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Es ist noch dunkel im Hafen von Maasholm. Ein Blick aufs Handy: gerade erst 4 Uhr. Henning Petersen startet den Motor seines Fischkutters "Goodenwind II". Dumpf bollernd erwacht der 300 PS starke Schiffsdiesel zum Leben. Dann fährt Petersen den Bordcomputer hoch, meldet Radar und Funkgerät an – und wartet. "Mein Sohn sollte eigentlich schon hier sein", murmelt er.

Silke Goes

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Doch da stürmt auch schon ein Schatten aufs Schiff zu – Daniel Petersen macht die Leinen los und springt an Bord. Die Fangfahrt kann beginnen.

Silke Goes

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Sein Handwerk hat Henning Petersen – Markenzeichen: blaue Latzhose über freiem Oberkörper – von seinem Vater gelernt, später übernahm er dessen Kutter. Seit 1993 geht der heute 47-Jährige mit der 17 Meter langen "Goodenwind II" auf Fischfang – einem von nur noch vier großen Kuttern mit Heimathafen Maasholm, dem Fischerdorf am Ostseefjord Schlei.

Silke Goes

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Heute wollen Henning und Daniel Petersen erstmals in dieser Fangsaison Plattfische und Wittlinge aus der Eckernförder Bucht holen: "Normalerweise geh' ich immer auf Dorsch", erklärt der Käpt‘n, während wir im Morgengrauen den Leuchtturm Schleimünde passieren, "aber dieses Jahr hat sich das schnell erledigt. Die Dorschquoten östlich und westlich von Bornholm haben wir nämlich voll." Auch die Dorschpreise drücken auf die Stimmung: "Ganz, ganz schlecht", fasst Petersen die Einkommenssituation zusammen – und schweigt.

Silke Goes

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An Bord der "Goodenwind II" werden auch sonst keine großen Worte gemacht. Vater und Sohn wissen auch so ganz genau, was wann zu tun ist. Daniel, gerade mal 20 Jahre jung, ist frischgebackener Fischwirt, als Nächstes steht das Kapitänspatent der Rendsburger Fischereischule auf seinem Karriereplan – "dass ich Fischer werd', war immer klar für mich." Angst vor Wind und Wellen kennen die Petersens nicht: "Bis zu Windstärke 6 fahren wir noch raus. Aber wir sind auch schon bei viel mehr Wind auf dem Wasser gewesen – wenn man draußen ist, ist man halt draußen", gibt Henning Petersen lakonisch zu Protokoll.

Silke Goes

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Heute ist die Ostsee zum Glück ruhig. Und als im Nordosten dunkelrot die Sonne aufgeht, wird die Stimmung an Bord sogar für einen Moment romantisch, zumindest bei uns Passagieren. "Da kommt sie über die Kante", kommentiert Henning Petersen trocken. Und dann heißt es für ihn und seinen Sohn: Anpacken – das große Schleppnetz muss raus. Langsam wird das Netzgewirr von der großen Winde am Heck abgerollt und verschwindet rund 300 Meter hinter dem Schiffsachtern im Meer. Nur die neonfarbenen Bojen im Kielwasser und die Fischereikorb-Flagge am Mast geben noch einen Hinweis auf das Schleppnetz.

Silke Goes

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Jetzt heißt es Warten. Vier Stunden lang tuckern wir mit einer Geschwindigkeit von drei Seemeilen über die Ostsee. "Das ist das beste Tempo fürs Schleppnetz", weiß Henning Petersen aus Erfahrung. Doch was am Ende im Netz steckt, können auch die Petersens nicht vorhersagen. "Wir hatten schon mal 'n Torpedo drin – und auch 'n Toten haben wir schon hochgeholt", fasst Henning Petersen die größten Überraschungen der letzten dreißig Jahre zusammen.

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Um Viertel nach neun wird es an Bord hektisch. Vater und Sohn schlüpfen in ihr Ölzeug – und dann wird die Motorwinde wieder angeschmissen. Langsam rücken die Bojen näher ans Heck des Schiffes heran, schließlich wird das Netz von der Steuerbordseite her über das Vorschiff gehievt. Und schnell wird klar: Die vielen Stunden – und die vielen Liter Diesel – waren heute schlecht investiert. Nur spärlich ist die Meeresbeute.

Silke Goes

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Nur die vielen Hundert Möwen rund um die "Goodenwind II" sind voller Freude. Während Henning und Daniel Petersen mit scharfen Messern die wertvollen Fische schlachten – erst Kehlschnitt, dann Bauchschnitt, zum Schluss Eingeweide raus –, machen sich die kreischenden Vögel über die Innereien und den Beifang her.

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"Wenn 'n bisschen mehr drin gewesen wäre, hätt' ich das Netz noch mal rausgesetzt", bilanziert Henning Petersen. Stattdessen nehmen wir wieder Kurs auf Maasholm. Am Hafen warten schon Fischliebhaber auf frische Ware. Schnell sind einige Kilo über die Bordkante verkauft, der Rest geht zur Vermarktung an die Genossenschaft. Bleibt zum Schluss die Frage, was sich ein Maasholmer Fischer für die Zukunft wünscht. Und da braucht Henning Petersen nicht lange zu überlegen: "Dass die Fischpreise wieder hochkommen."

Silke Goes