Lexikon

Kirche

Bezeichnung für die Gesamtheit der sich auf Jesus als ihren Stifter berufenden Glaubensgemeinschaften sowie für daraus hervorgegangene Einzelkirchen (mit Ausnahme des Calvinismus); umgangssprachlich auch für christlicher Gottesdienst.
In der Antike wurde mit dem Begriff ekklesia, „die Herausgerufenen“, die Volksversammlung der griechischen Polis (Stadtstaat) bezeichnet. In dieser Bedeutung fand das Wort Eingang in die Septuaginta, wo es im Kontext des Alten Testaments für das (versammelte) Gottesvolk stand. Obwohl Jesus die jüdische Gesetzeskirche bekämpft hatte, entstand nach seinem Tod im Urchristentum dennoch wieder eine hierarchisch gegliederte Kirche mit Dogmen sowie Ge- und Verboten, die sich seither auf Jesus Christus als Stifter beruft und sich als weltweite, umfassende Gesamt-Gemeinde begreift. Durch die Einführung des Staatskirchentums unter Theodosius I. Ende des 4. Jahrhunderts erhielt die Kirche auch politische Bedeutung, die zunehmend Autorität entwickelte und mit Staat und Kaiser immer wieder um die Vorherrschaft stritt. Heute gibt es Staatskirchen u. a. noch in Griechenland, Großbritannien, Dänemark, Norwegen und Monaco.
Parallel zu seiner allumfassenden Bedeutung hat sich der Begriff Kirche zur Bezeichnung von selbständigen Einzelkirchen entwickelt, z. B. römisch-katholische Kirche, griechisch-orthodoxe Kirche, reformierte Kirche, anglikanische Kirche, koptische Kirche, Neuapostolische Kirche u. a. In abgeschwächter Form existiert die Staatskirche in vielen Ländern wie Deutschland als Volkskirche, während es z. B. in den USA nur staatsunabhängige Freikirchen gibt. Als (zeithistorische) religiöse Bewegungen innerhalb einer Einzelkirche entstanden u. a. die Altreformierte Kirche im 19. Jahrhundert, die Bekennende Kirche während des Nationalsozialismus, die Anglokatholiken innerhalb der anglikanischen Kirche, die Palmarianer, die Maroniten innerhalb der römisch-katholischen Kirche und die Thomaschristen in Indien. Mit der Bezeichnung autokephale Kirche bzw. autonome Kirche wird der Rechtsstatus einer christlichen Gemeinschaft charakterisiert. Ungeachtet aller kirchlichen Spaltungen gehört der Glaube an die eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche zu den gemeinsamen Überzeugungen.