollte, wenn man nur einen Tag Zeit hätte, muss Ortssprecher Franz Wisneth passen. Selbst der gemauerte Mausdorfer Getreidekasten aus dem 15. und 16. Jahrhundert, der wohl einzige noch erhaltene seiner Art in der Oberpfalz, sei zu vernachlässigen. "Da ist nix renoviert und nix", findet Wisneth. Seine dicken Mauern und die winzigen Lichtschlitze im Getreidekasten sollten einst Plünderer abhalten und das dort gelagerte Getreide vor Feuer schützen. Doch Mäuse fanden mit Sicherheit ihren Weg zum Korn. Der Name Mausbach leitet sich - allen Nagetier affinen Deutungsversuchen zum Trotz - von "Malisdorf" ab, so wie es in der Gründungsurkunde "Diploma fundationis" aus dem Jahre 1138 geschrieben steht.

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Ortsschild
Rammelburg
Stadt Mansfeld

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Das dürfte so manchem Bayern bitter aufstoßen. Befindet sich der Ort, der sein liebstes Beinkleid beim Namen nennt, doch weder in Franken noch in Oberbayern noch in Schwaben, sondern im Herzen Thüringens. Und Lederhose trage seinen "lustigen Namen" bereits seit über 700 Jahren, wie die Homepage der übergeordneten Verwaltungsgemeinschaft Münchenbernsdorf klarstellt. Wie das Örtchen jedoch zu seinem seltsamen Namen kam, darüber sei keine stichhaltige Aussage zu treffen. Alte Schriftstücke gäben lediglich einen Hinweis auf den sorbischen Personennamen "Ledoraz", was so viel wie "Sorbenkönig" bedeute. Wahrscheinlich sei davon irgendwann der Ortsname Lederhose abgeleitet worden. Wer also in 07589 Lederhose wohnt, mag Spott und Neid der bayerischen Mitbürger auf sich ziehen. Doch ist man hier in Münchensbernsdorf durchaus selbstbewusst, denn immerhin habe man sich wirtschaftlich und touristisch "zu einer überaus interessanten Region im Herzen Thüringens entwickelt". Sollte ein Bayer allerdings auf der Homepage tiefer vordringen und auf folgende Bemerkung stoßen: "Neuensorga ist ein kleines Dorf, das sich nahtlos als Straßendorf an Lederhose anschließt. Mit seinen wenigen Häusern liegt es idyllisch nah an der A9", dürfte er sich auf die krachledernen Schenkel hauen und grummeln: "Von am richtign Idyll hams hoit koa Ahnung ned, de Sau-Preißn!"

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Hodenhagen will sich ins richtige Licht rücken. Das ist zumindest der erklärte Wille des niedersächsischen Zweckverbandes "Aller-Leine-Tal", zu dem die Gemeinde mit dem anstößigen Namen gehört. Genau genommen liegt Hodenhagen im Heide-Landkreis Soltau-Fallingbostel und hat Natur, Erholung und Entspannung sowie eine herrliche Landschaft mit Flüssen und Bächen zu bieten, wie auf www.hodenhagen.eu nachzulesen ist. Ein Hinweis zur Entstehungsgeschichte des Namens fehlt hier jedoch. Die Historiker Jürgen Heymel und Sabine Lemke konnten indes in Erfahrung bringen, dass das Adelsgeschlecht Hodenberg (nie ward der Name Adelsgeschlecht treffender gebraucht!) vor vielen Jahrhunderten auf der Burg Hodenhagen sesshaft war, die 1244 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde. Nach einer wechselvollen Geschichte ist das Schloss Anfang des 19. Jahrhunderts leider abgerissen worden. Doch immerhin sind Hodenhagen ja die herrliche Landschaft mit den Flüssen und Bächen geblieben.

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Einen zu besitzen, ist äußerst nützlich. In einem zu wohnen mit Sicherheit nicht. Die Rede ist vom Regenmantel, denn es handelt sich dabei nicht nur um ein Kleidungsstück für schlechtes Wetter, sondern auch um einen winzigen Ortsteil der brandenburgischen Gemeinde Mark Falkenhagen. Die Fragen nach Niederschlagsmenge und Bekleidungsordnung, mit denen Witzbolde den Regenmantlern immer wieder auf die Nerven gehen, kann man sich nur zu gut vorstellen. Diese könnten mit der adligen Herkunft des Ortstnamens kontern. Immerhin soll Friedrich der Große in persona für die ungewöhnliche Namensgebung verantwortlich sein. Wie die Legende will, hat der Feldherr mit seinem Heer in der Ortschaft gepicknickt und vergaß dann seinen Regenmantel im Ort, woraufhin sich das Volk dem Herrscher zu Ehren den Namen "Regenmantel" gab. Diese Theorie ist jedoch äußerst unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass Regenmantel auf "Ragineismantel" zurückgeht, dem burgundischen oder vandalischen Namen für "der Weise, der bei der Fichte lebt". Falkenhagen, der "Ort der Erholung" in der brandenburgischen Kulturlandschaft Lebuser Land, trumpft im Übrigen mit weiteren sprachlichen Kuriositäten auf: So finden sich hier außerdem die Ortsteile "Grüner Baum" und "Betonstraße". Eine etymologische Ableitung müsste jedem Laien gelingen.

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Der Name "Mückenloch" ist durchaus wörtlich zu verstehen, schließlich siedelten um 1100 die ersten Bewohner in einer alten verlandeten Neckarschleife, der so genannten Mückenlocher Schlinge, die - von Bachläufen durchzogen - eine wahre Brutstätte für Mücken darstellte. Auf seiner Homepage zitiert der 1975 der Stadt Neckarsgemünd eingemeindete, gut 1200 Einwohner zählende Ort im Rhein-Neckar-Kreis allerdings eine deutlich phantasievollere Ursprungslegende aus "Begebenheiten, Sagen und Gedichte" von Willi Jakob: "Saß damalen an den badischen Ufern des Neckar ein Seifensieder und Tuchfärber so sich Loch nannte. War ein unwilliger und hochfahrener Geselle, dabei kühn und unerschrocken, saß ihm auch die Faust locker. Kam einstmalen der Graf Greinsberg an die Neckarstaden geritten zum Fischen in bunter Gesellschaft. Da vertrat ihm der Loch den Weg sagend, er, der Loch, benötige das Ufer für Seife und Tuch und noch so fürstlichen Füßen sei von ihm, dem Loch, nicht verstattet, dieselben dorthin zu setzen. Fuhr der Greinsberg mit der Hand ans Schwert, er, der Loch, solle nimmermehr aufmucken. Weshalb man den Loch dann den Aufmuckloch hieß; später aber den Flecken, da dies geschehen, danach benannte. Wurde dann Muckloch daraus, später in der Franzosenzeit Mückeloch und endlich Mückenloch; finden sich in dieser Gegend auch bis heute Mücken die Menge. 

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Ob die hessischen Landesbehörden der 1970 im Main-Kinzig-Kreis zu gründenden Großgemeinde einen Gefallen taten - oder eher einen bösen Streich spielten, kann hier nicht mehr entschieden werden. Jedenfalls fand man, der Name "Linsengericht" sei historisch treffender als die deutlich romantischere Alternative "Birkenhain" und damit vorzuziehen. Vielleicht schätzen sich die inzwischen 9.945 Linsengerichter ja auch glücklich - besaß einer der damals eingemeindeten Orte doch den noch unschmeichelhafteren Namen "Eidengesäß". Darüber, wie die Gemeinde spätestens 1240 zu ihrem Namen kam, scheiden sich die Geister: Die einen gehen davon aus, "Linsengericht" sei eine Abänderung von "Lindengericht", also einem Richtplatz unter einer Linde. Die anderen setzen bei der Namensdeutung eindeutig auf die Hülsenfrucht. Schließlich sei das historische, freie Gericht um keiner Linse Wert vom Recht abgewichen. Es kann aber auch durchaus sein, dass der Name darauf zurückgeht, dass in früheren Zeiten in den Gemarkungen der Gerichtsgemeinde einfach sehr viel Linsen angebaut wurden. Heute noch vorhandene Flurbezeichnungen wie Linsenacker, Linsenrain und Linsengraben deuten zumindest auf die Richtigkeit dieser Vermutung hin, schreibt die Gemeinde auf ihrer Website.

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Es sind lediglich 411 Einwohner, die sich in der Dorfschaft Luschendorf niedergelassen haben. Ob die Gemeinde Ratekau bei Lübeck, zu der Luschendorf gehört, noch deutlich attraktivere Wohnmöglichkeiten im Angebot hat, ober ob sich die Nordlichter im Vorfeld zu eingehend mit den Wortbedeutungen von "Lusche" beschäftigt haben, ist der Gemeindehomepage nicht zu entnehmen. Ursprünglich bezeichnet "Lusche" jedenfalls eine Spielkarte, die keine Augen zählt und damit beim Auszählen völlig wertlos ist. Doch auch die Ableitungen "unfähige Person" oder in manchen Teilen Deutschlands auch "liederliche Person", beziehungsweise "Schlampe" sind nicht gerade positiv besetzt. Fragte man einen Luschendorfer einmal nach seinem Verhältnis zu seiner im Kreis Ostholstein gelegenen Heimat, würde er wohl trotz allem nur Gutes behaupten. Alles andere wäre einfach zu "luschig", nicht wahr?

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"Fegefeuer", so die Definition des wissen.de-Lexikons, bezeichnet den "nach katholischer Lehre reinigenden Prozess der Vollendung jener Verstorbenen, die vor Erlangung der Anschauung Gottes noch für lässliche Sündenstrafen genugtun müssen". Ob die Bewohner der Gemeinde Melsdorf im Süden von Kiel den Weg über die ehemals stark befahrene Landstraße von Landwehr nach Rothenhan tatsächlich als "reinigenden Prozess" empfunden haben, mag bezweifelt werden. Vielmehr haben sie diese gerade bei Regen furchtbar unwegsame Strecke als äußerst qualvoll erlebt. Fuhrleute sollen deshalb geflucht haben: "Dat is hier jo dat reinste Fegfüer!" - womit der Ortsteil zu seinem Namen gekommen wäre. Durchaus realistisch erscheint hingegen die Annahme, die Fuhrleute könnten auf ihrem Weg durch Fegefeuer all ihre Sünden bitterlich bereut haben...

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"Gründau-Lieblos" ist tatsächlich alles andere als ein "sprechender Name". Denn mit viel Liebe fürs Detail hat die hessische "Gemeinde im Grünen" die Bilderstrecke ihrer zentralen Ortschaft gestaltet und auf die Homepage gestellt. Auch müssen die Liebloser in Wirklichkeit ein ausgesprochen freundliches Volk sein, immerhin ist die Einwohnerzahl von Gründau im Main-Kinzig-Kreis in nur 30 Jahren rasant von 9350 auf knapp 15.000 gestiegen - auch wenn die Gemeinde diesen gewaltigen Zuzug ganz bescheiden auf die gute Verkehrsanbindung nach Frankfurt zurückführt. Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde Lieblos am 14. September 1173 - allerdings als "Libelas" erwähnt. Das Örtchen sollte eine ganze Serie an Namenänderungen über sich ergehen lassen müssen - von Liblas über Livela, Libelahes, Lyebelohs, Liebeloz, Lybleleß und Lieblis, bis man sich schließlich auf Lieblos einigte. Zurückgeführt wird der Ortsname - wie so oft - auf den Gründer der Siedlung, der auf den Namen "Libila" gehört haben soll. Und der wiederum erinnert stark an den lateinischen Begriff "Libido" - und beschreibt damit das genaue Gegenteil von "lieblos"...

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Wenn jemand sagt, er müsse mal pissen, dann ist das alles andere als die feine englische Art. Zugegeben. Sollten Sie indes jemanden sagen hören, dass er mal nach Pissen müsse, dann hüten Sie sich vor der Annahme, es handele sich um eine besonders ungehobelte Person mit dazu noch mangelhaften Deutschkenntnissen. Tatsächlich wird es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Bewohner Saale-Stadt Leuna handeln, der im Orsteil Pissen etwas zu erledigen hat. Schriftlich zum ersten Mal erwähnt wurde Pissen im Urkundenbuch Merseburg unter dem wohlklingenden Namen "Piscini", der uns an Schwimmbad erinnern mag - oder an Fische. Und tatsächlich halten Etymologen die Erklärung, der Name leite sich von lateinischen piscis ab und habe übertragen "Fischdorf" bedeutet, für recht wahrscheinlich. Im Laufe der Zeit hat sich der Name von "Piscene" im Jahr 1206 über "Pizzen" und "Bizsin" im Jahr 1327 zum heutigen Pissen weiter entwickelt. Über Modalitäten und Beherrschung der deutschen Sprache der sachsen-anhaltinischen Pissener enthalten wir uns an dieser Stelle jeden Kommentars.

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Wer gibt schon gerne zu, dass er in einem Billigheim lebt? Die Bewohner einer kleinen Gemeinde im Neckar-Odenwald-Kreis haben natürlich kaum die Möglichkeit, dies zu verheimlichen - lautet ihre Adresse doch 74842 Billigheim. Und damit ist der Spaß noch nicht vorbei, denn Billigheim liegt obendrein auch noch in Bauland. Doch natürlich ist alles ganz anders, als es zunächst klingen mag. Bauland ist nichts weiter als eine Gäulandschaft am Rande des Odenwaldes, die aufgrund ihrer klimatischen - und soziogeographischen - Beschaffenheit übrigens auch unter dem Spitznamen "Badisch Sibirien" bekannt ist. Der Name Billigheim dagegen leitet sich von dem Geschlechternamen derer von Bulling ab und bedeutet lediglich "das Heim des Bullink". Und eben dieser Bullink soll einst als erster auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Billigheim gesiedelt haben. Wahrscheinlich schon zu Zeiten der Römer. Wie sich die Immobilienpreise damals in der Gegend gestalteten, ist indes nicht überliefert.

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