Einführung

Angst

Eine Szene in den Bergen Madeiras: Urlauber schlendern gemütlich über die schmalen Bergpfade entlang der landestypischen Bewässerungskanäle und saugen die grandiose Aussicht über die tiefen Täler in sich auf. Ein Tourist aus England aber klammert sich eng an die metallenen Handläufe, die notdürftig den Pfad vom Abgrund trennen, in kleinsten Schritten tastet er sich in Begleitung seines Bergführers in die Gebirgslandschaft vor, den Blick starr auf den Weg gerichtet. Trotz des milden Klimas läuft ihm der Schweiß, sein ganzer Körper zittert, sein Herz klopft rasend schnell. Sein Problem: Er leidet an Höhenangst. Hier auf Madeira will sich der Engländer seiner Angst stellen.

Sein Verstand sagt ihm, dass er auf den ausgetretenen Bergpfaden sicher ist – selbst ältere Menschen stapfen hier vertrauensvoll mit Walking-Sticks durch die Natur, denn die Steigungen sind minimal und die Wege eben. Trotzdem steht der Engländer Todesängste aus, weil die Bergwand neben ihm steil in die Tiefe abfällt.

Ob dem Höhenangst-Patienten der Madeira-Ausflug geholfen hat, seine Angst zu besiegen? Wir wissen es nicht, weil sich unsere Wege nach einer kurzen Begegnung wieder getrennt haben. Geblieben ist aber unser Interesse am Thema Angst, das irgendwie nicht in unseren Alltag zu passen scheint und doch viel präsenter ist, als viele Menschen glauben.

Jeder siebte Deutsche, in den USA sogar jeder vierte, wird mindestens einmal im Leben von einer Angststörung heimgesucht. Neben Depressionen und Alkoholmissbrauch gehört sie bei uns zu den häufigsten seelischen Störungen. Mal äußert sie sich in Angst- oder gar Panikattacken, ohne dass die Betroffenen einen Auslöser ihrer Furcht erkennen können. In anderen Fällen entwickeln die Patienten eine so genannte Phobie – dann entsteht die Angst in konkreten Situationen, zum Beispiel beim Anblick von Spinnen, beim Überqueren weiter Plätze oder umgekehrt in engen, geschlossenen Räumen wie Fahrstühlen oder S-Bahnen.

Wie sich eine Angststörung auch konkret äußert, in jedem Fall schränkt sie das Leben der Betroffenen erheblich ein. Zum Glück sind die irrationalen Angst-Anfälle gut behandelbar, Verhaltenstherapeuten helfen den Patienten dabei, sich ihren Ängsten zu stellen und mit ihnen gemeinsam herauszufinden, was die Störung ausgelöst hat.

Zum Internationalen Tag der seelischen Gesundheit am 10. Oktober widmen wir uns der Angst und den Angststörungen – lesen Sie hier, wie ein Betroffener mit viel Mut seine Angststörung bewältigt hat.